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Britische Klimapolitik Premier Rishi Sunak verbreitet Chaos und Unsicherheit

Der Kurswechsel der konservativen britischen Regierung ist eine vertane Chance – für die Partei, aber vor allem für die Menschen und kommende Generationen, meint Susanne Ebner.
26.09.2023, 06:00 Uhr
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Von Susanne Ebner

Der Kurswechsel hatte sich angedeutet, nun macht die britische Regierung ernst. Premierminister Rishi Sunak hat das Aus für Neuwagen mit Verbrennungsmotor von 2030 auf 2035 verschoben. Auch bei der Umstellung von Gas- und Ölheizungen auf Wärmepumpen will er auf die Bremse treten.

Dahinter steckt politisches Kalkül. Denn vor den Parlamentswahlen im kommenden Jahr schafft Sunak damit eine Grenzlinie zur Labour-Partei, die deutlich gemacht hat, dass sie eine ehrgeizige grüne Agenda auf den Weg bringen will. Der Premier, so argumentierte er, entlaste durch das Verschieben von Fristen die Bürger angesichts hoher Kosten. Er wolle pragmatisch und nicht ideologisch handeln. 

Ob das Sinn ergibt, ist fraglich. Denn laut Umfragen führen viele Briten ihre finanziellen Sorgen keineswegs auf eine zu schnell vorangetriebene Klimapolitik zurück. Im Gegenteil: Ein Drittel der Tory-Anhänger ist überzeugt, dass die Regierung nicht schnell genug vorankommt, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Gerade junge Wähler auf der Insel wünschen sich mit Recht ambitioniertere Schritte zum Schutz des Planeten.

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Auch um Geld zu sparen, wäre eine schnelle Umsetzung angebracht. Das Land hinkt bei der Energieeffizienz hinterher. Häuser verlieren in Großbritannien im Schnitt dreimal so viel Wärme wie im Rest Europas. Zwar hat die Regierung Programme aufgelegt, um die Bilanz zu verbessern, aber sie werden zu wenig genutzt. Raschere Schritte in diesem Bereich, würden nicht nur dem Klima helfen, sondern auch die Kosten für Haushalte reduzieren.

Weder realistisch noch pragmatisch

Mit seiner Ankündigung hat Premierminister Sunak zudem Pläne über Bord geworfen, für die die konservative Partei seit Jahren steht und an denen er festzuhalten versprochen hat. Damit stieß er vielen Parteikollegen vor den Kopf. Er verkaufte seine Änderungen an der grünen Agenda als Realismus. Die Wähler könnten den Schritt aber auch als Unfähigkeit interpretieren, die geplanten Vorhaben umzusetzen.

Denn wenn die Klimaziele eingehalten werden sollen, da sind sich Experten einig, müssten die Regierungen eigentlich schneller und ambitionierter handeln. Sich dann, wie Sunak es tat, an Ländern zu orientieren, die Maßnahmen langsamer umsetzen, ist weder realistisch noch pragmatisch. Schließlich kosten die Folgen Klimawandels wie Brände, Dürren und Überschwemmungen den britischen Staat und die Gesellschaft schon jetzt viel Geld.

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Doch Sunak brüskierte nicht nur Klimaschützer sowie die internationale Gemeinschaft, auch viele Branchen auf der Insel reagierten geschockt auf den abrupten Kurswechsel. Denn Unternehmen mögen es nicht, wenn die Regierung ihnen plötzlich den Boden unter den Füßen wegzieht, vor allem wenn es um Milliardeninvestitionen in grüne Infrastruktur geht. Damit verbreitete der konservative Premier genau das, was er angeblich um jeden Preis vermeiden wollte: Chaos und Unsicherheit.

Kehrtwende wurde schlecht kommuniziert

Verstärkt wurde dieser Eindruck durch die Art und Weise, wie die Kehrtwende kommuniziert wurde. Weil die Medien die Pläne durchsickern ließen und Tories ihren Unmut öffentlich zum Ausdruck brachten, musste Sunak seine Rede zum Thema vorziehen. So hielt er sie schließlich ausgerechnet an dem Tag, als die Inflationsrate fiel. Ein Ziel, dass der Premier ganz oben auf seine Liste seiner politischen Ziele gesetzt hatte. Doch schließlich ging auch diese eigentlich gute Nachricht in der aufgeregten Debatte um seine Rolle rückwärts beim Umweltschutz unter.

Großbritannien wollte im Hinblick auf das Klima einst mit gutem Beispiel vorangehen. Damit scheint es nun erst einmal vorbei zu sein, zumindest vorerst. In einem Akt der Verzweiflung handeln die Tories damit so, als hätten sie angesichts der historisch schlechten Umfragewerte nichts mehr zu verlieren. Doch der Kurswechsel verändert auch das Erbe dieser Regierung und steht damit für eine vertane Chance – für die Partei, aber vor allem für die Menschen und kommende Generationen.

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