Mit vertrauten Schritten läuft Wilhelm Voigt durch das Labyrinth an schmalen Gängen. Vorbei an etwa 70 Volieren geht es, wie sein Sohn Carsten später erzählen wird, vorbei an gut 300 Sittichen. Die sorgen für die – den Voigts sehr wohl vertraute – Geräuschkulisse in dem weitläufigen, verwinkelten Komplex auf einem Grundstück im Rieder Ortsteil Felde, den man von der Straßen aus nicht erahnen würde.
Vor einem Paar rötlicher Bourkesittiche bleibt der 65-Jährige stehen. Und er fängt an zu erzählen – davon, wie er vor 23 Jahren Vorsitzender des Vogelliebhabervereins Kirchweyhe und Umgebung wurde. Der damalige Vorsitzende Hermann Isensee sei damals erkrankt und er schon sein Stellvertreter gewesen. „Einer muss den Job ja machen“, sagt er nüchtern. Aber wie kam es eigentlich dazu, dass er sich als Rieder 1989 dem Kirchweyher Verein anschloss, der als Ortsgruppe der Vereinigung für Artenschutz, Vogelhaltung und Vogelzucht (AZ) nun genau 50 Jahre besteht? Auch hier fällt seine Antwort ganz pragmatisch aus: In seinem Heimatort gebe es schlichtweg keinen Züchterverein.
Redseliger, romantisch gar wird Wilhelm Voigt, als er danach gefragt wird, was die Vogelzucht für ihn ausmacht. „Man geht so durch die Reihen, sieht die schönen Vögel, da ist der Alltagsstress verschwunden“, erzählt er. Als er noch berufstätig war und als Werkstattleiter in einem Stahlbaubetrieb arbeitete, habe er schon „immer ein bisschen was im Kopf“ gehabt. Um den frei zu bekommen, folgte der abendliche Gang zu seinen Tieren.
Mindestens 14, 15 Stunden pro Woche verbringe er schätzungsweise mit denen. „Sie wollen schließlich jeden Tag gefüttert werden. Und die Nistkontrollen kommen noch hinzu“, sagt er. Es sei eben ein arbeitsintensives Hobby. Gerade deshalb eignet es sich seiner Ansicht nach aber gut für Kinder: „Die lernen, was es bedeutet, eine Verpflichtung einzugehen.“
Der Nachwuchs scheint zumindest bei seinem Verein, vor dieser Verantwortung nicht zurückzuschrecken. Junge Mitglieder zu finden, sei noch kein Problem, kann er vermelden. „Viele Vereine sind überaltert. Aber bei uns stimmt die Mischung“, findet der Vorsitzende Voigt und verweist auf die knapp 30 Mitglieder im Alter von sieben Jahren bis Mitte 70. Die meisten kommen ihm zufolge aus Weyhe, aber auch welche aus Bassum, Syke oder Thedinghausen sollen dabei sein.
Zur „mittleren Generation“ bei den Kirchweyher Vogelliebhabern gehört mit seinen 39-Jahren deren Ausstellungsleiter, Carsten Voigt. Er ist mittlerweile auch schon seit 25 Jahren Mitglied und kümmert sich um die Organisation der Schauen, wie die am kommenden Wochenende (siehe Kasten). Und er glaubt einen Grund zu kennen, warum anderen Ortsgruppen die neuen Mitstreiter fehlen: „Die Auflagen von Land und Bund sind für Züchter schon recht hoch, das macht den Start für Einsteiger schwierig.“
In Sachen Volierengröße, das betont sein Vater, habe er die Vorgaben bei sich sogar übererfüllt – wenngleich er Gesamt-Quadratmeterzahlen nicht preisgeben möchte. Geld verdiene er mit seinen Züchtungen auch nicht, stellt er klar. Die entspannenden Abende bei seinen Vögeln sind Wilhelm Voigt Lohn genug. Unbezahlbar für ihn auch die Zeit in der Gemeinschaft mit Gleichgesinnten – bei gegenseitigen Besuchen, Ausflügen oder den Treffen immer am ersten Freitag des Monats im Gasthaus Spreekenhoff in Syke-Gessel. Dort geht es ganz ohne Gezwitscher auch ruhiger zu als inmitten seiner Volieren. Und verlaufen kann man sich auch nicht.
Wer sich für den Verein der Vogelliebhaber Kirchweyhe interessiert, erhält weitere Informationen beim Vorstand. Wilhelm Voigt ist telefonisch zu erreichen unter 0 42 94 / 8 93, sein Stellvertreter Heino Kattau unter 0 42 41 / 97 07 77.
Die Jubiläumsschau
◼ Mit etwa 350 Ausstellungsvögeln rechnet der Vogelliebhaberverein bei der großen Schau in seinem Jubiläumsjahr am kommenden Sonnabend, 3. Oktober, von 14 bis 18 Uhr sowie Sonntag, 4. Oktober, von 10 bis 17 Uhr. Veranstaltungsort ist das Autohaus Mühlenhort an der Syker Straße 2a (B 6) in Erichshof. Bewertet werden Kanarien, Großsittiche, Exoten, Schau- und Farbenwellensittiche sowie Wildvögel. Höhepunkt sollen nach Angaben der Organisatoren die Neophemen-Sonderschau sowie die Ehrung des Meisters für den Landkreis Diepholz sein. Die Besucher erwartet außerdem eine kleine Vogelbörse, Cafeteria, Tombola sowie eine Volierenrahmenschau. Und natürlich wollen die erfahrenen Züchtern Interessierten Rede und Antwort stehen.