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Verdener Landgericht Trickbetrüger zu Haftstrafen ohne Bewährung verurteilt

Das Verdener Landgericht hat drei Trickbetrüger zu Freiheitsstrafen ohne Bewährung verurteilt. Sie hatten eine Frau aus Hoya um 23.500 Euro betrogen. Trotz Verurteilung wurden zwei Haftbefehle aufgehoben.
29.08.2024, 15:35 Uhr
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Von Angelika Siepmann

Was sie am sechsten und letzten Verhandlungstag erfuhren, dürfte ihnen nicht gefallen haben. Die drei Verdener, die Mitte Januar dazu beigetragen hatten, dass eine Frau in Hoya insgesamt 23.500 Euro einbüßte, sind zu Freiheitsstrafen ohne Bewährung verurteilt worden. Die zehnte Große Strafkammer des Verdener Landgerichts erkannte bei den Angeklagten auf besonders schweren Betrug sowie dem Versuch eines solchen. Die Haftbefehle gegen zwei 25-Jährige, die seit siebenhalb Monaten in Untersuchungshaft saßen, wurden aufgehoben.

Mehrfach vorbestraft

Dass sie – vorerst – auf freien Fuß gelangten und nicht in die Justizvollzugsanstalt Bremervörde zurückkehren brauchen, löste bei den Angeklagten und vor allem bei den anwesenden Familienangehörigen und Freunden Erleichterung aus. Das Gericht hat auch in diesem Punkt anders entschieden, als es die Staatsanwaltschaft für angebracht hielt. Der Vertreter der Anklagebehörde hatte zudem höhere Haftstrafen gefordert und war sowohl von bandenmäßigem als auch gewerbsmäßigem Betrug ausgegangen. Eine derartige Vorgehensweise ließ sich aus Sicht der Kammer aber nicht feststellen.

Alle drei Angeklagten seien aber zweifellos in verschiedener Funktion in das Tatgeschehen eingebunden gewesen. Zwei 25 und 29 Jahre alte Brüder erhielten Haftstrafen von jeweils zwei Jahren und vier Monaten. Der Staatsanwalt hatte drei beziehungsweise dreieinhalb Jahre für angemessen gehalten. Drei Jahre lautete dagegen das Strafmaß für einen ebenfalls 25-Jährigen aus Dauelsen, der sich als Fahrer verdingt hatte und zur Überzeugung der Richter sehr wohl wusste, worauf er sich eingelassen hatte. Wie seine Mittäter ist er mehrfach, auch einschlägig vorbestraft. Bei ihm kam erschwerend hinzu, dass er zur Tat unter laufender Bewährung stand. Er war erst vor gut einem Jahr wegen vielfachen Betruges verurteilt worden.

Falscher Kripomitarbeiter

Ein weiterer Bruder der beiden Verdener hat nach den Ermittlungen sowie dem umfassenden Geständnis des 25-Jährigen im Hintergrund die Fäden gezogen und die „erfolgreiche“ Betrugstat per Telefon aus der Türkei eingefädelt und organisiert. Der Ex-Verdener, auch kein unbeschriebenes Blatt, hatte die 67-jährige Frau in Hoya an jenem Sonntagabend auf ihrer Festnetznummer angerufen, sich als Mitarbeiter der hiesigen Kripo ausgegeben und der Rentnerin vom Einbruch einer rumänischen Bande in ihrer Nachbarschaft berichtet. Die Täter hätten es bestimmt auch auf ihre Wohnung abgesehen. Sie solle daher Bargeld und Wertsachen vorsichtshalber in polizeiliche Verwahrung geben, riet „Herr Müller“.

Der Anrufer habe sich „professioneller Methoden und Tricks“ bedient, hieß es, und vermutlich eine entsprechende Ausbildung erhalten. Die Frau war zunächst auf die perfide Betrugsmasche hereingefallen und hatte dem angeblichen Polizeibeamten treuherzig erzählt, sie habe 21.500 Euro da. Das Bargeld und auch noch zwei EC-Karten, die eigene und die ihrer im Haus lebenden Schwiegermutter, packte sie in einen Leinenbeutel und deponierte diesen weisungsgemäß an der Haustür. Wenig später war die gefüllte Tasche weg, Herr Müller aber immer noch in der Leitung.

Geld fließt in die Türkei

Bei der Frau überwogen nun die schon früh aufgekommenen Zweifel. Unter dem Vorwand, sie müsse ihr Telefon aufladen, legte sie auf – und rief die echte Polizei auf den Plan. Als sich der redegewandte Chef-Betrüger wieder meldete, berichtete die 67-Jährige ihm, sie habe noch weitere 20.000 Euro gefunden. Da habe der Drahtzieher „die Gelegenheit gewittert“, noch an mehr Geld zu gelangen, konstatierte das Gericht, und seine Brüder instruiert, noch einmal eine Fahrt nach Hoya zu organisieren.

Für die beiden 25-jährigen Komplizen endete die nächste nächtliche Tour mit der Festnahme. Der 29-Jährige geriet wenig später auch unter dringenden Verdacht, mitgemischt zu haben. Bei ihm wurden neben 700 Euro, die aus der Beute stammen sollen, die bereits verwendeten EC-Karten entdeckt. In Langwedel und Bremen waren damit noch am Tatabend je 1000 Euro beschafft worden. Die PIN-Codes hatte „Herr Müller“ der Frau nämlich so ganz nebenbei auch entlocken können. Der Großteil des ergaunerten Geldes wurde offenbar in die Türkei transferiert. Der Telefonist, der es für sich und möglicherweise weitere Mitstreiter beanspruchte, soll sich derzeit in seinem Heimatland in Haft befinden.

Trio haftet für Schaden

Das Gericht ging davon aus, dass die Geschädigte das Geschehen „ganz gut verkraftet“ habe und „nicht ruiniert“ sei. Dies wurde bei der Strafzumessung zugunsten der Angeklagten berücksichtigt. Der Älteste muss nicht nur für die 700 Euro geradestehen. Auch die übrigen 22.800 Euro unterliegen als „Wert des Taterlangten“ der Einziehung. Das Trio haftet gesamtschuldnerisch. Der Verteidiger des geständigen „Abholers“ hatte um eine Strafe im noch bewährungsfähigen Bereich nachgesucht. Für die anderen beiden Angeklagten sollte das Verfahren möglichst mit Freispruch enden – aus Mangel an Beweisen. Die Meinung der Anwälte mochte die Kammer aber nicht teilen.

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