Bei der bislang konfrontativsten Fernsehdebatte der demokratischen US-Präsidentschaftsbewerber hat der in Umfragen aufstrebende Michael Bloomberg harte Attacken einstecken müssen. Bei der Runde in Las Vegas in der Nacht zu Donnerstag griffen ihn alle anderen fünf Demokraten ab der ersten Minute an. Bloomberg versuchte mit unkonventionellen Methoden, sich als moderate Alternative zu dem progressiven Umfragen-Spitzenreiter Bernie Sanders zu positionieren.
Sanders erinnerte an die umstrittene Polizeitaktik, mit der Bloomberg als Bürgermeister von New York vor allem Minderheiten ins Visier genommen habe. „Er verfolgte Afro-Amerikaner und Latinos in einer unverschämten Weise.“ Mit einem solchen Kandidaten werde sich „die Wahlbeteiligung nicht steigern lassen„. Die in den Umfragen zurückgefallene Elizabeth Warren legte nach. „Ich möchte darüber sprechen, gegen wen wir hier antreten“, setzte die Senatorin an. „Ein Milliardär, der Frauen als fette Weiber und pferdegesichtige Lesben bezeichnete. Ich spreche nicht über Donald Trump, ich spreche über Bürgermeister Bloomberg.“ Die Demokraten würden ein gewaltiges Risiko eingehen, „wenn sie einen arroganten Milliardär durch einen anderen“ ersetzten.
Und das war erst der Anfang einer Debatte, in der sich die bei den ersten Vorwahlen in Iowa und New Hampshire abgeschlagene Warren wieder ins Gespräch brachte. Amy Klobuchar beschwerte sich darüber, wie Bloomberg mit seinen Milliarden versuche, sie aus dem Rennen zu drängen. Ex-Vizepräsident Joe Biden erinnerte an die Kontroversen zwischen dem Bürgermeister und der Regierung Barack Obamas. Und hielt ihm vor, ein schwacher Stadtregent gewesen zu sein.
Bloomberg wirkte auf der Bühne verloren und verlegen, er wusste nicht so recht, wie er auf die Angriffe reagieren sollte. Seine Versuche, sich mit Hinweisen auf vergangene Entschuldigungen aus der Schusslinie zu nehmen oder Sanders als „Kommunisten“ anzugreifen, gingen ebenso fehl wie seine Erklärungsversuche für sexistische Äußerungen. Es habe ein paar Frauen gegeben, „die den einen oder anderen Witz nicht mochten“.
Wie Terrier bissen sich Bloombergs Gegner an dem Kandidaten fest, der mit über 400 Millionen Dollar mehr als doppelt so viel im Wahlkampf ausgegeben hat wie alle anderen demokratischen Bewerber zusammen. Warren hielt ihm vor, Frauen mit „Schweigegeld-Abkommen“ mundtot gemacht zu haben: „Wir werden Donald Trump nicht mit jemanden schlagen, der Schweigeabkommen hat, die dann Stück für Stück an die Öffentlichkeit gelangen.“ Biden, dem der Aufstieg Bloombergs in den Umfragen am meisten geschadet hat, forderte den konsternierten Kandidaten auf, die Frauen von ihrer Schweigepflicht an Ort und Stelle zu entbinden. Bloomberg lehnte ab. Warren hakte erneut nach. Wie viele solche Abkommen er habe, wollte die Senatorin wissen. „Wir werden diese Abkommen nicht aufgeben“, bekräftigte der Milliardär seine Weigerung, die Betroffenen ihre Geschichten erzählen zu lassen. „Diese Vereinbarungen sind im gegenseitigen Einvernehmen erzielt worden.“
Vorentscheidung am 3. März
Pete Buttigieg landete einen der besten Treffer in der zweistündigen Debatte, als er das Szenario beschrieb, nach dem „Superdienstag“ am 3. März nur noch die Wahl zwischen dem ehemaligen Republikaner Bloomberg und dem demokratischen Sozialisten Sanders zu haben. „Wie wäre es, wenn wir jemanden aufstellen, der tatsächlich ein Demokrat ist?", positionierte sich der Sieger von Iowa und Zweitplatzierte von New Hampshire als Alternative.
