Die beliebtesten Vornamen, Fußballer, Fluglinien: Listen und Hitparaden sind beliebt. Sogenannte Rankings verheißen Ordnung in einer komplizierten Welt. „Osterholz liegt vor Bremen“ wusste dieser Tage ein Anzeigenblatt zu berichten. Es berief sich auf die sogenannte Deutschland-Studie, die vom ZDF bei den Zukunftsforschern des Prognos-Instituts in Auftrag gegeben worden war. Sie soll Aufschluss über eine Frage geben: Wo in Deutschland sind die Lebensverhältnisse für Senioren und Familien besonders gut? Aus den Antworten erstellten die Fernsehmacher in diesem Monat zwei 45-Minuten-Dokumentationen.
Die Prognos-Forscher hatten statistische Daten aus allen 401 Landkreisen und kreisfreien Städten ausgewertet. Ergebnis des Regionen-Rankings: Der Landkreis Osterholz belegt bundesweit Platz 250 in puncto Familienfreundlichkeit und die Stadt Bremen Platz 312. Bei der Lebensqualität für ältere Menschen landet der Landkreis Osterholz auf Rang 228 und Bremen auf Rang 323. Die Landkreise Cuxhaven und Rotenburg schneiden jeweils noch schlechter ab; sie rangieren im letzten Siebtel der Tabelle. Innerhalb Niedersachsens belegt Osterholz damit einen Platz im Mittelfeld: als 18. von 45 bei den Familien-Kriterien und als 20. bei den Senioren-Anforderungen.
Im Kreishaus hat man das eigene Abschneiden einigermaßen achselzuckend zur Kenntnis genommen. Landkreis-Sprecher Malte Wintjen teilte auf Anfrage unserer Redaktion mit, die Verwaltung halte es für „fraglich, ob die dort ausgewählten Kriterien tatsächlich ein Indikator für Familien- oder Seniorenfreundlichkeit sind“. Teilweise seien die Werte für Osterholz auch schlicht „nicht nachvollziehbar“.
Laut Prognos zählen für Familien vor allem die vier – jeweils gleich stark gewichteten – Bereiche „Geld & Wohnen“, „Bildung & Soziales“, „Gesundheit & Sicherheit“ sowie „Freizeit & Kultur“. Auf dem ersten Sektor hält sich Osterholz achtbar auf Platz 127 von 401. Die Auswertungen zum verfügbaren Pro-Kopf-Einkommen sowie zu Fahrtzeiten und Distanzen verhinderten eine bessere Platzierung. Im dritten Bereich wiederum reißt eine geringe Kinderarztdichte das Ergebnis nach unten, doch bei „Bildung & Soziales“ kann der Landkreis punkten. Als Stärke gilt der geringe Anteil an Schulabgängern ohne Abschluss, als Manko die Situation bei der Kinderbetreuung.
„Mit Vorsicht zu deuten“
Malte Wintjen nimmt dazu Stellung: Natürlich freue sich der Landkreis über die insgesamt gute Platzierung. Es werde aber nicht nachvollziehbar dargestellt, wie sich diese ergibt. Einzelne Aspekte seien offenbar stark gewichtet, andere wie die Initiative „Beste-Bildung“ offenbar nicht berücksichtigt worden. Ähnlich fragwürdig sei die Platzierung im Bereich „Freizeit & Kultur“, wo die Osterholzer auf Rang 390 von 401 ins Ziel kommen: Die Indikatoren Gastronomie sowie Erholungs- und Freizeitfläche reißen den Landkreis nach unten. Ob und inwieweit die Kulturangebote Worpswedes oder auch die Hammeniederung in die Bewertung eingeflossen sind, ist nach den Worten des Landkreis-Sprechers nicht ersichtlich.
Ähnliche Ausführungen ließen sich zum Bereich Senioren machen, so Wintjen weiter. „Die Ergebnisse sind daher aus Sicht des Landkreises mit Vorsicht zu deuten.“ Die Prognos-Studie richtete bei der Seniorenfreundlichkeit den Fokus gleichermaßen auf „Gesundheit & Pflege“ (Rang 204 von 401), „Wohnen & Freizeit“ (Rang 330), „Sicherheit & Infrastruktur“ (281) sowie „Wirtschaft & Demografie“ (Rang 69). Auf dem ersten Feld schlägt sich der Landkreis laut Studie wegen der allgemeinen Pflegesituation achtbar, auf dem zweiten gibt es Punktabzüge bei den Indikatoren Kultur und Ehrenamt und auf dem dritten bei der Erreichbarkeit des ÖPNV. Die gute Platzierung im vierten Bereich liegt am hohen Prozentsatz verheirateter Senioren und einem gewissen Wanderungsüberschuss.
Bei einer ergänzenden Befragung konnte der Landkreis darlegen, warum er ein guter Wohnort für Senioren beziehungsweise Familien sei. Die Antwort lautete jeweils: „Im Landkreis Osterholz kennt man sich, unterstützt und hilft sich generationenübergreifend. Es bestehen gute Nachbarschaftsnetzwerke, lebendige Dorfgemeinschaften und Vereine, die Jung und Alt zusammenbringen. Zudem verfügt der Landkreis Osterholz über eine attraktive Infrastruktur.“ Die Verwaltung erklärte weiter, das Fehlen von explizit familien- oder seniorenpolitischen Leitbildern und Berichten sowie Familien- oder Seniorenpass-Rabatten besage kaum etwas über die inhaltliche Qualität der Angebote vor Ort. Ein moderater Handlungsbedarf bestehe lediglich bei der Schaffung von familiengerechtem, bezahlbarem Wohnraum.
Im Hinblick auf ganz Deutschland kommt die Studie zu folgenden Ergebnissen: Unter familienfreundlichen Gesichtspunkten schneiden die Regionen im Umland von Großstädten besonders gut ab; nahezu überall in Deutschland gibt es Kreise und Städte, in denen Familien gut wohnen können. Für Senioren wiederum, so heißt es weiter, seien die Unterschiede zwischen Stadt und Land größer als erwartet; bei der Bewertung der Lebensverhältnisse für Ältere schnitten demnach auffällig viele Regionen in Ostdeutschland sehr gut ab. Dagegen lägen Großstädte eher auf den hinteren Rängen.
Näheres zu den Ergebnissen online unter http://deutschland-studie.zdf.de sowie zur Methodik der statistischen Auswertung unter www.prognos.com/publikationen/zdf-deutschland-studie-2019.