Das Theater in OHZ wagt sich an Hollywood-Unterhaltung heran: Osterholzer Schauspieler proben für die Bühnenversion von „Rain Man“. Im Januar ist das Stück auf Gut Sandbeck zu sehen.
Der mit vier Oscars ausgezeichnete Spielfilm „Rain Man“ des Regisseurs Barry Levinson zählt zu den erfolgreichsten Kinofilmen der ausklingenden Achtzigerjahre. Mehr als 20 Jahre später erfuhr der Stoff, der sich auf tragikomische Weise des Themas Autismus annimmt, eine Neuaufbereitung für die Theaterbühne. Diese wird im kommenden Jahr auch auf dem Gut Sandbeck zu sehen sein. Derzeit laufen erste Durchlaufproben für die Interpretation des Hollywood-Klassikers beim „Theaters in Osterholz“ (TiO).
Eine reine Kopie des Erfolgsfilms, in dem Dustin Hoffman und Tom Cruise einst die Hauptrollen spielten, will das Ensemble keinesfalls auf die Bühne bringen. Entsprechend erhielt das sechsköpfige Darstellerensemble von der Wilhelmshavener Berufsregisseurin Elke Münch bis zum Ende der Aufführungen ein striktes Anschauverbot des Films. „Wir entdecken das Stück und die Figuren mit jeder Probe immer wieder neu und entwickeln auf Grundlage des Drehbuchs in Gemeinschaftsarbeit unsere eigene Vision des Stoffs“, beschreibt Regisseurin Elke Münch die Arbeitsweise ihrer Truppe. Auf diese Weise können die beiden Hauptdarsteller, Jens Wendelken und Carsten Mehrtens, den direkten Vergleich mit den Hollywood-Akteuren umgehen.
Entsprechend ungekünstelt spielen beide bereits bei den Proben auf, wobei Mehrtens eine ihm völlig unbekannte Wahrnehmungsweise glaubhaft verkörpern muss: „Autisten haben keinen Filter wie die meisten Menschen. Sie nehmen alle Reize, denen sie ausgesetzt sind, gleich intensiv war und vergessen nichts“, weiß Mehrtens. „Veränderungen in ihrer gewohnten Lebensumgebung versetzen sie daher in Unruhe bis hin zur Panik“, erklären sowohl Mehrtens als auch Jürgen Allwardt. Allwartdt steht in der Rolle von Dr. Bruener auf der Bühne.
„Man kann natürlich als Schauspieler nur versuchen, die Rolle Szene für Szene nachzuempfinden“, beschreibt Mehrtens seine Herangehensweise. Er scheint, auf der improvisierten Probenbühne im Warkhuus plötzlich zu einem völlig anderen Menschen zu werden: Er wirkt apathisch und ängstlich, stammelt in schnellem Tempo scheinbar zusammenhanglose Satzfragmente und wirkt vom Zusammentreffen mit seinen Bühnenkollegen zuti efst verstört. „Die beiden sind eine echte Idealbesetzung, ein echter Glücksfall. Was hier geleistet wird, ist weit mehr als Amateurtheater“, lobt Münch ihre Darsteller. Sie muss es wissen, an Praxis mangelt es der ursprünglich in Saale geborenen Wahlwilhelmshavenerin wahrlich nicht: Seit über 20 Jahren inszeniert sie Theaterstücke im gesamten norddeutschen Raum. Sie hat bislang unter anderem für die Störtebeker-Festspiele gearbeitet. Derzeit arbeitet sie parallel zu der Osterholzer Inszenierung für die „Niederdeutschen Bühne Cuxhaven“ an der Komödie „Rache för Paula“.
Sowohl bei der Auswahl des Osterholzer Stücks als auch der Darstellerriege handelte es sich – wie beim TiO üblich – um Vorstandentscheidungen. „Wir kennen uns hier alle schon Ewigkeiten und wissen voneinander in etwa, wem welche Rollen eher liegen als andere“, begründet Christine Fromme, die in insgesamt drei verschiedenen Rollen zu sehen sein wird, stellvertretend für ihre Ensemblekollegen das stille Einverständnis der Mitglieder mit den Entscheidungen ihres Vorstandes.
„Wir suchten nach einem möglichst aktuellen Thema, das auch ein jüngeres Theaterpublikum ansprechen könnte“, erläutert Bühnenleiterin und Öffentlichkeitsbeauftragte, Astrid Gries. „Die Bühnenadaption von Dan Gordon ist noch gar nicht so alt, wir dürften zumindest im norddeutschen Raum vermutlich eine der ersten Bühnen mit diesem Stück sein.“ Sie ist überzeugt: „Damals wie heute ist Autismus ein Thema von gesellschaftlicher Relevanz.“
35 Proben hat das TiO anberaumt, um die Geschichte über das ungleiche Brüderpaar Charlie und Raymond Babbitt auf die Bühne zu bringen. Etwa zwei Drittel dieser Termine sind bereits absolviert, die Proben im Warkhuus glichen immer mehr einem Durchlauf. Parallel wird am Bühnenbild gearbeitet. Derzeit behelfen sich die Schauspieler noch mit Paravents, um die verschiedenen Szenenbilder bereits während der Proben nachzuempfinden.
Am 10. Januar geht es dann zur Premiere auf die Bühne der Scheune von Gut Sandbeck. Weitere Aufführungen folgen am 16., 17., 20., 21., 23., 27., 29., und 30., Januar sowie am 4. und 6. Februar um jeweils 20 Uhr. Nachmittagsvorstellungen erfolgen am 11. und 18. Januar sowie am 7. und 8. Februar jeweils um 16 Uhr. Eintrittskarten sind im Vorverkauf unter anderem beim OSTERHOLZER KREISBLATT unter Telefon 0 47 91 / 30 34 35, per E-Mail (anzeigen@osterholzer-kreisblatt) sowie vor Ort an der Bördestraße 9 zu den üblichen Öffnungszeiten erhältlich.