Landkreis Osterholz. Förderprojekte zu einem Ausbau der Wasserstoffwirtschaft zwischen Elbe und Weser könnten ab nächstem Jahr vom Osterholzer Kreishaus aus koordiniert werden. Über den Antrag des Landkreises, 300 000 Euro aus dem Programm „Hy-Expert“ auszuschütten, wird Anfang 2020 das Bundesverkehrsministerium entscheiden. Die Zusammenarbeit im sogenannten Artie-Netzwerk, die dem vorausging, habe „eine Dynamik entwickelt, die alle Erwartungen übertroffen hat“, sagte Marco Prietz vom Amt für Kreisentwicklung im zuständigen Fachausschuss. Dafür müsse jetzt mithilfe des Bundes ein Regionalmanagement aufgebaut werden.
Elf Landkreise in Nordostniedersachsen wollen mit „Hy-Expert“ ihr Profil als „Modellregion Wasserstoff“ schärfen. Ein gemeinsames Büro soll ihnen die Wege weisen zu Ministerien, Fördertöpfen und N-Bank-Programmen. Es gebe in jedem Landkreis Potenziale und Projektansätze von Lüchow bis Cuxhaven und von Soltau bis Winsen/Luhe, erfuhren die Abgeordneten - besonders auf dem Verkehrssektor, aber nicht nur dort. Der weltweit erste Brennstoffzellenzug verkehre zwischen Cuxhaven, Bremerhaven, Bremervörde und Buxtehude; etliche Betriebe von Faun bis Dow seien ebenfalls involviert und interessiert.
Die stark ausgebaute Windkraft biete dabei gute Voraussetzungen zur Erzeugung von grünem Wasserstoff, erläuterte der Amtsleiter. Allein im Landkreis Cuxhaven drehen sich mehr als 350 Strom-Mühlen, die aus der garantierten Einspeisevergütung herausfallen, sodass sich die Frage nach Abriss, Repowering oder der Nutzung des Stroms für Elektrolyse und Mobilität stelle.
„Die Artie-Mitglieder haben den Landkreis Osterholz mit der Antragstellung betraut“, so Amtsleiter Prietz. Dabei gebe die Geologie im ehemaligen Regierungsbezirk Lüneburg vielerorts auch die unterirdische Speicherung in sogenannten Kavernen her. Und die in Heilshorn geplante Bioabfallvergärung in interkommunaler Kooperation könnte Prietz zufolge gar ein Leuchtturmprojekt werden. Wenn es gelänge, aus dem Biomüll Wasserstoff zu erzeugen, der zur Betankung von Brennstoffzellenfahrzeugen verwendet wird, dann wäre ein Kreislauf geschlossen. Auch über das Müll-Energie-Projekt hinaus wird im Elbe-Weser-Dreieck vielfach an der Betankung und am Betrieb von Nutzfahrzeugen mit grünem Wasserstoff getüftelt. „Es geht darum, die Überschussproduktion von Biogas- und Windenergieanlagen für Umwandlung und Speicherung, Einspeisung und Antrieb zu nutzen“, so Prietz. Ladesysteme und eine Tankstelleninfrastruktur seien ebenfalls zu entwickeln. Noch fehlten Demonstrationsanlagen und Geschäftsmodelle, weshalb im Kreishaus an einen Hy-Expert-Folgeantrag für 2021 gedacht wird.
Faun plant Kleinserie
Während der damit forcierte Auf- und Ausbau als Modellregion keine kommunalen Eigenmittel erfordern würde, wird die Wirtschaftsförderung des Landkreises auch die Netzwerkarbeit bei der Arbeitsgemeinschaft für Technologie, Innovation und Entwicklung (Artie) fortsetzen. Für einen Eigenanteil von 16 000 Euro wollen die beteiligten Kreise eine Landesförderung von einer Million Euro anzapfen. Das Geld aus dem Wirtschaftsministerium in Hannover soll Ende der ersten Jahreshälfte 2020 bewilligt werden. Es käme den Betrieben der Wasserstoffwirtschaft zugute, die bei einer Eigenbeteiligung von 25 Prozent eigene Forschungsprojekte in Zusammenarbeit mit Hochschulen finanzieren können.
Der Müllautobauer Faun werde unabhängig davon bereits im nächsten Jahr eine Kleinserie von Brennstoffzellen-Fahrzeugen fertigen und von der Abfallservice Osterholz GmbH erproben lassen. Die Mittel dafür werden teils aus dem Förderprogramm „Kommunale Investitionsförderung“ stammen, das der Landkreis seit Sommer 2018 jährlich auflegt. Dieser Topf wird auch 2020 wieder mit 200 000 Euro gefüllt. Kleine und mittlere Unternehmen mit Sitz im Landkreis Osterholz können mit dem Geld zehn bis 20 Prozent der förderfähigen Investitionskosten bezuschusst bekommen, höchstens aber 50 000 Euro.
Die Wirtschaftspolitiker im Ausschuss für Kreisentwicklung waren angetan. Hatten sie sich zum Vormarsch der Elektromobilität und deren Folgen zuletzt überwiegend pessimistisch gezeigt, so hieß es jetzt einhellig: „Wasserstoff ist ein Zukunftsthema.“ Der Landkreis liege damit genau richtig. Axel Miesner (CDU) sagte, er hoffe nur, dass die vorhandene Strommenge für die Wasserstoffproduktion ausreichen werde.