Karin Tietjen kümmert sich jetzt um die Spendensammlung für das Kinderhospiz Jona. Das habe sie der an Krebs gestorbenen Initiatorin Petra Becker versprochen, sagt die 71-jährige Buschhausenerin.
60 kleine Plastik-Sparschweine – viele in Rot, manche in Gelb, einige in Grün – stehen im gesamten Landkreis Osterholz sowie in Hagen auf den Tresen der Geschäfte und Einrichtungen. Auf allen klebt der Hinweis, dass der Inhalt für das Kinderhospiz Jona bestimmt sei. Wer weitere Informationen dazu haben möchte, könne sich an Karin Tietjen wenden. „Ich hatte Petra versprochen, weiterzusammeln“, erzählt diese. Für das Versprechen „gebe ich alles“, versichert die 71-jährige Buschhausenerin bei der diesjährigen Spendenübergabe. „Diesmal sind 3000 Euro zusammengekommen; über die Jahre sind es damit insgesamt 21000 Euro“, sagt Karin Tietjen.Petra Becker, die vielen Menschen durch ihre Bücher und ihre Vorträge zum Thema „Diagnose Krebs“ bekannt ist, war Karin Tietjens Freundin. „Gekannt habe ich sie schon ewig.“ Aber enge Freundinnen seien sie erst geworden, als das Schicksal zuschlug. Die Krankheit Krebs schweißte die Frauen zusammen. „Petra bekam 2005 zunächst Eileiter-, dann Brust-Krebs“, erinnert sich Tietjen.
Ihr selbst teilten die Ärzte 2007 mit, Darmkrebs zu haben. Sie sei aber inzwischen symptomfrei. Petra Becker hatte weniger Glück. Jahre nach der ersten Chemotherapie – als sie sich längst geheilt wähnte – brach der Krebs in der Lunge aus. Vor zwei Jahren, drei Tage nach ihrem 54. Geburtstag, hat Petra Becker ihren Kampf gegen die Krankheit verloren. Aber ihre Idee, schwerkranken Kindern und deren Familien zu helfen, lebt dank des Engagements von Karin Tietjen und deren Enkeltochter Christina Kassebaum fort.
Sie werben weiter im Gedenken an Petra Becker Geld für das Kinderhospiz Jona, das zurzeit 39 Familien betreut, ein. Irgendwie sei sie in die Aktion hineingerutscht, erinnert sich Tietjen. Unter anderem weil Petra Becker keinen Führerschein hatte. Deshalb habe sie sie oft gefahren und begleitet. Bewunderung schwingt in ihrer Stimme mit, wenn sie von ihrer Freundin spricht. Petra Becker habe sich nie unterkriegen lassen. Sie habe immer gesagt, sie schaffe das. „Man hat nie gemerkt, dass sie krank war; sie war immer gut drauf“, sagt Karin Tietjen. „Sie wirkte sehr stark.“ Bis zum Schluss. Als die Diagnose Lungenkrebs stand, hätten die Ärzte ihr nur noch drei Monate gegeben. „Aber die hatte sie deutlich überlebt.“ Ganz am Ende habe sie ihre Krankheit aber nicht mehr wirklich vor ihren Nächsten verbergen können. „Durch den Lungenkrebs bekam sie schlechter Luft; deshalb hat sie Sauerstoff bekommen.“ Trotzdem war es für Karin Tietjen ein Schock als eines Morgens die Schwester von Petra Becker vor ihrer Tür stand: „Da wusste ich, dass sie gestorben war.“ Drei Tage zuvor, an Petra Beckers Geburtstag, hätten sie noch telefoniert und sich verabredet gehabt.
Petra Becker hatte zum Thema „Diagnose Krebs“ Bücher geschrieben und Vorträge gehalten. „Sie konnte nachts oft nicht schlafen“, erzählt Karin Tietjen. In der Zeit habe sie sich hingesetzt und ihre Gefühle und Gedanken und Erfahrungen mit der Krankheit niedergeschrieben. Angefangen habe Petra Becker damit bereits während des ersten Krankheitsausbruchs. Ein Arzt auf der Gynäkologie des Osterholzer Kreiskrankenhauses schlug ihr damals vor, ihr Manuskript doch einem Pharmakonzern zu schicken. Und tatsächlich: „Der hat das Buch gesponsert“, berichtet Karin Tietjen.
Petra Becker gab daraufhin Lesungen, schrieb weitere Bücher über ihr Leben mit der Krankheit. Aus dem Interesse der Menschen an ihren Erfahrungen erwuchs schließlich die Idee, die Einnahmen aus dem Verkauf ihrer Texte zu spenden. Der Ehefrau und Mutter sei es wichtig gewesen, dass dieses Geld kranken Kindern zugute käme, sagt Tietjen. Zunächst hätten sie die Spenden an einen Elternverein von Kindern, die an Tumoren erkrankt waren, überwiesen. Ab 2007 ging dann jeder eingeworbene Cent an das 2006 gegründete Kinderhospiz Jona. Eine ambulante Einrichtung, deren ehrenamtlichen Mitarbeiter die Familien von schwerstkranken Kindern unterstützen. Sie ermöglichen den Eltern Auszeiten von der Pflege, widmen sich den Geschwisterkindern und organisieren Ausflüge für die Familien. „Als nächstes geht es mit über 40 Teilnehmern in den Serengeti Park“, berichtet Monika Mörsch vom Kinderhospiz Jona. Um solche Aktionen für die Familien bezahlbar zu machen, würden sie die dabei entstehenden Kosten für die kranken Kinder und deren Geschwister komplett übernehmen. Das sei nur ein Beispiel dafür, wohin die Spendengelder flössen, so Mörsch.
Karin Tiejten und ihre Enkelin Christina Kassebaum werden die kleinen Sparschweine weiter mit Unterstützung von Geschäftsleuten und Einrichtungen im Landkreis und in Hagen aufstellen sowie die noch verbliebenen Bücher von Petra Becker verkaufen, um die so gesammelten Spenden und Einnahmen an das Kinderhospiz Jona weiterzuleiten. Und das: „so lange ich das kann“, verspricht Katrin Tietjen.
Info zum Kinderhospiz Jona gibt‘s im Internet unter der Adresse www.kinderhospiz-jona.de und unter der Telefonnummer 04 21 / 6 38 12 69.