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Konkurrenz aus dem Bremer Umland Dodenhof geht mit der Zeit

Vor Dodenhof muss sich die Bremer City in Acht nehmen: Die Shoppingwelten in Posthausen sind Deutschlands größtes Einkaufszentrum und kommen mit ihrer Verkaufsfläche fast an die der gesamten Bremer Innenstadt ran.
03.03.2017, 20:00 Uhr
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Dodenhof geht mit der Zeit
Von Jürgen Hinrichs

Vor Dodenhof muss sich die Bremer City in Acht nehmen: Die Shoppingwelten in Posthausen sind Deutschlands größtes Einkaufszentrum und kommen mit ihrer Verkaufsfläche fast an die der gesamten Bremer Innenstadt ran.

Nach links weg geht es in Nischen hinein, in eine ganz eigene Welt, die man an diesem Ort nicht vermutet hatte. Feines Ambiente, edel geradezu, etwas Besonderes. Kein Kunde da, noch nicht vielleicht, oder es ist gerade einer gegangen. Nur die Verkäuferin, eine freundliche Frau, die sofort bereit ist, einen Wunsch zu erfüllen: „Zeigen Sie mir bitte Ihre teuerste Uhr.“

Die Frau steuert zielgerichtet auf eine Glasvitrine zu. „Bitte sehr!“ Die Uhr ist eine Mont Blanc, eine Laboratory Test 500, schmuckes Stück und tatsächlich nicht eben billig. Der Preis: 39.900 Euro. Die Breitling eine Vitrine weiter ist dagegen geradezu günstig, sie kostet nur etwas mehr als 30.000 Euro.

Was ist das hier, das KaDeWe? Ein Kaufhaus für den gehobenen Anspruch mit Läden voller Luxus, wie in Berlin? „Nein“, sagt Sönke Nieswandt, er lacht, „ganz bestimmt nicht.“ Es gebe kleine Spitzen nach oben, das schon, der Geschäftsführer nennt es „Premium“. Sonst aber handele es sich bei dem Angebot um einen gut sortierten Fachhandel für die bürgerliche Mitte der Gesellschaft. Nach oben ein paar Ausreißer, nach unten gedeckelt und im Ganzen mit großer Bandbreite. „Unsere Philosophie ist, für die ganze Familie da zu sein.“

Was bei Dodenhof ungewöhnlich ist

Nieswandt ist Chef des Center-Managements bei Dodenhof in Posthausen. Er steht an der Spitze von 1800 Angestellten. In Kaltenkirchen bei Hamburg betreibt das Unternehmen einen zweiten Einkaufspark mit 700 Angestellten.

Beschäftigte sind es einige Hundert mehr, weil die Mieter mit ihren Geschäften dazukommen, womit das erste gesagt wäre, was bei Dodenhof ungewöhnlich ist: Fast 80 Prozent der Ladenfläche werden vom Unternehmen selbst betrieben, dazu kommen die üblichen Filialisten wie H&M, New Yorker oder Thalia. Dodenhof ist Center-Betreiber und Händler in einem. Normalerweise sind diese Aufgaben getrennt.

Mehr noch sind es aber die Eigentumsverhältnisse, die der Einkaufswelt ein besonderes Gepräge geben. Da ist kein Immobilienfonds drin, nichts von außen. Das Unternehmen ist nach wie vor zu hundert Prozent in Besitz der Familie Dodenhof, mittlerweile in der vierten Generation.

Deutschlands größtes Einkaufszentrum

Angefangen hat es im Jahr 1910 mit einem kleinen Gemischtwarenladen, heute, nach mehr als 100 Jahren, steht in dem Dorf im Landkreis Verden Deutschlands größtes Einkaufszentrum. Alles in allem vereinigt es eine Ladenfläche von 125.000 Quadratmetern. Etwas mehr, als das CentrO in Oberhausen hat und ungefähr das Doppelte von dem, was der Weserpark in Bremen bietet.

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Die gesamte Bremer Innenstadt weist eine Verkaufsfläche von rund 136.000 Quadratmetern auf. Dodenhof kommt da also fast ran. Der Vergleich hinkt aber, sagen die Bremer Kaufleute und wehren sich brüsk dagegen. Entscheidend sei, welche Ware am jeweiligen Standort verkauft werde. In der Bremer City seien es etwa so gut wie keine Möbel, bei Dodenhof mache dieses Segment ein Drittel aus. Schon deshalb sei es falsch, so zu tun, als wenn im kleinen Posthausen das große Bremen fast übertrumpft würde. Äpfel mit Birnen, so sagen sie.

Dodenhof selbst hat an solchen Vergleichen kein Interesse. „Wir wollen nicht auf die Tonne hauen“, sagt Nieswandt, „das ist nicht unsere Art.“ Lieber etwas tiefer stapeln. Das größte Center in Deutschland? Ja, das sei wohl so, aber warum damit angeben? In der Werbung sagen sie es daher anders, da steht der Gigant von der Fläche her in Norddeutschland an der Spitze und nicht bundesweit. Bescheidenheit mit Kalkül: Dodenhof will sich als Familienunternehmen sein bodenständiges Image bewahren.

