Lemwerder. Die Planung für die Gestaltung des Ritzenbütteler Sands zum Naherholungsgebiet geht in die nächste Runde. Ein Beschluss zur Weiterentwicklung des regionalen Raumordnungsprogramms soll im Mai genehmigt werden, teilt Regina Neuke, Bürgermeisterin von Lemwerder, mit. „Ich bin froh, dass wir mit dem Landkreis auch gemeinsam zu dem Konsens der naturbezogenen Erholung gekommen sind und dass wir nun endlich mit der Planung vorankommen“, sagt Neuke. „Das ist ein guter Schritt.“
Bislang galten für den Ritzenbütteler Sand die Festsetzungen aus der Genehmigung für den Sandabbau, durch den der dortige See in den Jahren 2010 bis 2013 entstanden war. Demnach mussten das Gewässer und seine Ufer einer natürlichen Entwicklung überlassen bleiben – eine Ausgleichsmaßnahme zum Sandabbau.
Um ein Gebiet für Freizeit und Naherholung schaffen und gleichzeitig die Natur schützen zu können, musste die regionale Raumentwicklung entsprechend angepasst werden. Im August 2019 gab es den entsprechenden Antrag, im Haushalt wurde das Geld laut Neuke hinterlegt. Das regionale Raumordnungsprogramm wurde im Dezember beschlossen und werde nun genehmigt.
„Nach der Genehmigung setzen wir den Antrag um, der mehrheitlich im Haushalt beschlossen wurde“, sagt die Bürgermeisterin. Danach könnte endlich ein Planer beauftragt werden, der die ersten Schritte für einen höheren Freizeitwert des Ritzenbütteler Sands entwickeln soll.
Fest stehe: Es werde keinen touristischen Wassersport und keinen Freizeitpark geben. „Wir wollen das Gebiet in erster Linie attraktiver für Spaziergänger machen“, sagt Neuke. Als Beispiel nennt die Bürgermeisterin neu geschaffene Ruheplätze. Das Ziel sei dabei, die Natur zu erhalten und gleichzeitg ein Naherholungsgebiet zu schaffen. Auch das Baden im See soll weiterhin erlaubt sein. „Wir glauben, dass wir beides miteinander vereinbaren können: Naturschutz und Naherholung.“
Hartmut Drebing, Vorsitzender des Naturschutzbunds (Nabu) Stedingen, steht der Planung der Gemeinde Lemwerder kritisch gegenüber. „Wir als Nabu haben empfohlen, genau das nicht zu machen“, sagt Drebing und bezieht sich dabei auf das angepasste regionale Raumordnungsprogramm. „Dieser Beschluss beweist nur, dass es kein ökologisches Bewusstsein in der Gemeinde Lemwerder gibt.“
Diese stehe in der Verantwortung, den Ritzenbütteler Sand als Kompensations- und Naturfläche zu bewahren. Der Grund: Es gebe über 50 Rote-Liste-Arten, die in dem Gebiet leben und als besonders schützenswert gelten. „Die Gemeinde sieht das Gebiet als Stätte des Konsums und nicht als Gebiet für Naturschutz“, sagt Drebing. Er sei nicht per se gegen das Betreten des Gebietes. Auch nachhaltige Veranstaltungen befürworte er. Das Drachenfest im Herbst oder ein Zirkus, der einige Zeit auf der Kompensationsfläche seine Zelte aufschlägt, wären noch akzeptabel.
Anders sehe es mit dem Opeltreffen aus. Der Nabu-Vorsitzende kritisiert dieses bereits seit Jahren. „Das hat nun wirklich nichts mehr mit Naherholung zu tun“, sagt er. Das Automobiltreffen solle seiner Meinung nach lieber auf eine asphaltierte Fläche verschoben werden, etwa auf das Flugplatzgelände.
Besorgt um gefährdete Arten
Mit der Anpassung des regionalen Raumordnungsprogramms befürchtet Drebing zudem, dass sich die Freizeitangebote für die Bevölkerung immer weiter steigern werden. „Als der Ritzenbütteler Sand wegen Corona gesperrt wurde, war die Begründung, dass es ein hochfrequentiertes Tourismusgebiet sei. Von Naherholungsgebiet war keine Rede“, sagt Drebing. „Als Naturschützer bekomme ich bei einer solchen Einschätzung Gänsehaut.“ Er mache sich daher Sorgen um die zahlreichen gefährdeten Arten. Anfang dieser Woche habe er das erste Flussregenpfeifer-Gelege auf dem Gelände festgestellt. Die seltenen Vögel legen ihre Eier direkt in den Sand. „Sie sind sehr gut getarnt. Dadurch kann man aus Versehen auf die Eier treten“, sagt der Naturschützer.
Zu diesem Thema gab es in den vergangenen Jahren eine Zusammenarbeit der Gemeinde Lemwerder und des Nabu, sagt Bürgermeisterin Regina Neuke. Zu bestimmten Jahreszeiten wurden Bereiche extra für die Flussregenpfeifer abgesteckt – mit Erfolg, wie die Brutergebnisse zeigen würden. „Ich bin davon überzeugt, dass eine Vereinbarung der Erhaltung der Natur mit der Naherholung durchaus möglich ist“, sagt sie. Die Bedingung: Die Besucher müssten bestimmte Regeln einhalten.
Der Nabu und die Gemeinde sehen die Zukunft des Ritzenbütteler Sands sehr unterschiedlich. Doch Neuke hofft, dass es eine Annäherung der Positionen geben wird.
Wie es nun weitergeht? „Es wird noch etwas dauern, bis sich wirklich etwas ändert“, sagt Neuke. Es gehe zunächst darum, ein Planungsbüro auszuwählen und in Gespräche zu kommen. Die Abstimmungen und die Umsetzung werden noch dauern. „Wenn ein Planer zügig arbeitet, wissen wir frühestens Ende des Jahres, wie die weiteren Schritte aussehen werden“, so die Bürgermeisterin. „Es ist ein langfristiges Projekt.“
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