Der Rethbergsee ist nicht mehr das, was er mal war. Am deutlichsten sieht man das an der Wasserrutsche, deren unteres Ende längst nicht mehr im Wasser steht, sondern mittlerweile 14 Meter vom Ufer entfernt ist. Auch an der Anlegestelle für die Tretboote ist zu erkennen, was Simon Pfleging „eine Folge des Klimawandels“ nennt, sie droht zu verlanden. „Seit dem Dürresommer 2018 ist der Wasserpegel des Sees um einen Meter abgesackt“, sagt Pfleging, der den nach dem See benannten Wochenendpark südöstlich von Tarmstedt derzeit peu à peu von seinem Vater Klaus Pfleging übernimmt.
Vater und Sohn, sie befinden sich gerade in einer Phase des „fließenden Übergangs“, wie es Simon Pfleging formuliert. Vor 30 Jahren habe sein Vater das mit seinem eigenen Vater Kurt Pfleging, der die Anlage 1971 eröffnet hat, auch so gemacht. Die ältere Generation zieht sich Stück für Stück zurück, die jüngere übernimmt schrittweise mehr Verantwortung. „Verantwortung für ein ganzes Dorf“, so betrachtet Simon Pfleging seine Aufgabe. Und dazu gehöre unbedingt der Erhalt des Sees. Der drohe umzukippen, wenn zu wenig Wasser drin ist, Blaualgen könnten sich ausbreiten. Das will der Junior unbedingt verhindern, denn der See sei „das Herzstück des Platzes“. Die gesamte Anlage verlöre an Attraktivität, wenn der See komplett verlanden würde, Umsatz ginge verloren.
Durch die trockenen und heißen Sommer 2018 und 2019 sei sehr viel Wasser verdunstet, es habe viel zu wenig geregnet, und die Landwirtschaft entnehme zusätzlich Grundwasser für die Bewässerung der Felder. Zur Rettung des Sees hat Pfleging einen Plan: Das Gewässer soll um etwa 1,50 Meter tiefergelegt werden, sein Bett wieder näher an den sinkenden Grundwasserspiegel rücken. Im Herbst, so hat er es bei den zuständigen Behörden beantragt, soll der See leergepumpt und mit schwerem Gerät ausgebaggert werden. Noch liegt die Genehmigung nicht vor.
Banken spielten nicht mit
Gegründet wurde der Wochenendpark Rethbergsee als Campingplatz. Simon Pflegings Großeltern zogen von Borgfeld nach Tarmstedt, um auf dem Gelände eine Hühnerzucht aufzumachen. Doch die Banken spielten nicht mit, weil ihnen das Risiko zu groß erschien. Pflegings, die das Land bereits gekauft hatten, verlegten sich daraufhin auf die Blumenzucht, von der sie allerdings nur schlecht leben konnten. Dann hatte Kurt Pfleging die Idee, einen Ferienpark zu gründen und kleine Häuser zu bauen und zu vermieten. Auch hierbei machten die Banken nicht mit, gaben ihm jedoch den Tipp, einen Campingplatz zu eröffnen, das sei nicht so aufwendig.
Das hat funktioniert. Heute sind 170 Plätze an Dauercamper vermietet, und auf 150 Plätzen stehen Mobilheime oder feste Häuser mit einer Grundfläche von bis zu 60 Quadratmetern, zusätzlich sind kleine Nebengebäude wie Schuppen oder Carports erlaubt. Erst kürzlich hat der Tarmstedter Gemeinderat für einen letzten Teilbereich im sogenannten Neubaugebiet die Beschränkung auf 40 Quadratmeter aufgehoben. 20 Plätze werden vorgehalten für Durchreisende, die für einen oder mehrere Tage mit Zelt, Wohnmobil oder Wohnwagen kommen. „Und außerdem haben wir relativ viele Tagesgäste auch aus Lilienthal oder Fischerhude, die für 1,50 Euro Eintritt einfach mal zum Schwimmen und Sonnenbaden vorbeikommen“, erzählt Simon Pfleging. Zu den Besuchern zählten auch Kindergartengruppen und Schulklassen.
Als Geschäftsführer sitzen Vater und Sohn Pfleging zwar auch im Büro, doch sind sie die meiste Zeit auf der etwa 15 Hektar großen Anlage unterwegs. Pflegings kennen ihre Leute alle, man duzt sich, es geht familiär zu. Veranstaltungen wie Osterfeuer oder Erbsensuppenessen stärken die Gemeinschaft. 300 Parzellen gibt es, alle erschlossen mit Strom, Wasser, Abwasser. Auf Wunsch von Pächtern hilft Simon Pfleging schon mal beim Verlegen von Platten oder beim Aufbau eines Unterstands. „Alles Handwerkliche habe ich hier gelernt. Ich bin ja auf dem Platz groß geworden“, berichtet er. Außerdem gebe es stets einiges zu besprechen und zu regeln, da sei ein enger Kontakt zu den Bewohnern wichtig. Neu im Führungsteam ist Peter Schmidt, ein Freund der Familie. Und zwei langjährige Mitarbeiterinnen gibt es: Gudrun Haas, die für den Laden und sanitären Anlagen zuständig ist, sowie Sabine Küstermann, die sich um die Gaststätte und die Grünpflege kümmert.
Der 34-jährige Simon Pfleging hat nach dem Fachabitur in Zeven eine Ausbildung zum Speditionskaufmann in Breddorf gemacht, an die sich ein Studium der Wirtschaftspsychologie in Hamburg anschloss. „Ich habe Interesse an Menschen und an Wirtschaft“, begründet er die Wahl des Studienfachs. Was er dabei gelernt habe, sei in seinem derzeitigen Beruf sehr nützlich. „Wir haben hier eine große Bandbreite an Menschen, das reicht vom Handwerker bis zum Akademiker“, erklärt er. Da müsse er stets den richtigen Ton treffen, wenn es darum gehe, Dinge zu erklären. Simon Pfleging ist in der Regel von Montag bis Donnerstag und an 15 bis 20 Wochenenden im Jahr an seinem Arbeitsplatz in Tarmstedt anzutreffen. Die übrige Zeit verbringt er in Essen, wo er mit Frau und Tochter am Baldeneysee lebt.