Zum 1. Juli hat Niedersachsen eine Fülle hemmender Bauregeln gestrichen. Dadurch soll das Bauen vor allem eins werden: einfacher. Vertreter aus dem Landkreis Verden loben das Bundesland für die Reform und erhoffen sich nun einen Aufschwung in der Baubranche.
Welche Änderungen gibt es?
Mit der Änderung der Niedersäsischen Bauordnung (NBauO) werden zunächst Standards für Umbaumaßnahmen gesetzlich abgesenkt. Der Fokus liegt dabei künftig allein noch auf den grundlegenden Aspekten der Standsicherheit und des Brandschutzes. "Wenn man beispielsweise bei einem Haus, das selbst von 1990 ist, den Dachboden ausbaut. Dann muss der Ausbau nicht mehr die Standards von 2024 erfüllen, sondern nur noch des Bestandsgebäudes – also von 1990", berichtet die hiesige SPD-Landtagsabgeordnete Dörte Liebetruth. Für einen Umbau bedarf es zudem keines Genehmigungsverfahrens mehr, es reicht das sogenannte "Mitteilungsverfahren". Auch für Neubauten gibt es zahlreiche Neuerungen. So entfällt unter anderem die Pflicht, bei Neubauten auch neue Autostellplätze errichten zu müssen. "Bisher kam es häufig vor, dass Flächen nicht für neuen Wohnraum verwendet werden konnten, da kein Platz für eine mögliche Stellfläche vor Ort waren", so Liebetruth. Und das, obwohl an dem gewünschten Standort oftmals eine ausgezeichnete Nahverkehrsanbindung vorgelegen habe. Mit der Neuerung werde die Umsetzung deswegen erleichtert. Zudem werden auch die Grenzabstände für Neubauten verringert, um Grundstücke enger bebauen zu können. Und auch der Einbau eines Fahrstuhls wird bei bestimmten Baumaßnahmen nicht mehr verlangt.
Für welche Gebäude gilt die Neuregelung?
Die Regelungen zur Vereinfachung gelten für alle Gebäudeklassen. Ausgenommen sind lediglich Sonderbauten wie zum Beispiel Schulen, Altenheime und Krankenhäuser.

SPD-Landtagsabgeordnete Dörte Liebetruth (von links), Jan-Peter Halves und Jan Göldner (beide Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Elbe-Weser) erhoffen sich nun einen Aufschwung in der Kreisverdener Baubranche.
Was verspricht sich das Land Niedersachsen von der Lockerung?
"Bauen in Niedersachsen soll einfacher, schneller und günstiger werden. Dafür müssen wir runter mit den Standards", erklärt Wirtschafts- und Bauminister Olaf Lies (SPD). Damit will das Land Vorreiter bei der lange vergebens geforderten Entbürokratisierung des Bauens werden. Lies hatte die Änderungen vorab sogar als einen "Paradigmenwechsel" bezeichnet. Das Ziel sei es, mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und die Bauwirtschaft zu stärken. "Was wir mit dem Landesgesetz nicht ändern können, sind natürlich Gebäudeenergiestandards, die vom Bund vorgegeben werden", betont Liebetruth.
Wie reagieren Vertreter aus dem Landkreis Verden auf die Gesetzesänderung?
"Niedersachsen hat nun die Idee der Bundesregierung – den sogenannten Bau-Turbo – in die Tat umgesetzt", freut sich auch Jan-Peter Halves, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Elbe-Weser. Die Gesetzesänderungen seien ein wichtiger Schritt, damit am Ende wieder "Mietpreise dabei herauskommen, die wir uns auch alle leisten können". Denn die Wohnungsnot sei auch im Landkreis Verden zu spüren, was wiederum Auswirkungen auf den Industriestandort habe. Das bestätigte auch Detlef Buschmann, selbst Bauunternehmer und Obermeister der Baugewerbe-Innung Osterholz-Verden. Er hob vor allem den angestrebten Bürokratieabbau hervor, der sich besonders bei den Unternehmen und der Verwaltung vor Ort zeigen würde. Gleichzeitig bedeute die Reform aber nicht, dass Sicherheit oder Brandschutz vernachlässigt würden. "Niedersachsen liegt mit seinen Anforderungen auch nach der Reform noch deutlich über den Schnitt anderer Länder", betonte Halves. "Wichtig ist, die Reform führt uns genau zu dem Ziel, das wir erreichen wollen: Das Bauen wird endlich wieder einfacher."
Wie geht es nun weiter?
"Nach der Novelle ist vor der Novelle", kommentiert Liebetruth. "Es war sehr wichtig, diese Vorlage vor der Sommerpause zu beschließen, damit es auch endlich losgehen kann." Einige Punkte seien aber noch offen. Die nächste Vorlage für weitere Vereinfachungen könnte deswegen schon nach der Sommerpause erarbeitet werden.