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Gemeinde Stuhr zeichnet Flüchtlingshelfer mit Anstecknadel aus / Bürgermeister lobt Engagement Der etwas andere Empfang

Stuhr. Siavash Amiri war einer der ersten, der sich am Sonntagmittag im Stuhrer Rathaus eine Anstecknadel ans Revers heftete. Aus gutem Grund.
14.03.2016, 00:00 Uhr
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Der etwas andere Empfang
Von Christoph Starke

Siavash Amiri war einer der ersten, der sich am Sonntagmittag im Stuhrer Rathaus eine Anstecknadel ans Revers heftete. Aus gutem Grund. Denn er engagiert sich ehrenamtlich für Flüchtlinge. „Wir haben Fahrräder, Textilien und Möbel gesammelt und gespendet“, erzählt der Iraner, der seit dreieinhalb Jahren in Deutschland lebt. Und für Menschen wie Amiri hat die Gemeinde Stuhr am Sonntag ihren Frühlingsempfang veranstaltet.

Anstatt wie in den 13 Malen davor, eine Auswahl Ehrenamtlicher mit dem Stuhrer Wolf auszeichnen, hatte die Gemeinde mehr als 200 Anstecknadeln anfertigen lassen. „Gemeinsam in Stuhr – Flüchtlingshilfe 2015/2016“ steht auf ihnen – zusammen mit dem Wappen der Gemeinde. Jeder, der sich berechtigt fühlt, konnte sich eine aus den Händen von Bürgermeister Niels Thomsen geben lassen.

Bereits im Vorfeld betonte der Verwaltungschef, dass die Auszeichnung mit dem Stuhrer Wolf nicht der Geschichte angehöre, nur in diesem Jahr ausnahmsweise und einmalig ausgesetzt werde, um all den Menschen, die sich für Flüchtlinge in Stuhr einsetzen, zu danken. Mehr als 400 Menschen aus mehr als 30 Ländern hätten im vergangenen Jahr eine neue Heimat in der Gemeinde gefunden. „Wir haben diese Menschen in Obhut genommen. Wir tun das gerne“, sagte Thomsen am Sonntag. Einfach sei das zwar nicht gewesen, aber in seiner Gemeinde habe die kommunale Selbstverwaltung funktioniert. „Darauf bin ich stolz“, unterstrich Thomsen. Die Verwaltung habe keinen Masterplan gehabt, sondern quasi jede Woche neu entschieden, wie man reagiere müsse. Dabei konnte die Verwaltung auf das Engagement zahlreicher Bürger setzen. Aber solch ein Handeln sei Stuhrer Tradition.

Nicht nur die Bürger hätten mitgeholfen, auch auf sein Team im Rathaus habe sich Thomsen verlassen können, wie er unterstrich. Namentlich hob er einen Mitarbeiter hervor: Martin Lachmann vom Betriebshof, der für viele Flüchtlinge „eine Art Hauswart“geworden ist, der sich mit hohen Engagement einsetze. Auch den Rückhalt der Politik habe die Verwaltung gespürt, lobte Thomsen die Ratsvertreter. In Sachen Flüchtlingsarbeit hätten alle an einem Strang gezogen.

Doch der Bürgermeister vernahm auch enttäuschte Stimmen. „Das geht mir zu langsam. Es passiert zu wenig. Das ist viel zu spät“, zählte er auf. Auch flüchtlingskritische Meinungen habe er gehört ( „Wir tun viel zu viel für Flüchtlinge“) oder Unverständnis über das Aussetzen der traditionellen Auszeichnung („Was ist aus dem Stuhrer Wolf geworden?“). Doch Thomsen sieht sich und seine Gemeinde trotzdem auf einem guten Weg, „bunte und vielfältige Lösungen“ zu finden. Er betonte, dass es in Stuhr keine Straftaten gegen Flüchtlinge und keine Bürgerwehren gebe und dass die AfD in der Region keine Rolle spiele. Er schloss seine Rede mit den mittlerweile berühmten Worten von Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Wir schaffen das“, und fügte hinzu: „Weil wir es wollen.“

Für seine Worte erntete der Bürgermeister viel Applaus aus dem Publikum. Und das war bunt: Jung, alt, weiblich, männlich, in Anzug oder lässigem Jeanshemd, in Pumps oder Turnschuhen, in Stuhr geboren oder dort eine Heimat gefunden. Passend zur thematischen Ausrichtung des diesjährigen Frühjahrsempfangs sang der Interkulturelle Chor Stuhr mehrere Lieder in verschiedenen Sprachen.

Ein besonderes Geschenk hatte Daniela Gräf, Leiterin des Mehr-Generationen-Hauses (MGH), für das Rathaus parat: eine bunte Patchworkdecke, die in der internationalen Handarbeitsgruppe des MGH entstanden war. Sie soll künftig den Ratssaal schmücken.

Dafür überreichte ihr Thomsen wiederum eine Spende von allen Ratsvertretern. Doch den Umschlag gab Daniela Gräf dankend zurück. Das Geld solle die Gemeinde in Form von Tankgutscheinen an die Helfer in der Flüchtlingsarbeit weitergeben.

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