Landkreis Osterholz. Wer einen Platz im Altenpflegeheim sucht, benötigt schon ein wenig Glück, wenn er im Landkreis Osterholz fündig werden will. Die stationären Einrichtungen seien allesamt gut bis sehr gut ausgelastet, teilt Sascha Blanken von der Heimaufsicht mit. Nach der jüngsten Erhebung für das Jahr 2016 summiert sich das Angebot auf kreisweit 1446 Plätze, davon seien 1375 belegt. Inzwischen dürfte die Belegung von rund 95 Prozent noch einmal leicht angestiegen sein, sagt Blanken, der fürs Frühjahr die aktuellen Zahlen erwartet.
„Es ist schon recht voll“, sagt der Landkreis-Bedienstete und fügt hinzu: Dass ein Platz frei sei, bedeute nicht automatisch, dass er auch belegbar sei. Es könne sich um Plätze in einfach belegten Doppelzimmern handeln; Doppelzimmer würden immer weniger nachgefragt und in jüngster Zeit auch seltener vorgehalten. Auch solche Plätze, die aktuell nicht belegt werden können oder dürfen, werden in der Statistik als frei geführt. Wenn die Heimaufsicht bei ihren regelmäßigen Besichtigungen gravierende Mängel feststellt, die trotz Mahnung nicht beseitigt werden, kann es zu einem sogenannten Belegungsstopp kommen. „Das sind dann aber Einzelfälle“, so die Sozialdezernentin Heike Schumacher.
Jedes Altenpflegeheim bekommt mindestens einmal jährlich unangemeldeten Besuch von der Heimaufsicht; an den Begehungen – 42 gab es im Jahr 2016 – sind oft eine beim Landkreis beschäftigte Pflegefachkraft sowie der Medizinische Dienst der Kassen beteiligt. Dann wird zum Beispiel geprüft, ob das jeweilige Schichtpersonal die gesetzlich vorgeschriebene Fachkraftquote von 50 Prozent erfüllt. „Wir machen bei den Überprüfungen die Erfahrung, dass die Einrichtungen immer häufiger Schwierigkeiten damit haben, genügend qualifizierte Fachkräfte zu finden“, hat Heike Schumacher beobachtet. Den Betreibern gehe es dabei gar nicht darum, Personalkosten zu sparen, so die Dezernentin; der Stellenmarkt gebe einfach nicht genug examinierte Altenpfleger her.
Manche Einrichtungen haben bereits Pflegekräfte im Ausland angeworben und gemeinsame Deutschkurse organisiert. Die Heimaufsicht sei bestrebt, die Heime bei der Gestaltung der Dienstpläne und Arbeitsabläufe oder auch bei der Nachschulung von erfahrenen Hilfskräften zu unterstützen. Auf den bundesweiten Fachkräftemangel könne die kommunale Ebene aber kaum Einfluss nehmen. Das gelte auch für die Ausbildung, die durchaus anspruchsvoll sei, sodass es vor allem im ersten Lehrjahr recht viele Abbrecher gebe. „Die Heime im Landkreis sind nicht ausbildungsfaul“, sagt Blanken. Es sei allerdings für große Einheiten leichter darstellbar als für kleine, von denen es im Landkreis mehrere gebe. Auch Niedersachsens Pflegekammer habe die in sie gesetzten Hoffnungen bisher noch nicht erfüllt, bemerkt Sozialamtsleiter Frank Bohling. Sascha Blanken nickt: „Einige Pfleger, die sich den Pflichtbeitrag sparen wollen, sind deswegen wohl schon nach Bremen abgewandert.“
Taschengeld für Duschgel
Wenn sich Aufseher die Funktionsräume und Bewohnerzimmer zeigen lassen, dann möchten sie sich ein realistisches Bild vom Alltag in der Einrichtung machen. Ein benutzter Joghurtlöffel, der auf dem Esstisch vergessen wurde, gilt dabei noch nicht gleich als Hygienemangel. Es solle keine klinisch-sterile Atmosphäre herrschen. Die Prüfer achten daher auch darauf, ob sich die Bewohner mit persönlichen Dingen einrichten und entfalten können; ob der Ernährungsplan vielseitig ist und ob stets genügend kalte und heiße Getränke ohne Aufpreis bereitstehen.
Die Reinigungsintervalle für Zimmer und Wäsche sind bei den Begehungen ebenso ein Thema wie die Berufsurkunden des Fachpersonals. Einmal sei ihnen statt der Urkunde nur das Abschlusszeugnis eines Pflegers vorgelegt worden; beim Nachfassen zeigte sich: Die Urkunde hatte der Mann nicht erhalten, weil sein Führungszeugnis mehrere Einträge enthielt.
Geprüft wird, ob die soziale Betreuung gewährleistet ist, sodass geistige und körperliche Ressourcen der alten Menschen möglichst erhalten bleiben, denn auch das ist Bestandteil des Pflegeentgelts. Beanstandungen gibt es, wenn Pflegebäder unzugänglich sind, weil sie als Abstellkammer für Hilfsmittel dienen. Und die Aufsicht prüft, ob die Taschengeldkonten der Bewohner auch deren Bedürfnissen und Interessen dienen - und nicht etwa für Produkte verwendet werden, welche die Einrichtung zu stellen hat. Blanken nennt ein Beispiel: „Das Standard-Duschgel stellt die Einrichtung; wenn es ein besonderes Duschgel sein soll, ist dafür das Taschengeld da.“
Besonders eklatant wird es bei freiheitsentziehenden Maßnahmen, die es Blanken zufolge in früheren Jahren häufiger gab es heute. „Selbst wenn es gut gemeint sein sollte: Wenn der Bewohner noch in der Lage ist, selber aufzustehen, dann darf das Bettgitter nur dann hochgefahren werden, wenn dafür ein richterlicher Beschluss vorliegt oder das persönliche Einverständnis des Betroffenen.“ Das Okay eines Angehörigen reiche dafür nicht aus. Blanken: „Es kommt vor, dass Heime da nicht ganz so sicher sind in ihrem Auftreten, aber das ist die große Ausnahme.“
Neben den turnusmäßigen Besichtigungen gebe es auch Überprüfungen, bei denen eine Beschwerde aus der Einrichtung vorliege. Der Landkreis wolle die Betreiber beraten und ihnen bei Verbesserungen helfen. Gerade die kleineren Betreiber seien dafür dankbar. Ein Belegungsstopp hingegen sei nicht im Interesse der Heimaufsicht; meist könne man es bei Ermahnungen und Nachschauen oder Bußgeldern bewenden lassen.
Belegungsstatistik 2016
Die Kreisverwaltung nennt folgende Zahlen zum Angebot in den Landkreis-Kommunen: Grasberg: 105 Plätze, davon 93 belegt; Lilienthal: 236 Plätze, davon 221 belegt; Samtgemeinde Hambergen: 106 Plätze, alle belegt; Stadt Osterholz-Scharmbeck: 460 Plätze, davon 442 belegt; Ritterhude: 134 Plätze, davon 127 belegt; Schwanewede: 259 Plätze, davon 249 belegt; Worpswede: 146 Plätze, davon 137 belegt.