Er ist die Stimme des Festivals "Drachen über Lemwerder": Robert Kirsch. Mit Berliner Kodderschnauze und Witz bringt der 40-Jährige den Zuschauern jeden Drachen, jedes Flugmanöver sowie die kreativen Köpfe hinter den farbenfrohen Flugobjekten nahe. Doch er sei nicht nur "der Laberaffe und Lichtmann", sagt der international gefragte Moderator. Er komme nicht nur mit seinem Technikequipment und seiner Stimme. "Ich lasse es mir nicht nehmen, auch Drachen zu fliegen."
Bereits als kleiner Knirps baute der in Ostberlin geborene Drachen-Experte mit seinem Opa in der Herbstzeit Flugobjekte. "Holzlatten zusammengehau'n, Zeitungspapier drauf, mit Paketschnur umspannt, ein Schleifenschwänzchen dran, fertig war der Drachen", fasst Kirsch seine ersten Bauversuche in Kurzform zusammen. Er muss allerdings gestehen: "Die Dinger, die ich mit Opa gebastelt habe, sind sehr schlecht geflogen."
Bronze bei DM gewonnen
Heute schweben von Kirsch entworfene und genähte Flugobjekte eins A am Himmel. Mit seinen stablosen Riesendrachen in Form einer Boutique-Handtasche mit Simpson-Motiv hat der Berliner sogar bei den Deutschen Meisterschaften eine Bronzemedaille abgeräumt. Bewertet wurden die Qualität der Nähte, Innovation – und Flugfähigkeit.
Seinen ersten Drachen aus Spinnakernylon und Kohlefaserstangen nähte Robert Kirsch mit acht Jahren. "Der Eiserne Vorhang war gefallen und wir hatten Zugang zu modernen Materialien aus dem Westen", erinnert sich der 40-Jährige an die Nachwendezeit. Schon als Jugendlicher trat er dem Ostberliner Drachenfliegerverein "Aufwind" bei. "Die Mitglieder haben mir alles beigebracht", sagt Kirsch heute noch dankbar. Dennoch war ihm die Gruppe auf Dauer etwas konservativ und alt. Stablose Riesendrachen standen bei den Mitgliedern fortgeschrittenen Alters nicht sonderlich hoch im Kurs.

Vor zehn Jahren präsentierte das Team „Aufwind Extreme“, zu dem neben Robert Kirsch auch Marc Pikur (links) und Christopher Thiele (rechts) gehören, in Lemwerder unter anderem ihre selbst gebauten „Berufszwerge“.
So nabelten sich der 16-jährige Kirsch und der zwei Jahre ältere Marc Pikur ab. Die "jungen Wilden mit den großen Drachen" machten sich als Team "Aufwind Extreme" selbstständig. Im selben Jahr packten sie ihre Comicfiguren, Turbinen und Deltadrachen erstmals auch beim Drachenfest in Lemwerder aus.
Als zwei Jahre später endlich beide volljährig waren, ging's ins Ausland. Halb Europa sowie die USA, Kanada, Kasachstan und Doha hat das Team mittlerweile bereist und Drachenfeste mit Flugobjekten bereichert.
Robert Kirschs Moderatorentätigkeit nahm vor rund 15 Jahren in Lemwerder Fahrt auf. "Uwe Schwettmann von Kultur Nord hat gesagt: ,Du kannst gut quatschen und hast riesiges Wissen'", erinnert sich der Berliner an sein erstes Mal. Er habe den "jugendlichen Flip" reinbringen sollen, denn die Szene drohte zu vergreisen, sagt Kirsch. Noch heute, mit 40, zählt er zu den jüngeren Drachenpiloten.
Kirsch bringt nicht nur jugendlichen Flip und Fachwissen ein – er bringt sich selbst ein. "Mein Moderationsstil ist immer ein bisschen mit Witz. Und ich versuche nicht, meinen Berliner Slang zu unterdrücken." Kirschs Erläuterungen sind einfach und verständlich. Keine Univorträge. Und doch, sagt der Fachmann mit einem breiten Grinsen: "Wenn man mir drei Tage auf einer Veranstaltung zuhört, kann man den Bachelor im theoretischen Drachensport abgeben." Kirsch moderiert nah am Geschehen. Der Gegenstand seiner Erläuterungen ist stets am Himmel zu sehen.
Nicht nur während der Festivals hält der Berliner die Leinen fest in der Hand. Er wird auch immer stärker in die Organisation der einzelnen Großveranstaltungen einbezogen. "Ich kümmere mich um die internationalen Gäste, um Flugtickets und Visa." Auch die Technik liegt in den Händen des gelernten Elektroinstallateurs, der seinen Lebensunterhalt als Projektleiter der Elektrotechnik auf Großbaustellen verdient.
Drachenbauer sind ebenso kreativ wie die Wagenbauer im Karneval, im Gegensatz zu denen aber gänzlich unpolitisch. "Wir geben keine politischen Statements ab", betont Kirsch, dessen Leitspruch ganz simpel lautet: "Geht raus und macht den Himmel bunt."