Anfang August machte das VSR-Labormobil auf dem Rathausplatz Station und nahm Wasserproben aus heimischen Brunnen zur Analyse entgegen. Jetzt liegen die Ergebnisse vor. "Wir mussten leider wieder Bürgern mitteilen, dass ihr Brunnenwasser zu viel Nitrat enthält. Viele Menschen kamen, in der Hoffnung, nicht von den Nitratbelastungen betroffen zu sein. Aber etwa jeder sechste Brunnenbesitzer wurde enttäuscht, weil der Grenzwert der deutschen Trinkwasserverordnung von 50 Milligramm Nitrat pro Liter in seinem Brunnen überschritten ist", sagt Sprecher Harald Gülzow. Insgesamt wurde das Wasser von 36 privat genutzten Brunnen aus dem Raum Dörverden, Verden, Kirchlinteln und Langwedel analysiert.
Intensive Landwirtschaft
Ein Grund für die hohen Belastungen ist aus Sicht des Vereins VSR-Gewässerschutz die Zunahme der intensiven Landwirtschaft. "Diese wollen viele Bürger inzwischen nicht mehr unterstützen und kaufen mehr Bio-Lebensmittel. Doch leider sind diese noch viel zu selten aus regionalem Anbau zu finden", so Gülzow. Dabei trage die ökologische Landwirtschaft nachweislich zur Verringerung der Nitratbelastung bei und verbessere die Qualität des Grundwassers deutlich. "Der VSR-Gewässerschutz fordert, dass der Bauernverband die Betriebe bei der Umstellung auf eine ökologische Landwirtschaft unterstützt und so zu einer gewässerschonenden Bewirtschaftung der Ackerflächen beiträgt", betont der Experte.
Den höchsten Nitratwert haben die Umweltschützer mit mehr als 121 Milligramm pro Liter (mg/l) in Walle festgestellt. Weitere stark belastete Brunnen fanden die Umweltschützer in Bendingborstel mit 85 Milligramm pro Liter und in Dörverden mit 101 mg/l. Am Informationsstand und auch bei der telefonischen Beratung hätten sich viele Brunnenbesitzer wütend über die hohen Nitratwerte in der Region gezeigt, fasst Gülzow die Reaktionen zusammen. Zum Vergleich: In den Jahren 2017-2019 lag der gemessene Nitratwert bei 68 Prozent der untersuchten privat genutzten Brunnen unter 25 Milligramm pro Liter. 23 Prozent der Proben zeigten einen Wert zwischen 25 und 50 Milligramm/Liter. Sieben Prozent lagen zwischen 50 und 100 Milligramm je Liter, und bei 1,4 Prozent lag der Nitratwert über 100 Milligramm/Liter.

Bei der Überprüfung des Wassers kommen moderne Messgeräte zum Einsatz.
Vielen Brunnenbetreibern sei erst durch ihr eigenes Ergebnis klargeworden, wie stark das Grundwasser in Teilen der Region bereits belastet sei. Gerade in Gebieten mit intensiv bewirtschafteten Ackerflächen sei eine hohe Belastung des Grundwassers mit Nitrat nachzuweisen. Dagegen stellt die Umweltschutzorganisation nach eigenen Angaben in Gegenden mit ökologisch bewirtschafteten Flächen geringere Nitratbelastungen im Grundwasser fest. Allerdings sei es nicht so, dass viel Dünger automatisch sofort zu erhöhten Nitratwerten führe. „Nitrat wird im Boden auch auf natürlichem Weg abgebaut. Das funktioniert aber nur, solange die Schwefeleisenverbindung Pyrit im Boden vorhanden ist“, erklärt Harald Gülzow die chemischen Abläufe. Als Abbauprodukt entstehe im Erdreich Eisen, das im Brunnenwasser nachgewiesen werden könne. „Viele Brunnenbesitzer, auch im Landkreis Verden, beobachten, dass ihr Brunnenwasser immer eisenhaltiger wird. Das ist ein Anzeichen für den Nitratabbau." Ein Beispiel für den Abbauprozess im Boden liefere das Emsland. Dort sei die Nitratbelastung in früheren Jahren wegen des Abbaus im Boden kein Problem gewesen, heute schon.
Bio aus der Region
Der Bauernverband habe viele Landwirte zu hohen Erträgen auf den Ackerflächen und immer größeren Massentierhaltungen gedrängt, was zu einer Überdüngung der Felder geführt habe, kritisiert Susanne Bareiß-Gülzow, Vorsitzende des Vereins VSR-Gewässerschutz. Das müsse sich dringend ändern. „Es kann nicht das Ziel der Landwirtschaftsverbände sein an den bisherigen Praktiken festzuhalten und hauptsächlich Lebensmittel in einer intensiven Landwirtschaft mit viel Dünger und Pestiziden zu produzieren. Diese Lebensmittel sind dann hauptsächlich für den Weltmarkt bestimmt, wo die Preise immer weiter sinken. Die von vielen Bürgern bevorzugten Bio-Produkte müssen dagegen importiert werden." Dabei habe die Landwirtschaft ein großes Potenzial, die produzierten Bio-Lebensmittel aus der Region selbst zu vermarkten.
"Der größte Gewinner wäre die Umwelt, denn durch die schonende Bearbeitung der Ackerflächen werden Boden, Klima und Gewässer geschützt", betont Susanne Bareiß-Gülzow. Dies sei auch eine Grundvoraussetzung für eine Zunahme der Artenvielfalt. Und das sei vielen Bürgern auch wichtig, wie die Gespräche am Informationsstand des Labormobils gezeigt haben. Die intensive Landwirtschaft belaste das Grundwasser zu stark mit Nitrat. Dieses sickere den Bächen und Flüssen zu, wo es zu einem erhöhten Algenwachstum komme. "Der Lebensraum vieler bedrohter Arten werde dadurch zerstört", erklärt Susanne Bareiß-Gülzow.