Von Jörn Dirk Zweibrock
Syke·Landkreis Diepholz. Die Patienten von Hans-Jörg Lox können aufatmen: In Alexander Schleicher hat der Syker Allgemeinmediziner einen Nachfolger gefunden. Zum 1. März übernimmt der 42-Jährige die Praxis am Bremer Weg. Mittwoch hat er die Berechtigung vom Zulassungsausschuss erhalten. "Ich hätte gerne weitergemacht", bedauert der 61-jährige Lox, dass er aus Krankheitsgründen den weißen Kittel vorläufig an den Nagel hängen muss. Ralf Meier, Praxisberater der Kassenärztlichen Vereinigung Verden, ist froh, dass sich der Arzt für Allgemeinmedizin in der Hachestadt niederlässt.
Mit Hans Holger Ahlsdorff als Nachfolger für Jürgen Kleen und Alexander Schleicher konnte der drohende Ärztemangel in Syke erst einmal abgewendet werden. Einziger Wermutstropfen ist die nicht wiederbesetzte Praxis von Onno Buurmann. "Für die nächsten Jahre ist Syke gut aufgestellt", freut sich Ralf Meier. Für Hans-Jörg Lox ist dies allerdings nur die Ruhe vor dem Sturm: "Ich bin der drittjüngste Mediziner in Syke", sagt Lox, der dort seit 1984 praktiziert hat. Das Problem sei die Altersstruktur der Syker Ärzte. In drei Jahren rechnet er mit einem weiteren Praxissterben in der Hachestadt. Viele seiner Kollegen würden dann in den Ruhestand gehen. Die von der Großen Koalition in Berlin beschlossene Aufhebung der Altersgrenze für Ärzte sieht Lox nicht als Lösung. Damit sei noch keine Planungssicherheit bei der medizinischen Versorgung des ländlichen Raums gewährleistet, findet auch Meier.
Bis Alexander Schleicher in den Ruhestand geht, fließt noch viel Wasser die Hache runter. Er hat in Marburg studiert. Der Liebe wegen ist er nach Niedersachsen gezogen. Die Mentalität der Norddeutschen würde ihm einfach liegen, ist er überzeugt. Mit seiner Frau Verena und den beiden Kindern lebt Schleicher in der Samtgemeinde Thedinghausen. Dort will er auch wohnen bleiben. Dem spricht nichts entgegen. Ein Arzt müsse von seinem Wohnort aus in 30 Minuten die Praxis erreichen können, sagt Meier. "Ich habe es immer genossen, dass ich nur 16 Schritte vom Kaffeetisch bis zu meinem Arbeitsplatz gehen musste", empfindet es Lox als großen Vorteil, dort zu praktizieren, wo man wohne.
Bevor der neue Syker Mediziner seinen Facharzt gemacht hat, war er Weiterbildungsassistent bei Carsten Dreyer in Blender. Im Bassumer Krankenhaus sowie bei einem in Bassum niedergelassenen Orthopäden war Schleicher ebenfalls schon tätig. Er habe eine "bunte" Ausbildung durchlaufen, spielt der Jungmediziner auf seine vielen verschiedenen Stationen an. Schleicher wird in Syke nicht nur als Allgemeinmediziner arbeiten, sondern auch weiterhin im Landkreis Verden Notdienst machen. An Syke hätten ihn vor allen Dingen die ländlichen Strukturen mit urbanem Flair gereizt.
Einer Studie der Universität Trier zu Folge ist er da allerdings eine Ausnahme. Von zehntausenden befragten Studenten hätten 80 Prozent angegeben, dass sie sich weder in Millionenstädten, noch in Gemeinden unter 5000 Einwohnern niederlassen wollten, zitiert Ralf Meier aus der Untersuchung. Die meisten hätte es in Großstädte ab 150000 Einwohner gezogen. Lox dagegen sieht in der "Verweiblichung des Medizinstudiums" eine Ursache für den Ärztemangel auf dem Land. 70 Prozent der Studenten seien Frauen. Wegen der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf würden sie später lieber im Gesundheitsamt oder der Pharmaindustrie arbeiten, statt auf dem platten Land zu praktizieren.
Im Speckgürtel sieht's besser aus
Wie lassen sich junge Weißkittel denn nun aufs Land ziehen? Bereits im Studium müsse damit begonnen werden, für den Beruf des Landarztes zu werben, findet Alexander Schleicher. Beispielsweise durch Praktika bei Medizinern, die sich "draußen auf dem Feld" niedergelassen hätten. Klar, dass auch die Kommunen mit günstigem Bauland Ärzte locken könnten.
"Im Bremer Speckgürtel gibt es keine Probleme", sagt Meier. Gut, bis auf den fehlenden Augenarzt in Weyhe. In Schwaförden hätte man mit dem Modell Zweigpraxis gute Erfahrungen gemacht. Heißt übersetzt: Ein Mediziner eröffnet außerhalb seines Praxissitzes eine Nebenbetriebsstätte, wo er auch Ärzte anstellen darf. In Martfeld und Schwarme sehe es mit der medizinischen Versorgung hingegen schon anders aus, geht der Praxisberater dort von einem drohenden Ärztemangel aus. "Wir arbeiten daran und führen Gespräche mit der Samtgemeinde Bruchhausen-Vilsen", versichert Meier und wirbt für das niedersachsenweite Modell Moni. Das sieht vor, medizinische Fachangestellte so weit auszubilden, dass sie beispielsweise Blutdruck messen, Verbände wechseln oder Fäden ziehen können - mit dem Ziel, den Arzt zu entlasten. Schneverdingen gehört zu einer dieser Modellregionen. Ein erfahrener Mediziner wie Hans-Jörg Lox hält davon allerdings wenig. Er wirbt für die Renaissance der guten alten
Gemeindeschwester.
Hans-Jörg Lox hofft, dass er von der Patientenrolle schnell wieder in den Arztkittel schlüpfen kann. Mit 1200 Patienten pro Quartal liegt er nach Angaben von Ralf Meier nämlich über dem Durchschnitt. Sollte er zurückkehren, bleiben auch für seinen Nachfolger Alexander Schleicher genügend Patienten übrig. Für Haus-, Kinder- und Augenärzte gibt es nämlich im Landkreis Diepholz genügend Zulassungen.