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Domgymnasium Verden Sinfonietta Aller-Weser: Überraschungen beim Konzert in Verden

Mit seltenen Werken und einem neuen Dirigenten verspricht das Ensemble ein unvergessliches Erlebnis. Der Vorstand ist sich sicher, dass Orchester und Publikum den Auftritt gleichermaßen genießen werden.
05.09.2025, 11:03 Uhr
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Von Susanne Ehrlich

45 Musiker und Musikerinnen aus der Region zwischen Oldenburg, Bremen und Hannover treffen sich derzeit jedes Wochenende in Verden an der Aller: Die Sinfonietta Aller-Weser bereitet ihr Herbstprojekt im Konzertsaal des Dom­gymnasiums vor. Am Sonntag, 28. September, wird das Orchester zum zweiten Mal unter dem Verdener Mu­sikpädago­gen, Cellisten und Dirigenten Michael Spöring spielen.

Eröffnet wird das Konzert von einer Heldenlegende: Die Balladen des Barden Ossian, der Heldenlieder aus alten Zeiten vortrug, waren zu Niels W. Gades Le­benszeiten äußerst beliebt. Der dänische Romantiker ließ sich von ihnen zu seiner Konzertouvertüre „Nachklänge von Os­sian“ inspirieren, die Edelmut, große Kämpfe und hehre Liebe in Klang setzt.

Überraschung für das Publikum

Die Slawischen Tänze op. 46 von Anto­nín Dvořák dürften dem Konzertpubli­kum wohlbekannt sein. Die Sinfonietta spielt die Tänze Nr. 1 in C-Dur und Nr. 4 in F-Dur. Sehr gerne interpretiert das Ensemble aus semiprofessionellen und erfahrenen Hobby-Musikern und -Musi­ke­rinnen Werke, die ganz zu Unrecht in Verges­senheit geraten sind. Und so stehen diesmal zwei Komponisten auf dem Programmzettel, die für das Publikum echte Überraschungen sein dürften: Das Concertino für Posaune und Orchester von Ferdinand David (1810-1873) gilt als Pflichtlektüre jeden Posaunisten und ist dem Spät-Klassizismus beziehungsweise der Frühromantik zuzuordnen. In jedem Fall lohnt es sich unbedingt, es zu entdecken.

Der ehemalige Verdener Domgymnasiast Marten Bötjer, der nach seinem Posaunen-Stu­dium in Berlin Akademist bei den dorti­gen Philharmonikern war, danach in Cottbus als Erster Posaunist wirkte und inzwischen die Position des Soloposau­nisten bei den Bremer Philharmonikern übernommen hat, wird in Verden zu Gast sein.

Auch der Franzose Louis Théodore Gouvy (1919-1898) ist bisher kaum be­kannt, doch gerade wird er von vielen Orchestern und auch im Rundfunk wie­derentdeckt. Er ist der Zeitspanne zwi­schen Klassik und Romantik zuzuord­nen. Für seine erste Sinfonie in Es-Dur voll selbstbewusster Eigenständigkeit und le­bensfreudiger Ausstrahlung konnte sich das Orchester auf Anhieb begeistern.

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Neuer Gastdirigent aus Verden

Karsten Dehning-Busse, langjähriger Stamm­dirigent der Sinfonietta, hat sich gesundheitsbedingt aus dieser Auf­gabe zurückgezogen. Vorstandsmitglied Birgit Mels­heimer gab bereits im Frühjahr bekannt, dass man von nun an mit wechselnden Dirigenten arbeiten wolle: "Es gibt einen ganzen Pool von möglichen Dirigenten, die das gerne tun würden." Neben Tillmann Benfer, Kirchenmusikdirektor im Ruhe­stand und langjähriger Honorarprofessor an der Bremer Hochschule für Künste, und Michael Spöring ist das zum Bei­spiel der ehemalige Domgymnasiast Ja­cob Gröper, der sich direkt nach dem Abitur im Jahr 2021 entschied, in Frei­burg das Studium der Orchesterleitung aufzunehmen. Mittlerweile leitet er dort zwei Orchester und wird als Gastdirigent für das Sinfonietta-Herbstkonzert 2026 viel Erfahrung mitbringen. Um die Zu­kunft der Sinfonietta muss man sich also nach Dehning-Busses Ausscheiden keine Sorgen machen.

Bereits seit vier Jahren ist das Verdener Domgym­nasium festes Probendomizil der Sinfo­nietta und Spielort für das alljährliche Herbstkonzert. Nachdem sich das Or­chester im Jahr 2007 gründete, fanden die Kon­zerte über viele Jahre abwech­selnd in Bruchhausen-Vil­sen und Lunsen statt. Dass Verden nach der Pandemie zum Stammsitz des Orchesters geworden ist, darf als erfreuliche Bereicherung des Kulturlebens in der Allerstadt gelten.

Noten aus Frankreich

„Die Sinfonie von Gouvy habe ich ganz zufällig im Radio gehört und dachte so­fort: ‚Was für eine tolle Musik!'“, er­klärte Spöring beim Pressege­spräch im Domgymnasium. Die Noten mussten eigens in Frankreich bestellt werden, wo der Komponist viel bekann­ter ist. „Die beiden slawischen Tänze mit dem großen Bläser-Aufgebot passen perfekt zu dieser Sinfonie.“ Zwischen Gouvy und seinem Zeitgenossen Niels W. Gade habe, weiß Spöring, eine Künstlerfreundschaft bestanden. Die 1795 „entdeckten“ Heldengesänge des Barden Ossian seien allerdings ein ech­tes Fake jener Zeit gewesen: Der Dichter James McPherson, der sich als der Ent­decker alter Überlieferungen feiern ließ, habe diese Texte in Wirklich­keit selbst verfasst. „Doch das tut der Größe der Musik keinen Abbruch“, so Spöring. Und Vor­standsmitglied Christian Melsheimer setzt lachend hinzu: „Wenn’s auch nicht stimmt, ist es trotzdem gut erfunden.“

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Ferdinand Davids Concertino nennt Vorstandsmitglied Christian Oberlinger „eine jugendliche, frische Musik“, die harmonisch perfekt zum übrigen Pro­gramm passe. Über sein Argument muss er selbst lachen: „Da haben wir Es-Dur, F-Dur und c-Moll, wenig Kreuze, das macht die Streicher zufrieden.“

Dass das nur ein Scherz ist, macht Vor­standsmitglied Britta Kiss deutlich: „Das ist alles ganz schön anspruchsvoll, da gibt es ’ne Menge zu üben. Aber das soll ja auch so sein.“ Insgesamt, so Oberlin­ger, sei es ein inhaltlich und atmosphä­risch harmonisches Programm, das dem Orchester sehr viel Spaß mache. „Wir sind ganz sicher, dass es dem Publikum ebenso gehen wird.“

Das Konzert der Sinfonietta Aller-Weser im Domgymnasium Verden, Grüne Straße 32, beginnt am Sonntag, 28. September, um 17 Uhr. Der Eintritt ist frei, um eine Spende wird gebeten.

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