"Familien-Flair hat Schrammen bekommen"

„So wie früher ist es nicht mehr, das Familien-Flair hat Schrammen bekommen.“ Der Satz kommt von einem Mann, der es wissen muss. Werner Frese hat 40 Jahre lang bei Dodenhof gearbeitet, im Kundenservice der Küchenabteilung. Jetzt ist er in Rente und besucht an diesem Tag zusammen mit seiner Frau Hanna den Einkaufspark, um sich mit Tochter und Enkel zu treffen. Später wollen sie noch ein Eis essen gehen.

Die Freses finden Dodenhof gut, sie leben in Etelsen, gleich um die Ecke, da kann man mit dem Fahrrad kommen. Glorifizieren wollen sie das Unternehmen aber nicht. „Es ist wie alle anderen den marktwirtschaftlichen Bedingungen unterworfen.“ Werner Frese, 66 Jahre alt, nimmt das böse Wort Outsourcing in den Mund. Gleichzeitig sei es aber so, dass die Dodenhofs im Center immer ansprechbar seien. „Die kommen auch, wenn jemand Jubiläum feiert.“

Früher, gar nicht lange her, da war das Center in Posthausen kein Center, jedenfalls nicht im eigentlichen Sinne. Da waren es verschiedene Gebäude mit verschiedenen Angeboten, wie Legosteine, die nicht zusammengesteckt sind. Für die Kunden hieß das ständig Jacke aus, Jacke an, wenn es draußen kalt war und sie nicht nur in die Genießerwelt eintauchen wollten, um Lebensmittel einzukaufen, oder in die Wohnwelt, wenn es Möbel sein sollten. Seit vier Jahren ist das vorbei. Jetzt sind die Legosteine miteinander verbunden, man schlendert bequem von einer Sektion zur anderen.

Dodenhof geht mit der Zeit

Orientierung gibt es auf Tafeln und an fünf Infopunkten, die mit Personal besetzt sind. Genausogut kann man sich treiben lassen und zwischendurch im Bolero einen Kaffee nehmen, beim Italiener ein Eis oder in der Bäckerei aus Worpswede ein Stück Kuchen. An manchen Stellen hat Dodenhof Tageslicht ins Center geholt. Der Platz vor dem Bolero wirkt deswegen schon fast wie eine Piazza, sehr klein, aber immerhin.

Auf einer der Highlight-Flächen, wie Dodenhof das nennt, sind in großzügiger Kulisse Brautkleider ausgestellt. Die Themen wechseln, je nach Anlass oder Jahreszeit. Eine Aufgabe für das visuelle Marketing, noch so ein Ausdruck: Früher hieß das Dekoration. Dodenhof geht mit der Zeit.

Nieswandt hat es mal untersuchen lassen: Drei Stunden und acht Minuten – so lange bleiben die Kunden durchschnittlich im Center. Eine beachtliche Zeit, und ist es nur das Angebot, das lockt? Möglich, aber hinzu kommt nach Auffassung des Managers noch etwas anderes: „Die Kunden sagen sich, wenn sie schon mit dem Auto hinfahren, muss sich das auch lohnen.“

Unternehmen könnte noch wachsen

Nicht nur wegen der Einkäufe, auch wegen des Vergnügens. Dodenhof baut jedes Jahr einen großen Weihnachtsmarkt auf, es gibt dann eine 600 Quadratmeter große Eislaufbahn und das schon traditionelle Riesenfeuerwerk, das Tausende nach Posthausen zieht. Im Sommer wird ein Musikfestival veranstaltet, das ganze Jahr über sind es kleinere Events.

Die 5000 Parkplätze sind an diesem Tag mitten in der Woche gut gefüllt. Stade, Brake, Hamburg, Bremen, Verden, Hannover, Westerstede, Osterholz-Scharmbeck, Rotenburg an der Wümme – an den Nummernschildern kann man ablesen, woher die Kunden kommen. Dodenhof rechnet beim Möbelkauf mit einem Umkreis von hundert Kilometern, sonst, sagt das Management, sind es 60 bis 80 Kilometer. Obendrauf natürlich Kunden wie das Ehepaar Frese.

Das Unternehmen könnte noch wachsen, die Flächen sind da und im Besitz von Dodenhof. Ein heikles Thema, schon die Bremer schauen mit Argusaugen auf Posthausen, und die anderen Nachbarn tun es auch. Sie alle sind Mitglieder im Kommunalverbund Niedersachsen/Bremen und wollen in Zukunft Rücksicht aufeinander nehmen. Nieswandt will das Fass daher gar nicht aufmachen: „Wir müssen nicht größer werden“, sagt er. Pflegen was da ist, das sei das Ziel.

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