Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Fassmer-Werft baut neues Forschungsschiff Speziell, spezieller, "Uthörn II"

Im Vorjahr bekam Fassmer den Zuschlag für den Bau, jetzt war Kiellegung der "Uthörn II". Das Forschungsschiff ist spezieller als andere: Es bekommt einen Antrieb, der so noch nicht in Deutschland verbaut wurde.
08.06.2021, 19:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Speziell, spezieller,
Von Christian Weth

Die Fassmer-Werft hat schon häufiger Spezialschiffe gebaut, aber keines war bisher so speziell wie die "Uthörn II": Der neue Forschungskutter des Alfred-Wegener-Instituts bekommt einen Antrieb, der so noch nicht in Deutschland verbaut wurde – und von dem im Moment nicht mal eine Typbezeichnung existiert. Im Prinzip ist die Motorentechnik, die bei dem Millionen-Projekt zum Einsatz kommen soll, selbst noch ein Forschungsfeld.

Harald Fassmer sagt es gleich: Dieses Schiff wird anders sein als andere. Wie anders, zeigt der Werftchef bei der Kiellegung der "Uthörn II". Der Geschäftsführer steht vor einem Teil des Rumpfes, der in der Werkshalle quasi auf dem Kopf steht. Statt das Schiff von unten nach oben zu bauen, wird der Kiel erst später montiert. Er liegt neben Fassmer auf dem Boden. Später wollen er und Antje Boetius eine Münze an das unterste Schiffsteil anbringen. Die Chefin des Alfred-Wegener-Instituts hat vorsorglich gleich eine Auswahl mitgebracht.

Die Partnerschaft beider ist nicht neu. Im vergangenen Sommer hat die Berner Werft den Zuschlag für den Bau des Nachfolgers der "Uthörn" bekommen. Auch Staatssekretär Michael Meister vom Bundesforschungsministerium war bei der Vertragsunterzeichnung dabei. Die Behörde unterstützt das Vorhaben mit fast 15 Millionen Euro. Das Forschungsschiff, das Daten für den Meeres- und damit auch Umweltschutz liefern wird, soll nämlich so umweltverträglich sein wie möglich. Ein Vorzeigeprojekt für ein Vorzeigeinstitut sozusagen.

Die "Uthörn II" soll nicht mit Diesel, sondern mit Methanol fahren. Projektleiter Christian Schmidt spricht von einem Antrieb, der Gas und Elektrizität kombiniert. Und davon, dass es bei diesem Schiff mehr als nur darum geht, den Verbrauch der Motoren zu senken. Der Forschungskutter, sagt er, wird am Ende CO?-neutral unterwegs sein. Das Methanol für die Aggregate im Maschinenraum soll Bio-Methanol sein. Und das Wärmesystem an Bord von speziellen Pumpen gespeist werden, statt von einem Heizkessel so wie bei herkömmlichen Schiffen.

Werftchef Fassmer kann nicht genau sagen, wann der Methanol-Antrieb nach Berne kommt. Momentan wird die Technik noch erprobt. Nicht in Deutschland, sondern in Schweden, wo es bereits erste Schiffe gibt, die mit Alkohol als Kraftstoff angetrieben werden. Einen Zeitplan nennt der Geschäftsführer aber trotzdem. Im Winter soll der Rumpf der "Uthörn II" fertig sein und im Oktober nächsten Jahres das Schiff an das Alfred-Wegener-Institut ausgeliefert werden. Fassmer sagt, dass das Tempo bei diesem Projekt ambitioniert ist.

Der Geschäftsführer verspricht sich viel von dem Vorhaben. Er meint, dass die Zeit der Diesel-Motoren endet und die der Methanol-Antriebe beginnt. Dass in den nächsten Jahren immer mehr Unternehmen auf diesen Kraftstoff setzen werden. Und dass die Werft durch ihr neu erlangtes Wissen einen Innovationsschub erfährt, den es nutzen will. Und muss. Die vergangenen Monate, sagt Fassmer, waren schweren Monate. Die Corona-Pandemie hat viele Projekte erschwert. Der Geschäftsführer ist froh darüber, dass sein Unternehmen den Zuschlag für den Bau der "Uthörn II" bekommen hat.

Auch Institutschefin Boetius ist das. Für sie ist Fassmer genauso wenig nullachtfünfzehn wie das Schiff. Ihr zufolge passt es gut zusammen, dass der Kutter anders, eben über Kopf gebaut wird, weil auch die Forschung umdenken muss. Die Daten, die Schiffe wie die "Uthörn" liefern, verlangten es so. Es sind Daten von Überfischung, von mehr Plastik in den Meeren und weniger Artenvielfalt. Boetius sagt, froh darüber zu sein, dass Fassmer ein Schiff baut, das keine Gefahr für die Umwelt darstellt, selbst wenn es leckschlagen sollte. Methanol, sagt sie, kann von Meeresorganismen absorbiert werden.

Zur Kiellegung hat sie dennoch Münzen mitgebracht, die dem Schiff Glück bringen sollen. Alle zeigen auf der Vorderseite das Konterfei des Polarforschers und Geowissenschaftlers Alfred Wegener. Und auf der Rückseite den Grund der Prägung: das 25-jährige Jubiläum des Instituts. 2005 war das – und die "Uthörn" noch ein verhältnismäßig junges Schiffes. Jetzt wird sie fast 40 und muss ersetzt werden.

Zur Sache

Die Schiffe im Vergleich

Die "Uthörn" und die "Uthörn II", benannt nach der Nordseeinsel, ähneln sich zwar, haben aber unterschiedliche Maße: Der Vorgänger, 1982 auf der Schiffswerft Schlömer in Leer fertiggestellt, ist sowohl kürzer als auch schmaler. Der Nachfolger kommt auf eine Länge von 35,70 und eine Breite von neun Metern. Beide Forschungskutter haben ein Trocken- sowie ein Nasslabor an Bord und schaffen zehn Knoten maximal, was in etwa 19 Kilometer pro Stunde entspricht. Angetrieben wird die "Uthörn" von zwei Dieselmotoren mit zusammengerechnet 628 PS. Die beiden Aggregate der "Uthörn II", die mit Methanol laufen, gelten als emissionsärmer. Sie kommen auf 543 PS.

Die Forschungsstiftung

Das Alfred-Wegener-Institut ist eine Stiftung, die sich der Meeresforschung verschrieben hat: Untersucht werden klimatische, biologische und geologische Veränderungen. Die Wissenschaftler des Instituts sind in der Arktis und Antarktis unterwegs, aber auch in den Küstenregionen der Nordsee. Die Stiftung hat ihren Sitz in Bremerhaven und Außenstellen auf Helgoland, Sylt und in Potsdam. Dazu kommen Forschungsstationen auf Spitzbergen und dem Ekström-Schelfeis. Das Institut hat 900 Mitarbeiter und ein Jahresbudget von 140 Millionen Euro. 90 Prozent des Geldes stammt vom Bundesministerium für Forschung, den Rest teilen sich Bremen, Brandenburg und Schleswig-Holstein.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)