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Bauprojekt in Osterholz Widerstand gegen Seniorenresidenz zwecklos

Die schon beschlossenen Pläne für das Senioren-Wohnprojekt am Hohenberg stoßen bei einigen städtischen Kommunalpolitikern noch immer auf Kritik. Nun versuchte ein Firmen-Vertreter, den Wogen zu glätten.
19.06.2022, 05:00 Uhr
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Von Michael Schön

Osterholz-Scharmbeck. Jan Kaiser sprach unter anderem von verlorenen Socken. „Das passiert bei uns auch, aber wir finden sie wieder!“ Der Gesandte von der Gesellschaft Insanto, einem Verbund von Pflegeheimen, warb nicht ganz ungeschickt für das Konzept, das er im Osterholz-Scharmbecker Ausschuss für Jugend, Senioren und Soziales vorstellte. In der Seniorenresidenz, die in der Straße Am Hohenberg geplant wird, soll unter Verzicht auf externe Dienstleister nicht nur „immer selbst gewaschen“, sondern auch gekocht werden. Haarschnitt und Fußpflege werden dort ebenfalls im Angebot sein.

Die Grünen gaben sich aber damit nicht zufrieden. Fraktionschefin Brigitte Neuner-Krämer störte sich unter anderem an den Dimensionen des geplanten Komplexes, die von 140 Heimplätzen im Hauptgebäude  sowie sechs Einfamilienhäusern und 29 Apartments beansprucht werden.  „Wir sollten uns das im Planungsausschuss noch einmal angucken.“ Der Widerstand war freilich zwecklos. Die Ratsmehrheit hat den Bebauungsplan „Westlich am Hohenberg“ bereits im vergangenen Dezember beschlossen. Kaiser war nur noch gekommen, um das auch von der Linkspartei geäußerte Misstrauen gegenüber dem Angebot des Unternehmens zu zerstreuen. Er überzeugte nicht alle. „Wir wollen keine prekären Arbeitsbedingungen in unserer Stadt“, nahm Mizgin Ciftci die Antwort auf seine eigene – noch gar nicht gestellte – Frage selbst vorweg. Und setzte sarkastisch hinzu: Ob denn schon Pflegeroboter zum Einsatz kämen?

Mit hoher Motivation

Stadtplaner Jens Brendler verteidigte das Konzept, indem er auf die günstigen Voraussetzungen für das Vorhaben auf der ehemals landwirtschaftlich genutzten Fläche verwies. Innenstadtnah und seit den 1970er-Jahren nicht dem im Bebauungsplan vorgesehenen Zweck – dem Bau einer Schule – gewidmet. Aus drei Gründen habe das städtische Bauamt den Verfahrensprozess  seit 2019 „mit hoher Motivation“ auch gegen Widerstände – Diskussionen im Stadtrat und mit Anwohnern, formale Hürden – vorangetrieben. Er nannte die Stichworte „Wiederbenutzbarmachung“, „Inwertsetzung“ und „Integration“. Bei einer solch günstigen Gemengelage müsse man Kompromisse machen. Es seien zudem vertragliche Festsetzungen getroffen worden: „Alles sehr hochwertig.“ Nach Brendlers Überzeugung gewinnt mit dem Senioren-Wohnprojekt das gesamte Quartier an Wohnwert. 

Energie-Konzept überzeugt nicht

Kaiser konnte auch beim Thema Energie nur mäßig punkten. Von den fossilen Brennstoffen wolle man wegkommen, aber Fotovoltaik habe man noch nicht umsetzen können. Allerdings sei eine Umstellung des Firmenwagenparks auf E-Mobilität geplant.

Dagegen konnte der Insanto-Mann auf eine Fachkraftquote verweisen, die in Teilen über die in Deutschland vorgeschriebenen 50 Prozent liegt. Und auf das Tariftreugesetz, das im September in Kraft tritt. Nur Einrichtungen, die nach Tarif entlohnen, dürften dann noch mit den gesetzlichen Pflegekassen abrechnen.  Kaisers Unternehmen beschafft sich das Personal für seine Seniorenresidenzen – von Bardowick bis Wesel –, indem es die Ausbildung in den Herkunftsländern organisiert, um die Pflegekräfte schließlich in Deutschland zur fachlichen Anerkennung zu führen.

Einigkeit herrschte unter den Ausschussmitgliedern, dass es deutschlandweit einen Mangel an Pflegeplätzen und an Fachkräften gibt. Neuner-Krämer kritisierte an den Insanto-Plänen, dass „heute eher kleinere und quartiersnahe Einrichtungen bevorzugt werden“. Daher seien in vielen Kommunen bereits Obergrenzen festgeschrieben worden. Kaiser konterte mit den „Synergien“, die eine große Einrichtung ermögliche, die Kombination mit der Tagespflege (18 Plätze). Schließlich gebe es in der Osterholz-Scharmbecker Einrichtung die Möglichkeit, innerhalb der Anlage beispielsweise vom Einfamilienhaus ins Apartment  oder von diesem auf einen Heimplatz wechseln. Gegen die Anonymität, die fehlende Eingebundenheit in der Region  will er ein Wohngruppenkonzept setzen.

Die Sorge, dass an anderer Stelle der Stadt beschäftigte Pflegekräfte zum Hohenberg abwandern könnten, konnte Kaiser den Ausschussmitgliedern nicht nehmen. Allerdings könne es ja ebenso der Fall sein, dass von Insanto ausgebildetes Personal sich bei einem Konkurrenzunternehmen bewirbt.

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