Der Niedersächsische Landesrechnungshof hatte auch der Stadt Achim seine Bestandserhebung zur Höhe der Investitionsrückstände in Niedersachsen mitgeteilt, die kürzlich von den Ratsfraktionen zur Kenntnis genommen wurde – auch der Stadtrat wird sich in seiner nächsten öffentlichen Sitzung an diesem Donnerstag, 16. Dezember, ab 19 Uhr im Kasch damit befassen. Der Bericht mit dem Titel "Haushaltsrisiken durch Investitionsrückstände" sei auf Achim übertragbar, hatte Stadtkämmerer Peter Hollwedel den Politikern erklärt. Seine Kollegen und er hatten aus dem Haushaltsjahr 2020 schließlich ganze neun Millionen Euro als Haushaltsreste in den aktuellen Haushaushalt übertragen müssen. Zum Vergleich: Der tatsächliche Investitionsrückstand in ganz Niedersachsen umfasste 2020 rund 20,7 Milliarden Euro.
Bei den meisten Kommunen, das hatte der Rechnungshof in Erfahrung bringen können, liegen die Schwerpunkte bei den Investitionsrückständen in den Bereichen Schulen und Straßen. Auch das ist in Achim nicht anders, unterstrich Peter Hollwedel. So machten von den neun Millionen Euro den Großteil die Bauprojekte aus. Dabei, so hatte es die Stadtverwaltung in einer Beschlussvorlage den Fraktionen erklärt, werden die gesetzlichen Vorgaben im Bau- und Vergaberecht sowie Beteiligungsverfahren bei Bauvorhaben "immer komplizierter, aufwendiger und zeitintensiver", der Bürokratieaufwand insgesamt nimmt demnach zu.
Obendrein ist die Situation in Achim die, dass die Stadt ihre eigene Infrastruktur ausbauen muss, um genügend Schul- und Kitakapazitäten anbieten zu können. Schließlich wächst die Stadt und muss deshalb eine Großzahl an Projekten realisieren. Aber: "Die eigenen Ressourcen müssen dafür bis an den Rand der Belastbarkeit und darüber hinaus gebracht werden. Bereits kleine Störfaktoren, wie Personalausfall oder zu geringe Zeit bei Arbeiten im Bestand, führen dann zu Projektzeitverzögerungen und in der weiteren Folge zur Bildung von Haushaltsresten". Im Bereich Straßenbau sei die Situation vergleichbar. Auch dort lägen diverse Städtebauprojekte an, die in der Planung begleitet werden müssen, die als Bestand laufend erneuert oder zukunftsorientiert erweitert werden müssen.
Ungleichgewicht in der Baubranche
Nach wie vor sei das Angebot- und Nachfragegleichgewicht in der Baubranche erheblich gestört, sodass diverse Bauprojekte durch fehlende Planungs- und Baufirmenressourcen nur verzögert erfolgen und verspätet abgerechnet werden können. "Die Gesamtbranche leidet auch unter einem erheblichen Fachkräftemangel", hält die Verwaltung dazu fest. Ein weiterer Grund für die hohen Haushaltsreste seien Fördergeldvorgaben, denn obwohl laut Projektablaufplan die Finanzmittel erst in späteren Jahren tatsächlich benötigt werden, müssten sie wegen der Vorgaben aus den Förderprogrammen schon eher über den städtischen Haushalt abgesichert werden. Als ein Beispiel führt die Stadtverwaltung das Projekt "Nördliche Innenstadt" an, zu dem auch die Bebauung der Lieken-Fläche gehört. Dort wird die Stadt selbst eine Kindertagesstätte und ein als Mobilitätsstation bezeichnetes Parkhaus bauen.
Die Kommunen in Niedersachsen hätten für alle Infrastrukturbereiche nennenswerte Investitionsrückstände gemeldet, aber mehr als die Hälfte entfielen auf die beiden Infrastrukturbereiche Straßen und Schulen. Dieses Bild wiederhole sich bei einer bundesweiten Betrachtung. "Hauptursachen für das Entstehen der Investitionsrückstände in allen Infrastrukturbereichen waren unzureichende Finanzmittel und fehlendes Personal", beschreibt die Stadtverwaltung die Lage. Die meisten Kommunen gehen demnach davon aus, dass die Investitionsrückstände in allen Infrastrukturbereichen künftig auf hohen Niveau stagnieren oder sogar noch steigen werden.
So habe der Landesrechnungshof festgestellt, dass die tatsächlichen Auszahlungen der Kommunen seit 2017 kontinuierlich gestiegen sind, allein im vergangenen Jahr um knapp 17 Prozent. "Trotzdem ist die Erhöhung nicht ausreichend, um der stetigen Zunahme der Investitionsrückstände entgegenwirken zu können". Die Untersuchung des Rechnungshofs zeigt auf, dass es eine deutliche Diskrepanz zwischen den geplanten und den durchgeführten Investitionen, zu denen nicht die Instandhaltungsmaßnahmen und Unterhaltungsleistungen zählen, gibt: Im Durchschnitt setzten die Kommunen nur 64 Prozent ihres geplanten Investitionsvolumens um. "Das lässt sich auch bei der Stadt Achim feststellen".