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Interview „Wir setzen ökologische Standards“

Die Kritiker sind bei der geplanten Bohrung der Dea im Trinkwasserschutzgebiet in Scharnhorst in der Überzahl. Wir haben darüber mit einem Vertreter der Erdgasindustrie gesprochen.
15.01.2018, 17:14 Uhr
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„Wir setzen ökologische Standards“
Von Anna Zacharias

Herr Löwer, wie verfolgen Sie die Auseinandersetzungen über die geplante Erdgasbohrung der Deutschen Erdöl AG (Dea) im Trinkwasserschutzgebiet in Verden?

Christoph Löwer: Die Diskussion ist aufgeheizt, und darum finden wir es wichtig, sie zu versachlichen. Der Ruf nach Transparenz ist groß, und darum wollen wir mit den Menschen vor Ort ins Gespräch kommen. Die Vermittlung ist nicht einfach in einer Branche, hinter der eine komplexe Technologie steht. Gewisse komplizierte Abläufe sind in der Bevölkerung nicht zu verstehen. Da müssen und wollen wir uns mehr Mühe dabei geben, die Menschen abzuholen.

Können Sie die Ängste der Menschen in der Region verstehen, oder halten Sie sie für unberechtigt?

Ich kann verstehen, dass man kritisch eingestellt ist, wenn man die Berichte, auch aus anderen Ländern sieht. Und dann ist es unsere Aufgabe zu sagen: Wir arbeiten hier in Deutschland unter den weltweit härtesten Auflagen. Sie können mit dem Auto 300 km/h fahren, oder sie können 50 km/h fahren. Wenn es eine Geschwindigkeitsbegrenzung gibt, an die sich alle halten, ist das Risiko minimiert. Ich möchte die Situation nicht zu stark simplifizieren, aber vielleicht hilft das Bild zum Verständnis. Wir sind unter der strengen Aufsicht des Landesbergamts und anderer Behörden. Aber es gibt zudem auch eine sehr hohe Selbstverantwortung in der Industrie zu sagen: Wir müssen alles machen, was technologisch möglich ist, um auf die Umwelt und die Menschen vor Ort Rücksicht zu nehmen. Wir werden die gesellschaftliche Akzeptanz nur dann bekommen, wenn wir nachweisen, dass wir verantwortungsvoll planen.

Warum müssen wir in Deutschland überhaupt Erdgas fördern?

Man weiß, dass wir Erdgas noch eine ganze Weile als Energielieferant benötigen werden, weil die Alternativen in der benötigten Menge noch nicht zur Verfügung stehen. Schließlich wird Erdgas in jeder zweiten Wohnung zum Heizen benötigt. Und wenn wir eigene Vorkommen haben, macht es aus verschiedenen Gründen Sinn, diese auch zu nutzen. Wir machen uns unabhängiger von Importen, behalten Arbeitsplätze in der Region, und wir haben den größten Einfluss auf die Art und Weise der Förderung. Den haben wir im Ausland nicht. Wir können so wirtschaftliche und ökologische Standards setzen. Und damit sind wir weltweit führend. Experten aus aller Herren Länder kommen zu uns, um sich zu informieren.

Wohin geht das im Landkreis Verden geförderte Erdgas?

Das wird direkt vor Ort verbraucht. In Niedersachsen kommt ein Drittel aus eigener Förderung, zwei Drittel aus den Niederlanden. Bundesweit liegt der Anteil deutschen Erdgases nur bei knapp zehn Prozent, es waren mal 20 Prozent. Gas, das direkt vor Ort verbraucht wird, hat auch einen besseren ökologischen Fußabdruck. Importiertes Gas muss entweder durch Pipelines oder per Schiff transportiert werden.

Das leuchtet ein. Doch warum muss die Förderung denn ausgerechnet in einem Trinkwasserschutzgebiet erfolgen?

Grundsätzlich ist das Erdgas dort, wo es gefunden worden ist, wo auf natürlichem Weg eine Lagerstätte entstanden ist. Wir haben verschiedene Schutzzonen von Trinkwasser, und in der unmittelbaren Nähe eines Brunnens wird nicht gebohrt. Aber wir haben über die Jahrzehnte der Erdgasförderung gesehen, dass die Unternehmen über die nötige Expertise verfügen, so dass das gar kein Widerspruch sein muss. Zusammengefasst geht es darum, die Erdgasförderung zu ermöglichen und dabei das Trinkwasser nicht zu beeinträchtigen.

Wie wollen die Unternehmen denn garantieren, dass es auch Jahrzehnte nach der Förderung nicht zu einer Kontamination kommt?

Wir können aus unserer Erfahrung sagen, dass das, was wir tun, die größtmöglichen Sicherheitsanforderungen erfüllt. Es gibt keine Technologie, die zu hundert Prozent sicher ist. Es geht um die Frage, wie man das Risiko minimieren kann. Mit diesen Aufgaben befassen sich viele Arbeitsgruppen im Verband. Im Genehmigungsverfahren wird das Risiko geprüft und bewertet. Eine Genehmigung durch die Bergbehörde wird nur dann erteilt, wenn ein Risiko für das Trinkwasser so weit wie es technisch möglich ist, ausgeschlossen ist.

Warum gibt es keine Alternativen zu dem Bohrplatz in Scharnhorst?

Zur Auswahl des konkreten Bohrplatzes kann ich nichts sagen. Aber grundsätzlich muss der Bohrplatz im Bereich einer natürlich entstandenen Lagerstätte errichtet werden. Die Region hat die Natur vorgegeben. Wenn wir diese heimische Ressource nicht nutzen würden, wären wir sicherlich nicht mehr in der Lage, die hohen Standards und die Technologie Made in Germany aufrecht zu erhalten.

Dass die Erdgasförderung bereits Erdbeben in der Region ausgelöst hat, ist inzwischen unstrittig. Ist die weitere Förderung aus Ihrer Sicht verantwortungsvoll?

Grundsätzlich verstehen wir, wenn die Leute sich Sorgen machen, wenn sie das Wort Erdbeben hören und auch selbst die Erschütterungen spüren. Tatsache ist, dass diese Beben nicht mit dem vergleichbar sind, was man im Fernsehen sieht. Die Frage ist, wie man den Bürgern die entstandenen Schäden unkompliziert erstatten kann. Da hat sich inzwischen Erfahrung bei den Unternehmen angesammelt und auch die Schlichtungsstelle im Landkreis Rotenburg schon viel gebracht. Wichtig ist die Erforschung der Zusammenhänge. Dazu haben wir ein seismisches Messsystem errichtet und für die Bürger unter www.seis-info.de einen Service geschaffen, wo sich jeder informieren kann.

Was ist für Sie wichtiger: Erdgasförderung oder Umweltschutz?

Für mich ist das kein Gegensatz! Es geht dabei nicht um eine Schwarz-Weiß-Debatte. Die Frage ist, wie wir beides in Einklang bekommen. Wir sind der Meinung, dass Erdgasförderung und Umweltschutz keine Gegensätze sind. Sicherheit hat bei uns höchste Priorität, und wir arbeiten daran, dies immer weiter zu verbessern.

Das Interview führte Anna Zacharias.

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