Die Erinnerungen an den Absturz eines US-Bombers auf einem Feld bei Fischerhude sind auch fast 80 Jahre nach der Tragödie bei vielen Menschen allgegenwärtig. Etwa beim Fischerhuder Ortsarchivar Hans Blanken und seinem Bruder, dem Ortsbürgermeister Wilfried Mittendorf. Aber auch bei der Familie Arend aus Oyten, die familiäre Verbindungen zum Piloten des abgeschossenen Bombers der amerikanischen Luftwaffe vom Typ B-17F, Lawrence W. Kooima, unterhält. In der Nähe der Absturzstelle haben sich Mittendorf und Blanken jetzt mit Frederic Arend getroffen, um mit einer neuen Gedenktafel an das Unglück und Schicksal der zehn Besatzungsmitglieder zu erinnern, von denen sieben starben.
Was war passiert? Der 8. Oktober 1943 war ein sonniger Tag. Schwere viermotorige Bomber der US-Airforce belagerten den Himmel und zogen ihre Bahnen. Unter ihnen auch der besagte Bomber der 306th Bomb Group. An Bord die zehnköpfige Crew von Pilot Lawrence W. Kooima. Das Ziel war klar definiert: Ein Luftangriff auf das unter Beschuss stehende Bremen. Doch während andere an dem Angriff beteiligten Maschinen ihre Mission erfüllten, andere wiederum den Auftrag aufgrund technischer Defekte abbrechen mussten, erwischte es den Kooima-Bomber hart. Eine Bremer Flugabwehrkanone (Flak) hatte das Flugzeug getroffen. Der Bomber ging in einen unkontrollierbaren Sturzflug über und zog eine lange Rauchspur hinter sich her.
Schließlich stürzte das Flugzeug vor den Augen mehrerer Anwohner zu Boden und verursachte eine gewaltige Explosion. Trümmerteile lagen verstreut im Umfeld der Absturzstelle und boten ein Bild des Grauens. Aus dem schlammigen Untergrund ragten Beine und Arme der Toten heraus. Neben Pilot Kooima fanden die First Lieutenants Frank H. Crawford, Donald W. Berkey und Charles A. Cressy sowie die Sergeants Stanley J. Couvillion, Alvis W. Tinsley und Robert S. Weston den Tod. Drei der Besatzungsmitglieder waren abgesprungen, doch aufgrund der geringen Flughöhe konnten sich ihre Fallschirme nicht mehr rechtzeitig öffnen. Die Toten waren zunächst auf dem Quelkhorner Friedhof beerdigt und im April 1946 von einer Grab-Registrierungseinheit exhumiert, identifiziert und nach Amerika zur Umbettung überstellt worden. Nur drei Besatzungsmitglieder überlebten den Absturz, nachdem der damals 26-jährige Pilot Lawrence W. Kooima den Befehl zum Aussteigen gab.
Besuch aus Amerika
Im Jahr 2013 – 70 Jahre nach dem tragischen Ereignis – begab sich das kurz zuvor von Wilhelmshaven nach Oyten gezogene Ehepaar Brigitte und Manfred Arend auf Spurensuche und stellte Nachforschungen zum Fliegerabsturz an. Nicht ohne Grund, denn über mehrere Ecken besteht eine Verwandtschaft zur Familie des tödlich verunglückten Piloten. So stammt der Cousin von Manfred Arend, Clayton Arend, eigentlich aus Deutschland, lebt aber in Iowa. Claytons Schwiegersohn wiederum ist verwandt mit Lawrence W. Kooima. Mehrmals besuchte Clayton Arend bereits seine deutsche Verwandtschaft. Daraus ergaben sich immer wieder neue Erkenntnisse zu dem Bomberabsturz. Dass die Eheleute Arend schließlich Nachforschungen zum Fliegerunglück von Fischerhude anstellten, soll Claytons Wunsch gewesen sein.
Dabei stießen sie auf den Hobby-Flugzeughistoriker Jens-Michael Brandes aus Verden. Im Heimatkalender für den Landkreis hatte er bereits 2012 eine Chronologie zu diesem Thema veröffentlicht, und mit seiner Hilfe machten die Arends den ungefähren Ort des Absturzes aus. Mit Klaus Otten fanden sie sogar noch einen Augenzeugen des Absturzes. Damals ging eine pelzbesetzte Piloten-Lederjacke in den Besitz der Ottens über. „70 Jahre wurde sie in der Familie weitergereicht. Es ist nicht ganz eindeutig, ob es die Jacke von Lawrence ist, aber Hans-Werner Otten war bereit, sie Clayton zu überlassen“, erzählte Brigitte Arend. Es ist Zeit für die Jacke, nach Hause zu kommen, hatte Otten gesagt. Damit war Clayton Arends Besuch in Deutschland im September 2013 perfekt: Gemeinsam mit seinen deutschen Verwandten stellte er die Gedenktafel an der Absturzstelle auf, legte einen Kranz nieder und erhielt die Lederjacke bei einem sehr emotionalen Treffen.
Tafel zweimal zerstört
Mittlerweile ist auch Frederic Arend, der Sohn von Brigitte und Manfred Arend, tief in die Materie eingetaucht. Die Geschichte der Lederjacke, aber auch die der Gedenktafel berühren ihn. Die im September 2013 errichtete Gedenktafel verschwand nur wenige Monate unter ungeklärten Umständen, tauchte dann aber plötzlich wieder auf. Im Juli 2016 zerstörten und beschmierten Unbekannte jedoch die Tafel so akut, dass vom Text nichts mehr übrig war. Im September 2016 folgte ein erneuter Anlauf. Wieder wurde eine Gedenktafel aufgestellt, die im April erneut beschädigt und im Dezember des gleichen Jahres vollständig zerstört wurde. Nun hoffen die Initiatoren, dass sich die Tafel, die an ein schreckliches Ereignis erinnern soll, an ihrem Standort am Alten Fasten Weg in Ebbensiek hält. "Auch wir sind gelegentlich auf Radtouren in der Nähe und werden ebenfalls hin und wieder nach der Tafel schauen", verspricht Frederic Arend.