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Tipps vom Lilienthaler Energieberater Energie vom eigenen Dach

Im zweiten Teil unserer Serie zur Nachhaltigkeit begleiten wir Jörg Büschking. Er ist Experte für Solaranlagen und nachhaltiges Wohnen und arbeitet im Auftrag der Verbraucherzentrale.
04.08.2020, 05:59 Uhr
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Energie vom eigenen Dach
Von Felix Wendler

Worpswede. Die Nachmittagssonne scheint auf das Haus von Familie Engelmann in der ruhigen Worpsweder Wohnsiedlung. An der Südseite des Satteldachs stehen Jan Engelmann und Jörg Büschking. Sie überschlagen Maße, zählen Dachziegel. Büschking ist Energieberater, unterwegs im Auftrag der Verbraucherzentrale. Jan Engelmann hat Büschking um eine Solarberatung gebeten, weil er seinen eigenen Strom produzieren will. Ein bisschen Vorwissen für das Thema bringt Engelmann mit. Auf dem Dach sind bereits fünf Solarthermie-Module montiert. Engelmann gewinnt damit sein warmes Wasser über Sonnenenergie – im Sommer sogar mehr als er eigentlich braucht. „Ich fülle dann schon mal das Planschbecken im Garten damit“, sagt Engelmann. Über eine Zeitungsanzeige sei er nun auf das Thema Fotovoltaik-Anlagen gestoßen, wolle sich informieren, was für Möglichkeiten es gibt, wie hoch die Kosten sind, was sich lohne. Viele Fragen, mit denen Jörg Büschking alltäglich zu tun hat.

Optionen für Häuser und Wohnungen

Büschking, der sich in Lilienthal selbst ein energetisch optimiertes Haus gebaut hat, bringt viele detailreiche Antworten mit. Seine wichtigste Botschaft in Sachen Solarenergie ist jedoch unkompliziert: „Wenn die Sonne drauf scheint, ist es wirtschaftlich rentabel.“ Alles Weitere hänge dann von verschiedenen Faktoren ab. Wie hoch ist der Energieverbrauch? Wie alt ist das Haus? Wie gut ist es gedämmt? Auf der Terrasse im Garten von Familie Engelmann nimmt man Platz, um diese Fragen zu diskutieren. Büschking arbeitet seinen Fragebogen ab, Engelmann ist gut vorbereitet. Der Stromverbrauch sei für einen Zwei-Personen-Haushalt im normalen Bereich, erklärt Energieberater Büschking. „Zu zehn bis 15 Prozent verschattet“, trägt er in seinen Bogen ein. Es ist also ausreichend Sonne auf der Südseite vorhanden, eine Fotovoltaik-Anlage lohne sich. Einen generellen Tipp hat Büschking in diesem Zusammenhang für alle Interessierten: Wer sich einen ersten Eindruck verschaffen will, ob das eigene Haus für eine Solaranlage geeignet ist, kann das mithilfe des Solardachkatasters des Landkreises Osterholz tun (www.solardachkataster-osterholz.de).

Empfehlungen für bestimmte Produkte gibt Büschking als Vertreter der Verbraucherzentrale nicht. Stattdessen zählt er die grundsätzlichen Möglichkeiten auf. Einzelne Module, die direkt ins eigene Stromnetz eingespeist werden, empfiehlt er eher für Leute in Wohnungen. „Die kann man auch sehr unkompliziert am Balkon anbringen“, sagt Büschking. Der Standard für Häuser seien hingegen sogenannte Aufdachungen, bei denen mehrere Module direkt auf den Dachziegeln angebracht werden. Auf dem Dach der Engelmanns würden zwölf solcher Module gut Platz finden, erklärt er. Dazu sei die Anschaffung einer Batterie sinnvoll. So könne der erzeugte Strom gespeichert werden und stehe auch dann zur Verfügung, wenn die Sonne nicht scheint. „Es geht darum, den Stromverbrauch so gut wie möglich aus der eigenen Produktion zu decken“, sagt Büschking. „Aus wirtschaftlicher Sicht.“

Aktiven Klimaschutz betreibe man ohnehin mit allen Solarlösungen. „An den Batterien gibt es ja durchaus auch Kritik, was die Frage der Nachhaltigkeit betrifft“, merkt Engelmann an. Er kenne diese Bedenken, sagt Büschking. Allerdings habe sich die Lebensdauer solcher Batterien stark erhöht. „20 Jahre halten die mittlerweile. Und dann sind sie zu 60 Prozent recyclebar.“

Nachhaltig rentabel

Engelmann hört interessiert zu. „Haben Sie noch Fragen dazu?“, will Jörg Büschking wissen. Hat er – was Büschking natürlich nicht überrascht. Die Frage nach den Kosten wäre da ja noch. Büschking rechnet auf dem Gartentisch vor: Zwölf Module zu jeweils 500 Euro, macht etwa 6000 Euro. Für die Batterie müsse man dann noch mal 80 bis 90 Prozent der Modulkosten dazu rechnen. Ungefähr 11 000 Euro inklusive Lieferung und Montage müssten die Engelmanns also in die Hand nehmen, um sich zukünftig selbst mit Strom zu versorgen.

„Nach 16 bis 17 Jahren wären die Kosten wieder reingeholt. Ab dem Zeitpunkt würden Sie dann Strom für lau bekommen“, erklärt Büschking. Die Batterie müsse man ein paar Jahre später wahrscheinlich austauschen. „Allerdings sind die in 20 Jahren wahrscheinlich deutlich billiger als jetzt.“ Die Module würden ohnehin deutlich länger halten. „30 bis 40 Jahre“, schätzt Büschking. „Wenn man das Solardach als Geldanlage betrachten würde, käme eine Rendite von etwa zwei Prozent dabei raus.“

Büschking ist überzeugt, dass fossile Brennstoffe in 30 Jahren keine Rolle mehr spielen. Es sei also sinnvoll, schon jetzt über Lösungen nachzudenken. „Das ist aktiver Klimaschutz“, sagt der Energieberater. Die aktuelle Situation biete sich an. Im Juni hat der Bundestag den bislang in Deutschland geltenden Solardeckel abgeschafft. Das heißt: Neue Fotovoltaik-Anlagen sollen auch weiterhin staatlich gefördert werden. Zwar sinkt diese Förderung von Monat zu Monat, gleichzeitig werden jedoch auch die Module und Batterien immer billiger, merkt Jörg Büschking an. Eine dezentrale Stromlösung sei auch aus anderen Gründen vorteilhaft. „Man muss keine Trassen mehr durch das ganze Land bauen“, sagt Büschking. Außerdem fördere der Kunde die lokalen Solarfirmen und Handwerker.

Das alles gibt der Lilienthaler Energieberater als Anregung mit – entschieden wird bei diesem Gespräch nichts. Büschking verkauft nicht, sondern berät. Finanziert wird das vom Wirtschaftsministerium, der Kunde bezahlt lediglich 30 Euro. Etwa anderthalb Stunden dauert die Beratung bei Jan Engelmann, bevor sich der Energieberater Jörg Büschking sich auf den Weg nach Hause macht. Natürlich in einem Elektroauto.

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