Lilienthal. Windhunde sind für ihre Schnelligkeit eher auf der Kurzstrecke bekannt. Beim jetzt in der Gemeinde Lilienthal zur Anwendung gekommenen Windhund-Verfahren war neben Schnelligkeit vor allem auch Ausdauer und nicht zuletzt gutes Sitzfleisch gefragt. Denn am gestrigen Montag bot die gemeindeeigene Kommunale Wohnungsbau- und Entwicklungsgesellschaft (KWE) Lilienthal ab 8 Uhr 14 erschlossene Grundstücke an, in einem neuen, fußläufig nur fünf Minuten von der Endhaltestelle der Linie 4 in Falkenberg entfernten Baugebiet. Und löste damit ein Übernacht-Sit-in vor dem Rathaus aus, an dem am Ende etwa doppelt so viele Interessenten teilnahmen wie Grundstücke zu ergattern waren.
Nicht erst seit Fertigstellung der Straßenbahnlinie 4 bis Falkenberg gehen private Grundstücke in der Wümmegemeinde so schnell weg, dass sich die Bäckerinnung mit ihren angeblich rasant in Umlauf gebrachten Brötchen oder dem kaum geschnittenen, schon verkauften Brot langsam Sorge um ihre Vormachtstellung im Bereich der deutschen Sprichwörter machen muss. Ähnlich verhielt es sich vor etlichen Monaten schon mit einem sehr viel größeren Areal, als in Lilienthal über 200 Grundstücke nahe der Ortsentlastungsstraße auf den Markt kamen. Und das nicht gerade für das ebenfalls sprichwörtliche Gedeck aus Appel und Ei, sondern für knapp über 200 Euro pro Quadratmeter. Zwischen 195 und 205 Euro wurden gestern auch bei den zwischen 499 und 721 Quadratmeter großen Baugrundstücken an der Falkenberger Vieth, kurz vorm Ortsausgang Richtung Worpswede, vom KWE-Geschäftsführer Hartmut Schlobohm aufgerufen. Was offenbar kaum jemanden abschreckte, sondern mehr als ein Dutzend Bremer, Lilienthaler und auch Grasberger dazu bewog, sicherheitshalber schon mal ab Sonntagnachmittag Position vor dem Rathaus zu beziehen.
Ausgerüstet mit Gartenstühlen, dicken Decken, Verpflegung in fester und flüssiger Form und im Laufe des kühlen und nieseligen Abends neben Tee und Kaffee auch aufgewärmt durch Höherprozentiges, bildete sich während der durchwachten Nacht bereits ein gut nachbarschaftliches Verhältnis unter den bis dahin überwiegend wildfremden Menschen. Schnell war eine Liste erstellt, mit der für den nächsten Morgen nach dem Prinzip „Wer zuerst kommt, kauft zuerst“ die Reihenfolge für den Eintritt beim Landverkäufer Schlobohm geregelt wurde.
Am Ende waren es dann rund zwei Dutzend Interessenten, die gern zu Preisen zwischen knapp über 90 000 und rund 145 000 Euro zugegriffen hätten. Sorge, das Bauland der KWE loszuwerden, hatte Schlobohm, zugleich Kämmerer der hochverschuldeten Gemeinde jedenfalls nicht. Und so waren bis zum Mittag bereits neun Verträge unter Dach und Fach, fünf weitere Grundstücke hatten sich zum Teil übernächtigte, aber vermutlich zufriedene Interessenten für 14 Tage reservieren lassen.