Lemwerder. Der Beruf Schweißer ist sehr unterschätzt, findet Dietmar Strauß, Ausbildungsleiter bei Lürssen. Nur dass es nicht mehr Schweißer genannt wird, sondern: Konstruktionsmechaniker im Bereich Schweißtechnik. "Ein Beruf, der im Ansehen zu Unrecht etwas gelitten hat", sagt Strauß. Denn als Schweißer müsse man einiges mitbringen: Feingefühl, Wissen über verschiedene Materialien, handwerkliche Fähigkeiten. "Berufe in der Schweißtechnik sind mit die am strengsten überprüften Berufe Deutschlands", fügt Strauß hinzu. Alle zwei Jahre brauche man in dem Job ein Zertifikat, dass man immer noch in der Lage ist, vernünftig zu schweißen. Man wird also immer wieder kontrolliert und hat nicht nur eine Prüfung am Ende der Ausbildung.
Die Herausforderung dieses Jobs hat sich Krystian Referda angenommen. "Ich mag die Arbeit wirklich gern", sagt der 21-Jährige. Er ist in seinem zweiten Ausbildungsjahr, hat die Schweißerprüfung bereits abgelegt und darf nun sogar in der Fertigung der Werft schweißen. Es ist sehr wichtig, das hier die Arbeit vernünftig gemacht wird, die Schweißnähte halten ganze Boote zusammen. Sein handwerkliches Geschick hat Referda schon früh erkannt. "Früher habe ich mit meinem Vater in der Garage gearbeitet und an Autos gebastelt."
Die Leidenschaft für Autos ist nicht weniger geworden: Gerade spart er Geld für sein Traumauto. Warum dann nicht KFZ-Mechaniker? "Ich hab ein Praktikum als KFZ-Mechatroniker gemacht, das hat mir nicht so gefallen." Ein größeres Unternehmen könne dann mehr Abwechslung bieten. Außerdem sei nach der Überholung des Jobs von Schweißer zu Konstruktionsmechaniker auch die Breite der Tätigkeitsfelder größer geworden. "Neben Schweißen lernen die Azubis auch die Metalltechnik und werden in der Fertigung eingesetzt, um beispielsweise Fundamente zu bauen", erklärt Strauß.
So sei nicht nur das Unternehmen flexibler aufgestellt, sondern auch die Mitarbeiter würden mehr lernen und es sei abwechslungsreicher. Referda ist sehr zufrieden mit seiner Ausbildung. "Das Ausbildungssystem hier in Deutschland ist sehr gut, das man Theorie lernen kann und dabei Praxiserfahrungen sammelt." In seinem Heimatland, Polen, gäbe es so etwas nicht, das findet er schade. Referda ist erst 2016 nach Deutschland gekommen, seine Familie ist seinem Vater gefolgt, der in Deutschland als Schiffsmechaniker arbeitet. "Da er so immer im Ausland gearbeitet hat, haben wir uns lange nicht gesehen und deshalb haben wir uns eines Tages entschieden umzuziehen."
In Deutschland habe er mit zwei Jahren Berufsschule seine mittlere Reife nachgeholt. Er habe diese zwar schon in Polen gehabt, aber sie wurde in Deutschland nicht anerkannt. In Polen hat man nach neun Jahren den Abschluss, in Deutschland erst nach zehn Jahren, deshalb musste er das nachholen. "War aber nicht schlimm, weil ich parallel auch noch Deutsch lernen musste." Inzwischen spricht er fließend Deutsch und fühlt sich in seinem Job und in dem neuen Land sehr wohl. Und auch Strauß scheint stolz: "Ein gutes Beispiel für erfolgreiche europäische Integration."
Sowieso achte das Unternehmen bei der Auswahl an Auszubildende nicht nur auf die Noten, sondern vor allem auf die Persönlichkeit, das Engagement und die Lust auf den Job. So sei das Klima in der Firma auch sehr angenehm, berichtet Referda. Er versteht sich sehr gut mit seinen Azubi-Kollegen. "Leider haben die Firmen in der Industrie immer mehr Schwierigkeiten guten Nachwuchs zu bekommen", erklärt Strauß. "Viele Schüler wissen nicht genau was sie wollen und bekommen von ihren Eltern auch gesagt, dass sie erst einmal Abitur machen sollen." Das verstehe Strauß nicht, eine Ausbildung könne man auch früher anfangen, oft wisse man nach dem Abitur immer noch nicht, was man wolle. "Die Berufsfindungsphase ist sehr wichtig", findet er. Und was dabei helfe, sich zu entscheiden: Praktika. Einen Einblick in den wirklichen Job zu bekommen.
Auch Referda hat seine Begeisterung für seinen Ausbildungsberuf durch ein Praktikum entdeckt. "Als ich 2018 das Schulpraktikum als Konstruktionsmechaniker gemacht hab, hat mir vor allem das Schweißen sehr gut gefallen." Und eine Ausbildung ziehe er ersteinmal dem Studium vor: So sei man schneller finanziell unabhängig von den Eltern, habe einen Beruf vernunftig gelernt und könne danach immer noch darauf aufbauen. Auch dann noch mit einem Studium.