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Probierstadt Verden Vom Pop-up-Store zur festen Adresse

Nach der Sommerpause wird sich die Verdener Politik mit einer Fortsetzung des Projekts "Probierstadt Verden" befassen. Drei Teilnehmerinnen erzählen, wie es ihnen ergangen ist.
16.08.2023, 14:40 Uhr
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Vom Pop-up-Store zur festen Adresse
Von Marie Lührs

Unter dem Titel "Probierstadt Verden" haben in den vergangenen Jahren immer wieder kleine Geschäfte in der City ihre Türen geöffnet. Die sogenannten Pop-up-Stores sollten dem Leerstand den Kampf ansagen. Leerstehende Geschäftsräume entlang der Großen Straße gibt es zwar auch nach Abschluss des Projekts. Doch einige der Pop-Upper haben sich inzwischen fest in der Innenstadt angesiedelt. Wirtschaftsförderer Fabian Fortmann und sein Kollege Julian Temme ziehen ein positives Fazit. Sollte sich der Stadtrat dafür aussprechen, könnte das Projekt auch weitergeführt werden. 

Im ehemaligen Laden von Fisch Bremer hatte Ingrid Prill im Frühjahr 2021 ihren Pop-up-Store für wenige Monate geöffnet. Das Geschäft sei so gut gelaufen, dass für die Künstlerin schnell klar war: "Ich brauche ein Atelier an der Großen Straße." Auf der Suche nach einer passenden Immobilie stieß sie schließlich auf einen ehemaligen Friseursalon. "Das war ein großer Glücksfall", erzählt sie. Im November 2021 feierte sie in den Räumen Eröffnung. Seitdem ist sie jeweils an den Markttagen in ihrem Atelier an der Großen Straße 96 anzutreffen.

Wirtschaftliche Herausforderungen

"Das erste Jahr lief super, doch dann brach alles in sich zusammen." Der Krieg in der Ukraine und die steigenden Preise wirkten sich auf die Kaufkraft potenzieller Kundinnen und Kunden aus. "Ich habe überlegt, ob ich zu naiv war", blickt Prill zurück. Da Originale naturgemäß recht hochpreisig sind, entschied sie sich, ihr Sortiment ein wenig zu erweitern. Kunstdrucke, Tassen, Magnete und Puzzle mit ihren Motiven sind seitdem ebenso in ihrem Atelier erhältlich wie die Ölgemälde. Und das neue Angebot zeigte bald Wirkung. "Die Leute kamen wieder rein", freut sich Prill. Künftig möchte sie ihre Kunst auch online vertreiben.

Beim Start im neuen Geschäft profitierte Prill von einem Förderprogramm der Stadt. Die bot Menschen, die sich in der City ansiedeln, wahlweise Finanzspritzen für Renovierungsarbeiten oder die Miete. Zunächst für fünf Jahre läuft Prills Mietvertrag. Sie ist froh, den Schritt gewagt zu haben. 

Angebot wird angenommen

Von der Unterstützung der Stadt haben auch andere profitiert, die sich nach ihrer Test-Phase im Pop-up-Store fest in der City niederließen. Eine von ihnen ist Tatjana Pohl. Auch sie hatte zwischenzeitlich im einstigen Fisch Bremer ihr handgeschöpftes Papier sowie zahlreiche weitere Papeteriewaren und Dekoartikel angeboten. Inzwischen hat sie auf Höhe des Verdener Rathauses ein kleines Ladengeschäft bezogen und ist froh über die Entscheidung. Das Angebot werde gut angenommen. Inzwischen gebe es schon einige Stammkundinnen und -kunden, die regelmäßig bei ihr zu Gast seien. 

Selbstgeschöpftes Papier ist in ihrem kleinen Geschäft mittlerweile rar geworden. Denn inzwischen verbringt sie viel Zeit im Laden und im Gegenzug weniger mit der Produktion eigener Papiersorten. Doch das Sortiment erfreue sich dennoch großer Beliebtheit. Und nicht nur den Kontakt zur Kundschaft genießt Pohl, auch der Austausch mit ihrer Nachbarin ist ihr wichtig.

Gute Nachbarschaft

Direkt neben dem Papeteriegeschäft hat sich eine weitere Pop-Upperin niedergelassen. Beate Hillwig vertreibt dort zahlreiche Artikel aus Alpakahaar. Hillwig war eine der Ersten, die sich an dem Probierstadt-Projekt beteiligten. Gemeinsam mit der Künstlerin Katja Priebe versuchte auch sie anfangs im einstigen Fischgeschäft ihr Glück. Die grün gefliesten Räume waren offenbar für viele Pop-Upper ein Erfolgsgarant: Priebe hat ebenfalls ein Atelier in der Innenstadt geöffnet. Nach einem Standortwechsel ist es im Sandbergviertel (Sandberg 21) zu finden. 

Mit Kleidung aus erster und zweiter Hand hat sich Sylvia Venema einen Traum erfüllt. Unter dem Titel "Beautiful Life" öffnete sie als dritte Pop-Upperin ihr Geschäft auf Zeit. Inzwischen hat sie eine feste Adresse und alle Hände voll zu tun. Dass sie es nicht nur bei der Probierphase belassen wolle, sei ihr schnell klar gewesen.

Dass momentan viele Menschen den Gürtel etwas enger schnallen, bekommt auch Venema zu spüren. "Qualität hat nun einmal ihren Preis", sagt sie. Und viele Menschen wollen oder können inzwischen nicht mehr 100 Euro für eine Bluse oder ein Kleid auf den Tisch legen. 

Neue Leerstände

Während die einstiegen Pop-Upper für ein wenig neues Leben in der Innenstadt sorgen, scheint andernorts der Leerstand weiter zu wachsen. Insbesondere das südliche Ende der Großen Straße hinterlässt bei vielen Menschen einen schlechten Eindruck. In direkter Nähe zum Dom reihen sich ein geschlossenes Lokal mit Brandschaden, ein verwaister Lederwarenladen, sowie weiterer Leerstand geradezu aneinander. Die Schließung eines Fachgeschäfts für Haarbedarf und des Spielwarenladens "Heike und Paule" haben in den vergangenen Monaten weitere Löcher gerissen. Doch auch andere Bereiche der City bleiben von Schließungen und Leerstand nicht verschont. 

Fabian Fortmann übt sich in Optimismus. Es habe immer wieder Veränderungen gegeben. Die ehemalige Subway-Filiale, in der nun ein Café beheimatet ist, die neue Targobank am Rathausvorplatz – nicht jeder Leerstand bleibe lange bestehen. 

Weitere Anfragen

Auch nach dem offiziellen Ende des Pop-up-Projekts gebe es immer wieder Anfragen bei der Stadt. Die Verwaltung arbeitet daher aktuell an einem Plan, das Programm weiterzuführen. Nach der politischen Sommerpause geht das Vorhaben in die Gremien. 

Elf Anbieter haben das Probierstadt-Projekt genutzt. Drei von ihnen wertet die Verwaltung als "klassische Zwischennutzung, die nicht auf eine dauerhafte Ansiedlung abzielte". Um sie bereinigt, sieht der nachhaltige Erfolg des Pop-up-Programms umso positiver aus: Von acht vorübergehenden Nutzungen, haben sich fünf fest etabliert – über 60 Prozent.

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