Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Standpunkt Immer Freiheit? Nicht für Raucher

Ab 1. Juli darf in Frankreich an mehreren neuen Orten nicht mehr geraucht werden, darunter an Stränden oder auch im Umkreis von Schulen. Das Land geht vorbildhaft voran, meint Birgit Holzer.
01.07.2025, 05:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Birgit Holzer

Sie war über Jahre hinweg eine unverzichtbare Requisite in französischen Filmen, Serien, TV-Shows. Kaum einen Klassiker gibt es, in dem Stars wie Catherine Deneuve oder Jean-Paul Belmondo in der Hauptrolle nicht mit einer Zigarette im Mundwinkel auftauchten. Dicker Qualm schwebte zwischen den Teilnehmern von Fernsehdebatten. Auf Werbeplakaten der Luxusmarke Dior erschien lange ein Schwarz-Weiß-Porträt von Alain Delon mit Glimmstängel zwischen den Lippen – bis dieser 2019 wegretuschiert wurde. Eine neue Ära war angebrochen, eine alte zu Ende gegangen. So schön die Filme waren – es handelt sich definitiv um einen Fortschritt.

Selbst im Land der Gauloises mit ihrem vielversprechenden Werbespruch „Liberté toujours“, „immer Freiheit“, ist es nicht mehr zeitgemäß, das Rauchen wider besseren Wissens als Ausdruck von Glamour und Coolness darzustellen. Ausgerechnet Frankreich geht schneller als andere voran, auch als Deutschland. Es wird zum Vorbild, indem es das Recht, überall und jederzeit giftigen Rauch in die Welt zu blasen, ersetzt mit dem Recht aller Nichtraucher auf eine einigermaßen saubere Luft.
Von diesem Dienstag, 1. Juli, an, wird der Tabakkonsum an mehreren Orten untersagt, mit besonderem Blick auf Kinder und Jugendliche. Das Verbot gilt in Schulen sowie auf den Straßen und Plätzen in deren Umkreis, in Parks, Universitäten und Ausbildungsstätten, auf Sportgeländen, an Bushaltestellen und Stränden. Wer die Anordnung bricht, riskiert eine Geldbuße in Höhe von 135 Euro. Nicht betroffen vom Verbot sind elektronische Zigaretten sowie die Außenbereiche von Bars und Cafés – dort wurde in Belgien seit Jahresbeginn das Rauchen verboten. Großbritannien will Tabakkonsum für jüngere Jahrgänge in der Zukunft sogar komplett verbieten, Stichwort „Generation rauchfrei“.

Lesen Sie auch

Auch in Deutschland fordern Vertreter von der SPD und den Grünen ähnliche Maßnahmen, um nicht zu sagen: einen ähnlichen Mut. Diesen braucht es, um sich der Tabaklobby und der Kritik an einer vermeintlichen „Verbieteritis“ entgegenzustellen. Dabei gibt es seit Jahren Hilfen für Aussteiger, Sensibilisierungs- und Warnkampagnen, um solch einen Schritt vorzubereiten. EU-weit ein Rauchverbot in Restaurants, Flugzeugen und Zügen durchzusetzen, erschien zunächst völlig undenkbar und war hoch umstritten. Heute ist es angenehme Realität, und die wenigsten wollen zurück in die Zeiten, als jeder, der reiste oder ausging, zum Passivraucher wurde. Letztlich geht es um die Gesundheit aller, ganz besonders um die der Kinder. Die Zahl der Menschen, die jedes Jahr in Deutschland an den Folgen von Tabakkonsum sterben, wird auf 127.000 geschätzt. Rund 15 Prozent aller Raucher erhalten irgendwann die Diagnose Lungenkrebs, während 90 Prozent dieser Patienten rauchen oder geraucht haben. Einen Zusammenhang gibt es offenkundig.

Lesen Sie auch

Wem diese Argumente noch nicht ausreichen: Auf dem Spiel steht auch viel Geld, denn die Kosten für die Behandlung von rauchbedingten Erkrankungen sind immens. In Deutschland betragen sie pro Jahr schätzungsweise 97 Milliarden Euro, das entspricht rund 15 Prozent aller Gesundheitsausgaben. Die jährlichen Produktivitätseinbußen durch Fehlzeiten, Arbeitsunfähigkeit, Frühverrentung und vorzeitigen Tod belaufen sich auf etwa 67 Milliarden Euro. In Frankreich sind die Zahlen ähnlich, ins Verhältnis zur Einwohnerzahl gesetzt.

Wer sich im Wissen um diese Tatsachen eine anzünden möchte, darf das weiterhin, nur eben nicht mehr mehr überall. Ja, eine lässig zwischen den Fingern gehaltene Zigarette mag immer noch einen Hauch von „Liberté toujours“ verströmen. Tatsächlich handelt es sich aber vor allem um die Freiheit, dem eigenen Körper zu schaden. Catherine Deneuve hat schon lange mit dem Rauchen aufgehört. Es schadete zu sehr ihrer Gesundheit, sagte die heute 81-Jährige – und ihrer Stimme, die ihr offenbar wichtiger war als die lässige Geste.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)