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Posse um A26 Autobahn nur in eine Richtung

Im Landkreis Stade sind zehn Kilometer Autobahn kurz vor der Vollendung. Ende November könnte MinisterpräsidentStephan Weil sie einweihen. Doch ob der Regierungschef kommt, ist offen. Denn mit der Eröffnung macht sich das Land Niedersachsen vermutlich zum Gespött in Europa.
13.09.2014, 00:00 Uhr
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Von Stefan Dammann und Wolfgang Stephan

Im Landkreis Stade sind zehn Kilometer Autobahn kurz vor der Vollendung. Ende November könnte MinisterpräsidentStephan Weil sie einweihen. Doch ob der Regierungschef kommt, ist offen. Denn mit der Eröffnung macht sich das Land Niedersachsen vermutlich zum Gespött in Europa. Nur eine der beiden Fahrtrichtungen darf nämlich benutzt werden, die andere Seite ist zwar fertig, doch aus Angst vor Klagen bleibt sie Hase und Igel überlassen. Sechs Jahre lang.

Im Kreis Stade ist die A 26 seit Generationen Fluch und Segen. Ursprünglich sollten die 58 Kilometer mal 1979 fertig sein, doch daraus wurde nichts. Possen reihten sich aneinander. Ein Ende ist nicht abzusehen, auch wenn vor sechs Jahren ein erster Abschnitt von Stade nach Horneburg in Betrieb genommen wurde. Ende November ist ein weiteres Stück fertig, von Horneburg nach Jork im Alten Land.

Das Problem ist, dass diese neun Kilometer Autobahn nicht der gesamte genehmigte Bauabschnitt sind, sondern eben nur ein Stück davon. Im weiteren Verlauf bis Buxtehude gab es Streit um eine Brücke, so dass die Arbeiter dort erst jetzt mit den Arbeiten begonnen haben. Sechs Jahre soll es dauern, bis diese fehlenden vier Kilometer fertig sind. Das Ende der Autobahn ist nun also schon in Jork statt wie geplant in Buxtehude. Die nahe Jork liegenden Ortschaften sind aber nicht darauf vorbereitet, den gesamten Verkehr einer dort endenden Autobahn aufzunehmen, sondern eben nur eine Abfahrt unter vielen zu sein. Im Planfeststellungsverfahren konnten sie gegen diese Regelung auch keinen Widerspruch einlegen, weil es eben so nicht geplant war. Andere Ortschaften an der überlasteten B 73 von Hamburg nach Stade würden allerdings auch entlastet und fordern dringend die Öffnung beider Richtungen, damit sie Ruhe haben. Doch im Planfeststellungsverfahren konnten Bürger und Kommunen zu einer solchen Teilöffnung keine Stellung nehmen.

Niedersachsen wagt nun den Spagat: Theoretisch dürfte die Autobahn gar nicht eröffnet werden. Weil das aber für einen 61 Millionen Euro teuren Bau nicht vertretbar ist, dürfen von November an nur Autos und Motorräder von Jork in Richtung Stade fahren, die Gegenfahrbahn bleibt geschlossen, und Lkw dürfen das Stück gar nicht nutzen. Sechs Jahre lang eben.

Für den zuständigen Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium und CDU-Bundestagsabgeordneten Enak Ferlemann aus Cuxhaven ist das ein Unding. „Die öffentliche Aufmerksamkeit ist der Region sicher, denn sie wird zum Gespött“, sagt er, und zwar bis nach Europa, denn Brüssel zahlt den Großteil der A 26. Ändern kann der Cuxhavener wohl nichts. Der Bund ist zwar Bauherr der Straße, der Verkehr und die Freigabe aber liegen beim Land. Ferlemann: „Ich sehe nicht ein, dass für viel Geld eine Autobahn gebaut wird, die nicht als solche genutzt werden darf.“ Ferlemann will daher in Hannover noch einmal politisch Druck machen, damit es nicht zu dieser Posse kommt. Ob er Erfolg hat, ist fraglich, denn schon der Stader Landrat Michael Roesberg war in Hannover mehrmals vorstellig. Zwecklos.

Die A 26 hat inzwischen auch den Steuerzahlerbund auf den Plan gerufen. Gerhard Lippert aus Hannover hält das Thema für ausnehmend grotesk und fordert, die Straße in beide Richtungen freizugeben und im Zweifel auf Klagen zu warten. Wenn welche kämen, könnten die Behörden immer noch handeln und das Teilstück wieder schließen oder Entlastung für die Ortschaften schaffen. Ein Vorschlag, den Roesberg und Ferlemann gut finden. „Ich glaube nicht, dass da Klagen kommen“, sagt Jurist Ferlemann. Doch der zuständige Leiter des Landesstraßenbauamtes Stade, Hans-Jürgen Haase, winkt ab: „Es bleibt dabei, wir öffnen nur in eine Richtung.“

Possen um die A 26

Posse 1: Angekündigter Fertigstellungstermin: 1979. Proteste führen mehrmals zu Trassenverschiebungen, weil Naturschutzgebiete und Anwohner betroffen sind.

Posse 2: Hamburger SPD verzögert den Bau zwei Jahrzehnte und weigert sich, die A 26 an die A 7 nahe Elbtunnel anzuschließen. Karikaturisten zeichnen eine A 26, an deren Ende die Autos nach Hamburg herunterplumpsen. Hamburg hat noch heute keinen Planfeststellungsbeschluss.

Posse 3: Bau beginnt (wegen Hamburg) verkehrt herum, also in Stade am Ende, als Torso in der Landschaft.

Posse 4: Geld ist alle, Berlin beschließt längs geteilte Dringlichkeit. Einmalig in Deutschland. Es soll nur zwei von vier Spuren geben.

Posse 5: Grüne und SPD sind gegen die Autobahn. Ausgerechnet Kanzler Schröder (SPD) muss Baubeginn einläuten.

Posse 6: Stade bekommt Tunnel unter der Schwinge, Buxtehude eine Brücke über die Este. Das will Buxtehude nicht, um den Hafen nicht abzuschneiden. Die Stadt klagt. Es passiert fünf Jahre nichts. Im Frühjahr sig- nalisiert das Gericht einen Sieg der Stadt. Alles wäre neu aufzurollen. Buxtehude zieht Klage zurück und bekommt dafür den Titel Hansestadt und einen Sack voll Geld.

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