Klobuchar, die bei der jüngsten Vorwahl in New Hampshire überraschend den dritten Platz erreicht hatte, war einigem Spott dafür ausgesetzt, dass sie kürzlich in einem Interview nicht in der Lage gewesen war, den Namen des mexikanischen Präsidenten Andrés Manuel López Obrador zu nennen. Warren wiederum hielt Klobuchar vor, deren Pläne in Sachen Krankenversicherung seien mehr als dünn.
Die harten Auseinandersetzungen zeigen, wie umkämpft das Rennen ist. Im US-Bundesstaat Nevada, wo die Demokraten diesmal zur Debatte antraten, steht am Sonnabend die nächste Vorwahl an. In den ersten beiden Vorwahl-Staaten Iowa und New Hampshire hatten Sanders und Buttigieg vorne gelegen. Biden, der lange als Favorit in dem Rennen galt, fuhr jeweils nur einen enttäuschenden vierten und fünften Platz ein. Bei der Debatte in Las Vegas blieb er von Attacken weitgehend verschont – ein Zeichen dafür, dass ihn seine Mitstreiter kaum mehr als große Konkurrenz anzusehen scheinen.
Auch in Nevada liegt Sanders in Umfragen vorne. In South Carolina hat Biden seinen großen Umfrage-Vorsprung eingebüßt und liegt dort nur noch knapp in Führung. Sollte er dort am Ende auch schwächeln, wäre das ein Desaster für ihn. Wer in den ersten Vorwahlstaaten versagt, dem werden für das gesamte Rennen trübe Aussichten nachgesagt. Am 3. März steht die nächste große Wegmarke an: der „Super Tuesday“ mit Vorwahlen in mehr als einem Dutzend Bundesstaaten. Bloomberg hat die ersten Vorwahl-Staaten bei seiner Wahlkampagne komplett ausgespart und setzt alle Kraft auf die „Super Tuesday“-Staaten.
Grenell wird neuer Koordinator der US-Geheimdienste
US-Präsident Donald Trump holt seinen loyalen Botschafter in Berlin nach Washington: Richard Grenell wird vorübergehend zusätzlich Geheimdienstkoordinator im Weißen Haus. Damit wird der Top-Diplomat, der in Berlin mit ungewöhnlich scharfer Kritik an der deutschen Regierungspolitik angeeckt ist, bis auf Weiteres eine Schlüsselposition in Trumps Umfeld besetzen. „Rick hat unser Land äußerst gut repräsentiert, und ich freue mich darauf, mit ihm zu arbeiten“, schrieb der Präsident auf Twitter.
Seinen bisherigen Posten soll er aber behalten. Das führt zu der kuriosen Situation, dass der US-Botschafter in Deutschland zumindest für einige Monate seinen Arbeitsplatz in Washington haben wird. Er löst den amtierenden Geheimdienstkoordinator Joseph Maguire ab, der im August Dan Coats ersetzt hatte, aber auch nur vorübergehend. Weil Maguire nicht vom US-Senat bestätigt wurde, muss er am 12. März ausscheiden. Grenell soll nun ebenfalls nur geschäftsführend die Geheimdienste betreuen, bis über die Neubesetzung der Stelle entschieden ist und der Senat grünes Licht gegeben hat. Grenell stellte auf Twitter klar, dass er als Kandidat für eine dauerhafte Besetzung des dem Postens nicht infrage komme. „Der Präsident wird seine Nominierung (nicht ich) bald bekannt geben.“ Der 53-Jährige gilt als extrem loyal zu Trump und rühmt sich immer wieder eines guten Drahtes ins Weiße Haus.