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Stuhr-Heiligenrode Schokolade für die Pferdeseele

Stuhr-Heiligenrode. Frische Luft, die Gesellschaft von Artgenossen und einen kleinen Unterstand – viel mehr brauchen sie nicht, die Islandpferde auf dem Hof Kasperczyk, um glücklich zu sein. Auch nicht jetzt im Winter.
31.01.2017, 00:00 Uhr
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Von Ina Friebel

Stuhr-Heiligenrode. Frische Luft, die Gesellschaft von Artgenossen und einen kleinen Unterstand – viel mehr brauchen sie nicht, die Islandpferde auf dem Hof Kasperczyk, um glücklich zu sein. Auch nicht jetzt im Winter. Die robusten Tiere mögen die Kälte ohnehin lieber als die Hitze. Die Spitzen ihres langen, dicken Winterfells sind weiß eingefroren. Zufrieden kauen die Pferde auf dem Heu herum, das Monika Kasperczyk ihnen hinhält.

Obwohl die Isländer der 48-Jährigen und ihres Mannes Frank Kasperczyk, Inhaber des Pferdehofes, von Natur aus genügsam sind, genießen sie auch die Wellnessbehandlungen, die der Hof seit kurzem bereithält. Wallach Haffari steht unter einem Pferdesolarium – von oben wird er mit Rotlicht bestrahlt. Das Pferd scheint etwas skeptisch zu sein, dennoch lässt er seinen Rücken von dem Licht wärmen. Das entspannt die Muskeln, fördert die Durchblutung „und ist gut für die Seele, wie Schokolade fürs Pferd“, sagt Monika Kasperczyk mit einem Blick auf ihren Liebling. Vor allem im Winter, wenn die Pferde nass von draußen kommen oder verschwitzt sind, können sie sich unter dem Solarium entspannen.

Ein weiteres Wellnessangebot auf dem Hof ist die Sole-Inhalationsbox. Darin können die Pferde solehaltige Luft mit Mineralstoffen einatmen. „Eine kurzzeitige Simulation von Meerluft“, erläutert Monika Kasperczyk. Das hilft vor allem Pferden mit Lungen- oder Hautproblemen. „Gleichzeitig ist es eine Art Doping“, so Kasperczyk weiter. „Der Sauerstoff in konzentrierter Form pusht.“ Deshalb profitieren auch Sportpferde oder Tiere im Fellwechsel von der Behandlung. Anschließend geht es für die Patienten in die sogenannte Führanlage. Der Name ist Programm: Das Gerät „führt“ die Tiere im Kreis voran. Wenn sie aus der Sole-Box kommen, tut die Bewegung gut. „Dann können sie abhusten, die Bronchien erweitern sich und der Stoffwechsel wird angeregt“, so Kasperczyk. Die 48-Jährige weiß, wovon sie redet. Sie ist Pferdedentistin und Tierheilpraktikerin.

Nicht nur die Pferde von Frank und Monika Kasperczyk und deren Einsteller profitieren vom Wellnessprogramm, auch andere Pferdebesitzer können ihre Tiere zur Behandlung auf den Hof bringen. „Einige Leute kommen regelmäßig, andere lassen ihr Pferd drei bis vier Monate bei uns oder bringen es zur Pflege, während sie im Urlaub sind“, erzählt Monika Kasperczyk.

Seit 23 Jahren ist der Hof unter der Führung von Frank Kasperczyk. Der hat ihn von seiner Familie übernommen. Seit 1972 gibt es den Pferdehof in Heiligenrode. Begonnen hat alles mit einem Urlaub auf Island. Der Bauunternehmer Franz Kasperczyk war mit seiner Familie auf die nordische Insel gereist. Dort sahen sie die kleinen Pferde und es war um sie geschehen. Die Kasperczyks, die vorher nichts mit Pferden zu tun gehabt hatten, nahmen gleich sieben Isländer mit nach Deutschland. Mit dem Schiff wurden die Tiere nach Hamburg gebracht. Kurze Zeit später begann die Familie mit der Zucht, die vor vier Jahren allerdings eingestellt wurde.

Mittlerweile ist die Region um Bremen herum eine Hochburg der Islandpferde. „Viele große Höfe mit 40 bis 50 Tieren“, erzählt Monika Kasperczyk und ergänzt: „Alle umliegenden Höfe haben ihren Ursprung bei Franz Kasperczyk.“ Die Betreiber hätten die Pferde hier kennengelernt und sich ebenso wie der Hofbetreiber in die Tiere verliebt. Auf dem Hof der Familie Kasperczyk leben 18 eigene Isländer, 35 Einsteller und fünf Pferde anderer Rassen. 100 Schüler kommen pro Woche, um auf den Pferden zu reiten.

Jedes Islandpferd hat einen landestypischen Namen. Darauf legen die meisten Besitzer großen Wert. Während Mjallvhit und Solfari Heu auf dem Paddock mümmeln, lässt sich Haffari im Solarium aufwärmen. „Haffari bedeutet König der Abenddämmerung“, erläutert Monika Kasperczyk und ergänzt: „Die Pferde haben isländische Namen, weil man als Besitzer oder Züchter sehr stolz auf sein Tier ist und die Tradition erhalten möchte.“

Eine weitere Besonderheit der Rasse sind die fünf Gänge, die die Pferde beherrschen. Neben den Grundgangarten Schritt, Trab und Galopp beherrschen sie Tölt und Pass. „Tölt ist schneller Schritt, der sich durch seine Rückenfreundlichkeit auszeichnet und Pass ist die Königsdisziplin des Isländers“, erklärt Monika Kasperczyk. Beim Pass rennen die kleinen Pferde, sodass es beinahe aussieht, als würden sie fliegen.

„Isländer haben ein umgängliches Wesen, sind lauffreudig im besten Sinne und gehen nicht durch“, schwärmt Monika Kasperczyk. Die Pferde seien für viele Besitzer ein Teil der Familie. „Obwohl sie so ursprünglich sind, sind sie sehr menschenbezogen“, sagt die 48-Jährige und macht sich auf den Weg, um ihren Haffari aus dem Solarium zu holen und zurück auf die Koppel zu bringen.

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