Das ein oder andere Tränchen floss am Vormittag bei den Kindern in der Kita der Lebenshilfe in Bierden schon. Das hatte aber nichts damit zu tun, dass die Kleinen wütend oder traurig waren. Im Gegenteil. Aus allen Gruppenräumen schallte am Mittwoch fröhliches Lachen. Für die Tränen waren lediglich die Zwiebeln verantwortlich, die die Kinder an diesem Vormittag für ihr gemeinsames und selbst zubereitetes Mittagessen schnippeln mussten. Die Raben-Gruppe machte zum Beispiel frischen Salat, die Frösche gesunde Spieße und die Mäuse Kräuterquark, selbstgemachten Ketchup und Kartoffeln.
Schließlich sollte das Frühlingsfest, das die Einrichtung an diesem Tag mit ihren Kindern beging und bei dem gleichzeitig auch das Richtfest für das neue Kinderhaus im Garten gefeiert wurde, auch kulinarisch einen würdigen Rahmen haben. „Die Kinder haben gestern die Zutaten eingekauft und heute alles gemeinsam zubereitet“, erklärte die Einrichtungsleiterin Edith Rehling. Und auch wenn es dieses Mal ein besonderer Anlass war, so ist das gemeinsame und vor allem gesunde Kochen für die Kinder in Bierden mittlerweile nichts Ungewöhnliches mehr.
Projekt seit Anfang des Jahres
Seit Anfang des Jahres hat die Kita nämlich ein Projekt zur gesunden Ernährung etabliert. „Die Lebenshilfe hatte zuvor ein Verpflegungskonzept für ihre Einrichtungen erarbeitet und wir haben überlegt, wie wir das für uns hier vor Ort mit Leben füllen können“, sagte Rehling. Also machte die Erzieherin Kerstin Harders zunächst eine Fortbildung bei der Sarah-Wiener-Stiftung. Im Anschluss sei dann die Idee entstanden, dass jeweils einmal im Monat eine der Gruppen in der Bierdener Einrichtung für die anderen Kinder ein gesundes Essen zubereitet – das kann ein Müsli mit Obst und Flocken zum Frühstück oder auch eine Quarkspeise mit frischen Früchten sein. „Die Gruppe versorgt dann 70 Kinder mit gesundem Essen“, sagte Rehling stolz. Finanziell unterstützt wird das Projekt für ein Jahr auch von der Barmer, die 500 Euro für gesunde Lebensmittel zur Verfügung stellt.
„Wichtig ist, den Kindern zu zeigen, dass Essen gut schmeckt und gesund ist, wenn man es selber macht“, erklärte Harders. Und schon jetzt zeige sich bei den Kleinen eine Veränderung. „Sie sind viel eher bereit dazu, neue Dinge zu probieren. Denn das, was sie selbst gekocht haben, essen Kinder auch.“ Zudem zeige sich, dass auch die Kinder mit Unterstützungsbedarf sehr gut in das Projekt eingebunden werden können. Gemeinsam habe man in den vergangenen Monaten darüber hinaus beispielsweise auch schon eigene Kartoffeln und Kresse angebaut.
Die Sinne ansprechen
„Wir wollen mit dem Projekt den Kindern, aber auch den Eltern zeigen, wie umfangreich Kochen ist und welche Sinne damit alle angesprochen werden können“, sagte Harders. Es gehe um das bewusste Essen. „Und plötzlich werden die Kinder ganz mutig, probieren Lebensmittel, die sie zuvor noch nicht gegessen haben und erweitern so ihren Horizont“, schwärmte die Sozialpädagogin Jacqueline Buchholz. Und das würden die Kinder dann auch an ihre Eltern weitergeben. „Wir müssen die Kinder von gesunder Ernährung überzeugen und die überzeugen dann ihre Eltern.“
Dafür sei es jedoch wichtig, die Kinder selbst mit einzubeziehen. So dürfen sie beispielsweise auch selbst auswählen, welches Essen sie zubereiten wollen. Doch nicht nur in diesem Bereich dürfen sie mitreden. Auch ihr neues Kinderhaus, das durch Spenden der Eltern angeschafft werden konnte, können sie selbst gestalten. „Sie haben Modelle gebaut und in einer Kinderkonferenz stimmen wir ab, welche Ideen wir beispielsweise für die Inneneinrichtung umsetzen werden“, sagte Buchholz. Sichtlich stolz feierten die Kinder daher auch das Richtfest für das kleine Haus. Danach ging es dann an die große Essenstafel, die mittlerweile schon auf dem Hinterhof aufgebaut worden war. Genug Platz für all die gesunden Gerichte gab es dort allemal.