Die Ratsmitglieder Dörte Liebetruth und Richard Eckermann (SPD) hatten das neue Schienenpersonennahverkehrs (SPNV)-Konzept 2030plus der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG) kürzlich beiläufig erwähnt, doch es birgt eine große Überraschung für Kirchlinteln: Ab 2030 sollen die Züge in Richtung Bremen und Uelzen nämlich stündlich rollen. Für Pendler und Reisende wird Bahnfahren ab Kirchlinteln damit also noch attraktiver.
"Mit dem Konzept verfolgen wir das langfristige Ziel, sowohl die Fahrgastzahlen zu verdoppeln als auch den Deutschlandtakt in Niedersachsen umzusetzen. Auch im Korridor Bremen-Uelzen sehen wir Potenziale, sodass wir die Anbindungen noch attraktiver gestalten möchten", sagt eine Sprecherin der Landesnahverkehrsgesellschaft aus Hannover.
Klimafreundliche Züge
Mit dem Stundentakt zwischen Bremen und Uelzen sollen die Heideregion besser von diesen Städten aus erreicht und die beiden Taktknoten besser verknüpft werden. "Wir erhoffen uns dadurch auch kürzere Reisezeiten", so die LNVG. Voraussetzung für die Umsetzung sei jedoch eine gesicherte Finanzierung der zusätzlichen Zugfahrten und insbesondere der vom Bund geplante Ausbau der Strecke.
"Wir legen dieses Konzept jetzt vor, um die aktuelle Dynamik in der Debatte zu nutzen: Alle scheinen endlich verstanden zu haben, dass ins Schienennetz massiv investiert werden muss, damit mehr Züge fahren können. Deswegen brauchen wir für Niedersachsen das SPNV-Konzept 2030plus", betont Carmen Schwabl, Sprecherin der Geschäftsführung der LNVG.
"Davon unabhängig planen wir für die Strecke den Einsatz von sogenannten batterieelektrischen Fahrzeugen. Diese werden kein Kohlendioxid ausstoßen, zwei unterschiedliche Einstiegshöhen haben und besonders leise sein", erläutert eine Sprecherin der LNVG. Die Fahrzeuge existierten allerdings noch nicht, ein Beschaffungsverfahren laufe jedoch.
Fast 40 Jahre ohne Bahnhof
Der zusätzliche Halt in Kirchlinteln im Jahr 2026 sei ein "weiterer wichtiger Punkt zur Steigerung der Attraktivität des Bahnverkehrs zwischen Bremen und Uelzen". Durch den neuen Haltepunkt könnten ganz neue Räume erschlossen und das Mobilitätsverhalten vieler Bürger gerecht werden, betont die LNVG.
1873 hielt der erste Zug in Kirchlinteln. Viele Auswanderer nutzten damals die neue Bahnverbindung, um über die Nordseehäfen in die Vereinigten Staaten zu gelangen. Aus diesem Grund heißt die Linie im Volksmund immer noch Amerikalinie. Im vergangenen Jahr wurde die Trasse 150 Jahre alt.
Den Bahnhalt in Kirchlinteln gab es insgesamt 114 Jahre lang. 1987, im Kernort wurde gerade Rübenmarkt gefeiert, hielt der letzte Zug im Heidedorf. Das Bahnhofsgebäude wurde vor 20 Jahren von der Bahn an eine Privatperson verkauft.
Die Kirchlintler SPD-Fraktion machte sich in der Vergangenheit immer wieder für die Reaktivierung und Verlegung des Haltepunktes an die Kreepener Straße, sprich näher an der Ortsmitte, stark. Die Gemeinde Kirchlinteln hat zwischenzeitlich das Grundstück zwischen Friedhof und Weide erworben, das sogenannte Köhlersche Haus wurde abgerissen und das Planverfahren gestartet.
Noch zwei Jahre Geduld
Dort, wo sich momentan noch eine grüne Wiese befindet, sollen die künftigen Verknüpfungspunkte entstehen: zuerst 21 Pkw-Parkplätze (inklusive zwei E-Parkplätzen für Elektroautos und zwei barrierefreien Parkplätzen für Menschen mit Beeinträchtigungen) sowie 34 Fahrrad-Parkplätze (Fahrradbügel mit Überdachung). Wo nicht gepflastert wird, sollen kostengünstig Rasengittersteine für einen festen Untergrund sorgen.
12,5 Prozent der Kosten für die Errichtung der Verknüpfungsanlagen sollen von der Gemeinde Kirchlinteln getragen werden (rund 75.000 Euro), die verbleibenden 87,5 Prozent von der LNVG und dem ZVBN (Zweckverband Verkehrsverbund Bremen/Niedersachsen).
Zweistündlich fährt die Regionalbahn derzeit von Bremen über Achim, Langwedel, Visselhövede, Soltau und Munster nach Uelzen. In rund einer halben Stunde sind ÖPNV-Fans aus der Gemeinde Kirchlinteln ab 2026 planmäßig in der Wesermetropole, können auf ihrem Weg zum Hauptbahnhof beispielsweise auch in Mahndorf aus der Regionalbahn steigen und dort die Straßenbahn zum Weserpark nehmen.
Vorbild Dörverden
In Dörverden wurde der 1979 stillgelegte Bahnhof im Jahr 2000 als erste Station in Niedersachsen reaktiviert, in Kirchlinteln soll es zum Fahrplanwechsel 2026/2027 soweit sein. Die Reaktivierung des Bahnhaltepunktes sei für die Gemeinde ein wichtiges Zukunftsprojekt, betont Bürgermeister Arne Jacobs immer wieder und schiebt gern mit einem Augenzwinkern nach: „Bereits mein Vorgänger Wolfgang Rodewald hatte das Ziel, in seiner Zeit als Bürgermeister den Bahnhalt in Kirchlinteln einzuweihen. Nun wird es nicht einmal in meiner laufenden Amtszeit dazu kommen." Prognosen gehen davon aus, dass täglich bis zu 100 Fahrgäste den neuen Haltepunkt nutzen könnten.