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Afghanistan Das überrollte Bündnis

Nato und EU sind von den Ereignissen in Kabul völlig überrollt worden. Sie stehen vor einem Debakel, meint unser Brüssel-Korrespondent Detlef Drewes.
17.08.2021, 19:14 Uhr
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Das überrollte Bündnis
Von Detlef Drewes

Das mächtigste Militärbündnis der Welt steht bis auf die Knochen blamiert da. Zwei Jahrzehnte lang haben die wichtigsten Führer der westlichen Welt versucht, Afghanistan zu befrieden. Noch im Juni dieses Jahres versprachen die Staats- und Regierungschefs, man werde die „Errungenschaften der letzten 20 Jahre aufrechterhalten und ausbauen“. Welch ein Hohn, diese Worte heute nachzulesen. Wird die Nato jemals wieder eine vergleichbare Mission übernehmen können?

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Es mag zu früh sein, die Fehler zu suchen und die Verantwortlichen zu benennen. In diesen Tagen muss es zunächst um die Rettung von Menschenleben gehen, um den Schutz von Frauen und Kindern. Der Nato-Generalsekretär wirkte gestern denn auch hilflos wie nie zuvor. Sein Bekenntnis zur Durchsetzung der Menschenrechte war ein verzweifelter Versuch, etwas Vernünftiges zu sagen, denn wie wollte die Allianz jetzt noch Einfluss auf die Taliban nehmen? Nicht die entsandten Soldaten und Helfer, wohl aber ihre politischen Führungen haben versagt.

In dem Durcheinander aus Rettungsversuchen und Betroffenheit in Kabul sucht auch die EU nach einem Weg. Und das Einzige, was Brüssel einfällt, scheint die Frage zu sein, wie man eine neue Fluchtwelle verhindern kann. Natürlich klingt es gut, den Nachbarstaaten Afghanistans humanitäre Hilfe zu versprechen, damit diese die Schutzsuchenden bei sich aufnehmen. Dazu müsste die EU aber mit dem Iran, mit Pakistan und anderen Ländern reden, die nicht gerade als enge Freunde der europäischen Außenpolitik gelten. Einige haben bereits ihre Grenzen geschlossen.

EU und Nato stehen bei nahezu allen Herausforderungen abseits, die die Zukunft für die Menschen in Afghanistan bringen wird. Die 20 Jahre am Hindukusch haben weder zu einem politischen Netz geführt, über das man nun weiter Einfluss nehmen könnte. Noch gibt es Allianzen vor Ort, um wenigstens auf Umwegen das zu tun, was man an anderer Stelle als politischen Grundsatz propagiert: den Menschen beizustehen, ohne die politische Führung zu stützen. Das ist das eigentliche Debakel, vor dem Nato und EU jetzt stehen.

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