Mal wieder herrscht Corona-Chaos. Bund und Länder beschließen neue Verordnungen, die nun umgesetzt werden müssen, obwohl die erforderlichen Strukturen vor Ort so schnell gar nicht geschaffen werden können. Dass bisher so wenige Impfkapazitäten und noch viel weniger Schnelltest-Möglichkeiten vor Ort im Landkreis Verden zur Verfügung stehen, liegt ebenfalls an den wenig weitsichtigen Entscheidungen auf höherer Ebene. Ausbaden müssen dies die Menschen vor Ort – jene, die beruflich oder ehrenamtlich mit Infektionen, Corona-Tests und -impfungen befasst sind und natürlich alle, die sich impfen lassen wollen sowie sich testen lassen müssen.
Immerhin nimmt an diesem Sonnabend, 4. Dezember, bei Dodenhof in Posthausen neben der Impfstelle am Kreishaus eine weitere Impfstation des Landkreises ihren Betrieb auf, aber auch diese muss erstmal auf Betriebstemperatur kommen. Dabei hatten Mahner wie Landrat Peter Bohlmann schon im Sommer davor gewarnt, die Impfzentren voreilig zu schließen. Dass der Kreis sich jetzt zusätzlich zum Containerdorf am Kreishaus für den Standort Posthausen und nicht etwa für Achim als größte Stadt entschieden hat, bedauert Bürgermeister Rainer Ditzfeld zwar, aber aus Sicht der Kreisverwaltung gab es dafür gute Gründe. Kreissprecher Ulf Neumann sagt, dass Posthausen das Ergebnis einer Abwägung ist, einen weiteren Standort im und für den Nordkreis zu schaffen. "Dort gibt es eine hohe Frequenz und optimale Bedingungen, alles passt", hält er fest und meint damit unter anderem eine große Halle mit einem beheizten Wartebereich.
Teststation unerwartet geschlossen
Auf eine harte Probe stellt dagegen Geschäftsleute wie Bürger, dass die 2Gplus-Regel nun auch für die Gastronomie und andere Bereiche des täglichen Lebens wie einen Friseurbesuch in Niedersachsen gilt – auch wenn am Freitag bekannt gegeben wurde, dass das "Plus" ab diesem Sonnabend für Menschen, die bereits ihre Auffrischimpfung erhalten haben, nicht mehr notwendig ist. Denn noch sind Schnelltesttermine im Kreis Verden extrem schwierig, mitunter gar nicht, zu bekommen, die wenigen Teststationen, die bislang reaktiviert werden konnten, sind ausgelastet.
Oder überlastet. Oder sie öffnen gar nicht erst – wie das Testzentrum von Ecocare an der Bremer Straße in Achim am Freitagvormittag. Es war bereits das zweite Mal in dieser Woche. Vereinbarte Termine wurden kurzfristig storniert, entfielen ersatzlos. Ecocare erklärte auf Nachfrage: "Aufgrund noch nicht geklärter Umstände hat der verantwortliche Mitarbeiter die Teststelle nicht wie geplant in Betrieb genommen." Das Unternehmen entschuldigt sich bei den Bürgern für die Unannehmlichkeiten, löste aber auch bei der Stadtverwaltung Stirnrunzeln aus. Die, so kündigt es Rathauschef Ditzfeld an, werde in Kürze über neue Testmöglichkeiten im Stadtgebiet informieren.
Gastronomin hilft sich selbst
Ebenso wie die offiziell anerkannten Teststellen dürfen Geschäfte, Gastronomen und Dienstleister, so sie denn die Zeit und die personellen Ressourcen dafür haben, einen unter ihrer Aufsicht absolvierten Selbsttest höchst offiziell bescheinigen. Dafür hat das Land Niedersachsen einen Vordruck online bereitgestellt, der dann auch 24 Stunden Gültigkeit besitzt, nachdem er ausgefüllt und das negative Ergebnis bestätigt wurde. Diesen Weg geht jetzt auch Corinna Peters vom Fährhaus am Streek in Thedinghausen, weil sie nach "90 Prozent Stornierungen in den letzten Tagen" keinen anderen Ausweg sieht, wie sie erzählt.
Die Gastronomin hatte Glück und konnte 300 Corona-Schnelltests besorgen, hat am Freitag ein Zelt aufgebaut und bietet ihren Gästen dadurch die Gelegenheit, an einen der begehrten und beaufsichtigten Tests zu kommen, um die 2Gplus-Regel zu erfüllen. "Meine Kollegen machen das jetzt auch so", sagt sie. Schließlich sei es nahezu unmöglich, derzeit einen Testtermin irgendwo zu erhalten – eine Erfahrung, die nicht nur sie derzeit machen muss. Einfach ist es auch nicht, vor Ort Selbsttests kaufen zu können. Zumal nicht jede Einrichtung oder jedes Geschäft, wo 2Gplus Anwendung findet, die Anschaffung für die Kunden übernimmt und auch die Kosten müssen individuell geregelt werden.
"Diese Selbsttests unter Aufsicht sind in Gegenwart des Veranstalters oder Dienstleisters für die Einhaltung der 2Gplus-Regel zulässig, wenn sie draußen vor der jeweiligen Einrichtung abgenommen werden", sagt Berit Härthe, Leiterin des Verwaltungsdienstes Corona des Landkreises Verden. Jeder Betrieb und jede Einrichtung müsse sich an die aktuelle Corona-Verordnung halten, dürfe aber laut Hausrecht eigenmächtig strengere Regeln anwenden. Das jedoch kann zum ganz praktischen Problem werden, wenn das in der Berufswelt geltende 3G auf eine Einrichtung mit 2Gplus-Regel trifft. Bedeutet: Ein voll geimpfter Maler, der beispielsweise in einem Altenheim eine Wand streichen soll, müsste dann zusätzlich einen beglaubigten negativen Corona-Schnelltest nachweisen, der nicht älter als 24 Stunden ist.
Probleme für die Berufswelt
Wenn der Maler aus dem Beispiel diesen Schnelltest nicht direkt bei dem Auftraggeber, also hier dem Altenheim, absolvieren kann und das Altenheim als Kunde keine Ausnahme der 2Gplus-Regel machen möchte, muss der Handwerker vorher einen Termin in einem Testzentrum auch tatsächlich pünktlich sowie rechtzeitig bekommen oder kann sich im Beisein seines Arbeitgebers testen. Der kann zusätzlich jemanden aus der Firma bestimmen, der Corona-Selbsttests der Mitarbeiter beaufsichtigt und schriftlich bestätigt. Das funktioniert allerdings nur in Präsenz – was wiederum in Unternehmen, die derzeit dem Homeoffice-Gebot unterliegen, zu Problemen führt. Etwa in Zweigstellen müssen die Kollegen, die eigentlich nicht aufeinandertreffen sollen, sich jeweils mit dem Test-Beauftragten vor Ort zusammenfinden, der dann je nach Teamgröße jedem Mitarbeiter dazu zusehen muss, wie dieser sich das Stäbchen in die Nasenlöcher schiebt, um ihm nach der Wartezeit das Testergebnis quittieren zu können. Auch können Arbeitgeber ihren Beschäftigten generell eine Bestätigung über deren Impfstatus ausstellen, die sie beim Kunden vorzeigen können.