Um einen finanziellen Engpass zu überbrücken, brauchte er Geld und suchte nach einer lukrativen Nebentätigkeit. Über ein Inserat in einem bekannten Kleinanzeigen-Portal geriet er ausgerechnet in das kriminelle Räderwerk einer großangelegten Geschäftsmaschinerie mit Gold-Fakeshops im Internet. Der junge Kaufmann aus dem Münsterland ließ sich einspannen und verdiente auch tüchtig – bis die Polizei an seinem Hauptarbeitsplatz erschien. Am Dienstag ist der 28-Jährige vom Landgericht Verden wegen 100 Fällen des gewerbsmäßigen Betruges und 14 Fällen des Betrugsversuchs zu einem Jahr und neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden.
Die Zeit, in der er für einen, vielleicht auch mehrere Drahtzieher fleißig im Einsatz war, liegt rund vier Jahre zurück. Zwischen Mai und Mitte Dezember 2017 agierte er nach den Feststellungen der 10. großen Strafkammer überwiegend als Mittäter und leistete „wesentliche Bestandteile“ beim Verkauf vermeintlich günstigen Goldes. In einigen Fällen arbeitete er auch auf eigene Rechnung, warb selbst sogenannte Finanzagenten an und kassierte dadurch letztlich einen erheblichen Teil seines „Lohns“ von insgesamt 35.000 Euro. Der Schaden, der bundesweit durch die aktenkundigen Betrugstaten unter seiner Mitwirkung entstand, beläuft sich unterm Strich auf rund 660.700 Euro.
Auf etwa 2,5 Millionen bezifferte die Staatsanwaltschaft den Gesamtschaden, der im genannten Zeitraum durch die Machenschaften der oder des Haupttäters und angeheuerter Helfer entstanden ist. Man geht von rund 400 Fällen aus, in denen Personen mit enormen Rabatten und Vorzugspreisen für Gold angelockt wurden, Bestellungen vornahmen, die verlangten Summen überwiesen – und niemals Goldmünzen, -barren oder sonstiges Edelmetall geliefert bekamen. Zu den Geschädigten mit den höchsten Einzelverlusten gehörten „Goldgräber“ aus dem Landgerichtsbezirk Verden. Ein „Kunde“ aus Syke (Kreis Diepholz) büßte 24.000 Euro, ein weiterer aus Dörverden (Kreis Verden) fast 21.000 Euro.
Die Hauptaufgabe des rundum geständigen Angeklagten war es, noch zögerliche Goldinteressenten telefonisch auf Zack zu bringen. Diese hatten zwar in der Regel schon geordert, aber noch nicht gezahlt. Dem freundlichen Anrufer lagen ihre Bestellungen und entsprechende Daten vor, und es gelang ihm in eben 100 Fällen, die Fake-Verkäufe zum Erfolg zu führen. Die Telefonate sollten „den Anschein der Seriosität erwecken“, hieß es in der Urteilsbegründung, den Bestellern verdeutlicht werden, dass „echte Personen“ sich ihrer annahmen. Dem jungen Mann lag beziehungsweise liegt das Reden. Das habe man bei der Einlassung bemerkt, so der Vorsitzende Richter.
Kammer nimmt Angeklagten Unwissenheit nicht ab
In dem auf Vorkasse basierenden Betrugssystem habe der Angeklagte eine wichtige Rolle eingenommen und irgendwann auch begonnen, auf eigene Faust Geschäfte in Gang zu bringen. Er habe quasi „den Oberbetrüger auch betrogen“. Dass er zunächst nicht gewusst haben will, auf was er sich eigentlich eingelassen hatte, nahm ihm die Kammer nicht ab. Allein die Tatsache, dass er für „wenig Arbeit so viel Geld“ bekommen habe, hätte ihn stutzig machen müssen. Ebenso die erste Zahlung, die er über einen US-amerikanischen Anbieter von Auslandsüberweisungen erhalten habe. Das Strafmaß basierte auf einer „Verständigung“. Zwei der 21 Monate gelten wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung als bereits vollstreckt.