Kleine Kinder können durchaus Nerven kosten. Und Geld. Um die Betreuung der unter Dreijährigen sicherzustellen, hat die Stadt Achim in den vergangenen Jahren viele Millionen Euro in den Neubau von Kindertagesstätten investiert. Doch Kitas sind nur ein Baustein, um den Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz zu erfüllen. Eine wichtige Rolle spielen auch Einrichtungen der Kindertagespflege. In Achim sind nach Angaben der Stadtverwaltung aktuell 98 Kinder unter drei Jahren bei einem Tagesvater oder einer Tagesmutter untergebracht. Hinzu kommen weitere 35 Kinder im Alter zwischen drei und zehn Jahren.
Nach Einschätzung des Deutschen Städtetags werden die Kommunen noch lange auf diese zweite Säule der Kinderbetreuung angewiesen sein. Der kommunale Spitzenverband rechnet in den kommenden Jahren damit, dass deutschlandweit 230.000 Erzieher fehlen werden. Auch Achim sucht nach qualifiziertem Personal für die städtischen Kitas.
Ein Beispiel für den großen Bedarf an Betreuungsplätzen ist die Biografie von Ilka Godau. Vor zehn Jahren hat sich die heute 48-Jährige als Tagesmutter selbstständig gemacht. Die Betriebswirtin absolvierte die rund 200 Stunden Fortbildung zur Tagespflegeperson, entwickelte ein Betreuungskonzept und holte sich die notwendigen Genehmigungen vom Jugendamt des Landkreises Verden ein. Denn anders als bei Kitas sind nicht die Städte und Gemeinden für Kindertagespflege zuständig, sondern der Kreis.
50 Kinder, 13 Mitarbeiter
Fortan bot Godau in den eigenen vier Wänden in Uesen vier Plätze für Kinder an. Was dann passierte, "hätte ich auch nie gedacht", sagt sie heute. Die "Alpenwichtel", so der Name ihrer Tagespflege, umfasst mittlerweile vier Gruppen in eigenen Räumen in Baden. Godau beschäftigt 13 Mitarbeiter – Tagesmütter, Tagesväter und Erzieher, die sich um bis zu 50 Kinder pro Woche kümmern. Die hohe Zahl erklärt Godau mit geteilten Plätzen: Manche Kinder brauchen die Betreuung nur wenige Tage pro Woche. An den übrigen Tagen nutzt ein anderes Kind den Platz.
Auf den ersten Blick unterscheiden sich die Angebote der Tagespflege und der Kitas gar nicht so sehr. Eltern bringen ihre Kinder morgens in die Einrichtung und holen sie mittags oder nachmittags wieder ab. Die Gruppen frühstücken gemeinsam und es gibt ein Angebot zum Mittagessen. Je nach Anbieter variieren die pädagogischen Schwerpunkte. Die einen fördern besonders intensiv Kreativität, andere legen ihr Augenmerk auf Bewegung. Ilka Godau zum Beispiel verbringt mit den Kindern möglichst viel Zeit an der frischen Luft.
Ein Unterschied zwischen Kita und Tagespflege liegt beim Betreuungsschlüssel: Bis zu acht Kinder sind in einer Gruppe bei den "Alpenwichteln" von Ilka Godau zusammengefasst. Jede Gruppe wird von zwei Erwachsenen betreut: Tagesmütter, Tagesväter und Erzieher. "Es ist individueller", sagt Godau. In einer Kita kommen bis zu 15 Kinder auf drei Erwachsene - allesamt Erzieher. Und so lange die Mangelware sind, bleiben die Kommunen auf die Angebote der Tagespflege angewiesen.
Deutlich teurer als ein Krippenplatz
Für die Eltern hat die Tagespflege aber einen Haken: Sie ist deutlich teurer als ein Krippenplatz. Zwar können Eltern beim Landkreis eine Förderung beantragen – laut Godau derzeit 4,10 Euro pro Stunde –, doch die Differenz zu den Elternbeiträgen bei Kitas bleibt erheblich. Godau wünscht sich daher, dass die Stadt Achim sich ein Beispiel an den Nachbargemeinden nehmen würde, und den Eltern ihrerseits einen Zuschuss für die Tagespflege zahlt. Der Flecken Langwedel steuert seit vergangenem Sommer einen Euro pro Betreuungsstunde bei. Ein ähnliches Modell gibt es in der Samtgemeinde Thedinghausen.
"Ich habe kein Problem damit, dass wir ein bisschen teurer sind", sagt Godau. Doch bei der Wahl der Kinderbetreuung spiele das Finanzielle eben auch eine Rolle. Hinzu kommen viele andere Aspekte, etwa Standort und Konzept der Einrichtung oder die angebotenen Betreuungszeiten.
Warum die Stadt Achim die Tagespflege-Einrichtungen bislang nicht bezuschusst, kann das Achimer Rathaus auf Nachfrage nicht beantworten. Die Verwaltung kündigt aber an, diese Frage ergebnisoffen zu prüfen. Über einen Zuschuss als freiwillige Leistung müsste am Ende der Stadtrat entscheiden. Im Verdener Rathaus sieht die für Kinderbetreuung zuständige Mitarbeiterin Christiane Morré keine Notwendigkeit für einen Zuschuss. Von entsprechenden Überlegungen in der Allerstadt hat sie auch keine Kenntnis.