Bäume und Wälder haben die Menschen schon immer in ihren Bann gezogen. Und so ist es durchaus nicht verwunderlich, dass immer mehr Menschen sich mit dem Gedanken anfreunden können, nach dem eigenen Tod in der Natur unter Bäumen die letzte Ruhe zu finden. In der Gemeinde Hellwege soll diese alternative Bestattungsmöglichkeit nach rund zweijähriger Vorbereitungszeit noch in diesem Jahr verwirklicht werden. Am 13. November dieses Jahres, so der Fahrplan, soll der Ruheforst Hellwege offiziell eröffnet werden. Dies teilten Hans-Hinrich Willenbrock, Vorsitzender des Realverbandes Forst Hellwege, und Annekatrin Mensching von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen den Mitgliedern des Hellweger Gemeinderates und interessierten Besuchern der Ratssitzung am Donnerstagabend im Heimat- und Kulturhaus mit.
Demnach sind mittlerweile zehn Hektar des überwiegend aus Buchen und Eichen in diversen Altersklassen bestehenden Mischwaldes als Friedhof gewidmet. Für die erste Ausbaustufe seien zunächst drei Hektar mit 275 Ruhe-Biotopen vorgesehen, erklärte Mensching. Laut Friedhofssatzung für den Ruheforst Hellwege werden rund 80 Bäume pro Hektar als Grabbäume ausgewählt. Bei einer Fläche von zehn Hektar ergeben sich somit etwa 800 Bäume mit jeweils zwölf Urnenplätzen. Davon seien 480 Gemeinschaftsbäume (60 Prozent) mit insgesamt 5760 Urnenplätzen und 320 Familienbäume (40 Prozent) mit insgesamt 3840 Urnenplätzen vorgesehen. Insgesamt sollten damit rein rechnerisch über eine Laufzeit von 99 Jahren rund 8320 Gräber belegt werden können.
Andachtsplatz im Zentrum
Die Urnen würden jeweils ringförmig um einen Baum, Stein oder anderen markanten Punkt angeordnet werden. Der Wald soll derweil in seinem Erscheinungsbild nicht verändert werden. Neben den Gemeinschafts- sowie Familien- und Freundschaftsbiotopen wird es im Ruheforst Hellwege auch ein Regenbogenbiotop geben, welches ausschließlich für Früh- und Totgeburten vorgesehen ist. Die Überlassung der Einzelgrabstelle soll unentgeltlich erfolgen. Zum Auffinden eines Ruhebiotops wird derweil eine Registrierungsnummer vergeben, die in einem Ruhebiotop-Register zusammengefasst werden. Im und auf dem Waldboden dürfen derweil keine Veränderungen vorgenommen werden. Das Hinterlassen von Kränzen, Grabschmuck, Erinnerungsstücken oder sonstigen Grabbeigaben ist ebenso verboten wie das Aufstellen von Kerzen und Lampen. Zentraler Ort auf dem Areal soll der Andachtsplatz sein, der unter anderem als erste Anlaufstelle bei Trauerfeiern gedacht ist.
Die Weichen für die Verwirklichung des Ruheforst-Projekts in dem am Hellweger Friedhof angrenzenden Mischwald hatten die verschiedenen Instanzen der Sottrumer Politik in den vergangenen zweieinhalb Jahren mit ihren Beschlüssen gestellt. Im April 2023 hatte etwa der Samtgemeinderat Sottrum die Ruheforst-Satzung als Regelwerk einstimmig und sehr zur Freude von Bürgermeister Wolfgang Harling (SPD) beschlossen, welche zum 1. Januar 2024 in Kraft getreten ist und klare Nutzungsbedingungen vorgibt. Zuvor hatte es Bürger-Infoveranstaltungen und einen Besichtigungstermin im Ruheforst Lauenbrück gegeben, der im näheren Umkreis bisher einzigen Anlage dieser Art.
Zuspruch aus Mitgliedsgemeinden
Initiiert und angeschoben hatte das Projekt derweil der Realverband Hellwege als Eigentümer des Waldes, mit der Landwirtschaftskammer als starken Partner bei der Errichtung. Als Trägerin des Ruhewaldes fungiert die Samtgemeinde, während die Gemeinde Hellwege die Parkplätze zur Verfügung stellt. Bundesweit gibt es mittlerweile mehr als 70 Ruheforste – bei steigender Tendenz. Der Ruheforst Hellwege soll derweil bei aller Ruhe und Idylle auch ein Ort des öffentlichen Interesses sein. So bietet die Landwirtschaftskammer Niedersachsen alle 14 Tage öffentliche Führungen an. Die erste geführte Begehung ist bereits für den 16. November, also drei Tage nach der Eröffnung, geplant. Annekatrin Mensching betonte, dass für die Führungen keine Mindestteilnehmerzahl erforderlich sei.
Bürgermeister Wolfgang Harling freut sich insbesondere über den Zuspruch und das Wohlwollen aus den Mitgliedsgemeinden, die durch den Ruheforst in Hellwege "ja durchaus Kunden verlieren" könnten. "Der Wunsch nach Bestattungen im Wald ist groß. Ich finde es positiv, dass uns der Wald als Friedhof erhalten bleibt", so Harling.