Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

EU-Verteidigungspläne EU will Waffenproduktion hochfahren

Mehr Geld, mehr Planungssicherheit und mehr Koordination: Die europäische Rüstungsindustrie muss nach Ansicht von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen deutlich ausgebaut werden.
28.02.2024, 19:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
EU will Waffenproduktion hochfahren
Von Katrin Pribyl

Am Ende haben Hunderte Politiker Tränen in den Augen nach dieser Rede von Julija Nawalnaja, die vor ihnen im Europäischen Parlament in Straßburg steht, vor Russland warnt und vom „Monster“ sowie „blutigen Mafioso” Wladimir Putin spricht. Die Witwe des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny muss immer wieder tief durchatmen. „Ich werde alles dafür tun, Alexejs Traum wahr werden zu lassen“, sagt sie auf Englisch und meint den oppositionellen Kampf in Russland. „Das Böse wird fallen und die schöne Zukunft wird kommen.“ Es folgen tosender Applaus und Ovationen mehr als eine Minute lang als Zeichen des Mitgefühls und des Respekts für Nawalny und für dessen Frau, die mit Mut und Verzweiflung sein Erbe fortführen will, aber am Freitag erst einmal ihren Mann beerdigen muss.

Es war ein emotionaler Moment an diesem Mittwochmittag im Hohen Haus Europas. Und er dürfte die Worte unterstrichen haben, die nur kurz zuvor EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vor den Abgeordneten wählte. In den vergangenen Jahren seien „viele europäische Illusionen zerstört worden“, sagte sie in ihrer Ansprache, etwa jene, „dass Frieden von Dauer ist“ oder „dass der wirtschaftliche Wohlstand für Putin wichtiger sein könnte als die Zerstörung einer freien und demokratischen Ukraine.“ Es sei klar, „dass es keinen Raum mehr für Illusionen gibt“, so von der Leyen. Die Welt sei „so gefährlich wie seit Generationen nicht mehr“.

Lesen Sie auch

Deshalb müsse die europäische Rüstungsindustrie ihrer Ansicht nach deutlich ausgebaut werden. „Europa muss mehr Geld in die Hand nehmen und es besser ausgeben, europäisch ausgeben“, betonte sie. In den kommenden Wochen will die Brüsseler Behörde Vorschläge in Form einer ersten Strategie für eine europäische Verteidigungsindustrie vorlegen. Das Ziel: der gemeinsamen Beschaffung im Verteidigungsbereich Vorrang zu geben, wie es die Gemeinschaft bereits beim Einkauf von Impfstoffen während der Corona-Pandemie oder bei Erdgas getan hat.

Die Idee dahinter ist, dass man gemeinsam bessere Preise aushandeln kann. Von der Leyen sagte darüber hinaus, man werde prüfen, wie durch Garantien feste Abnahmeverträge erleichtert werden könnten. So könne die Verteidigungsindustrie langfristig auf stabile Aufträge bauen und die Branche hätte mehr Planungssicherheit. „Die Kapazitäten unserer Verteidigungsindustrie müssen innerhalb der nächsten fünf Jahre massiv hochgefahren werden.“ Verteidigung müsse europäisch gedacht werden, sagte sie. Sie freue sich über die Zusage der Europäischen Investitionsbank (EIB), mehr zu gemeinsamen Projekten zur Förderung der europäischen Verteidigungsindustrie beizutragen. Die EIB will ihre Investitionen in Sicherheit und Verteidigung verstärken. 

Lesen Sie auch

Unterstützung erhielt die Niedersächsin aus ihrer Fraktion, der Europäischen Volkspartei (EVP). „Wir würden Milliarden von europäischen Steuergeldern einsparen, wenn wir die Beschaffung, die Investitionen und die Innovation gemeinsam durchführen würden“, sagte EVP-Chef Manfred Weber (CSU). Deshalb sei dies „ein großartiger erster Schritt“.

Von der Leyen betonte zudem abermals, dass sie in der nächsten Legislaturperiode – falls die Christdemokratin denn nach den Europawahlen im Juni abermals an der Spitze der Behörde stehen sollte – einen EU-Kommissar für Verteidigungsfragen installieren wolle. Eine solche Berufung sei „dringend notwendig, um die Koordinierung der gemeinsamen Beschaffung militärischer Güter zu verbessern und Ressourcen innerhalb der EU effizient zu nutzen“, sagte der CDU-Europaabgeordnete Daniel Caspary.

Lesen Sie auch

Der Tag war dennoch geprägt von Nawalnajas berührendem Auftritt. In ihrem Sinne verlangte der Grünen-Europaparlamentarier Sergey Lagodinsky mehr Unterstützung vonseiten der EU für russische Oppositionelle. Die Mitgliedstaaten müssten sich verstärkt für die Freilassung der politischen Gefangenen einsetzen. So sollte etwa die Gemeinschaft dafür sorgen, dass humanitäre Visa für Oppositionelle im Exil reibungslos vergeben werden. „Wir haben die Pflicht, all jene, die für Demokratie und Freiheit kämpfen, zu unterstützen”, sagte Lagodinsky. Nawalnaja will ihren Part beitragen. „Wie kann ich Ihnen helfen?“, hatte sie sich während ihrer Rede noch an die Volksvertreter Europas gewandt. Das sei jetzt unaufhörlich ihre Frage – und ihre Aufgabe.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)