Leipzig. Am größten deutschen Flughafen in Frankfurt/Main soll ein dauerhaftes Nachtflugverbot zum Schutz der Anwohner gelten. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig kippte die vom Land Hessen genehmigte Regelung der Nachtflüge.
Demnach sollten durchschnittlich 17 Starts und Landungen zwischen 23.00 und 5.00 Uhr erlaubt sein. Hessen muss nun den Planfeststellungsbeschluss, die Genehmigung für den Flughafenausbau, nachbessern. Bürgerinitiativen im Rhein-Main-Gebiet reagierten erfreut. Die Luftverkehrswirtschaft befürchtet massive Nachteile im internationalen Konkurrenzkampf.
Schon der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel hatte die vorgesehene Nachtflugregelung in Frankfurt beanstandet, weil sie Anwohnern nicht genügend Schutz vor Lärm biete. Zu Recht, urteilten nun die Leipziger Bundesrichter. Das gelte schon allein deshalb, weil die Betroffenen zu der Regelung für die sechs Stunden von 23.00 bis 5.00 Uhr - der sogenannten Mediationsnacht - nicht angehört worden seien. Im Vermittlungsverfahren (Mediation) vor der Baugenehmigung war ein Flugverbot vereinbart worden.
Die Richter sagten nicht, dass es in dieser Zeit überhaupt keine Flüge geben dürfe. Der Gestaltungsspielraum sei aber "auf annähernd Null" eingeschränkt. "Der planerische Spielraum des beklagten Landes bei der Neuregelung des Flugbetriebes in der Mediationsnacht ist dementsprechend gering", erläuterte das Gericht.
Für die Stunden vor und nach der Mediationsnacht - also von 22.00 bis 23.00 Uhr und 5.00 und 6.00 Uhr - begrenzten die Richter die Zahl der Flüge auf zusammen 133. Bisher waren 150 zugelassen. Gleichzeitig betonte der Senatsvorsitzende Rüdiger Rubel, in dieser Zeit dürfe es keine Spitzen wie am Tag geben. Es müsse sichergestellt werden, "dass die Nacht nicht zum Tag werden darf".
Die hessische Landesregierung hatte bereits vor dem Urteil angekündigt, auch ein komplettes Nachtflugverbot umsetzen zu wollen, wenn dies rechtlich möglich sei. Derzeit gilt noch ein vorläufiges Nachtflugverbot, das der VGH in Kassel zur Inbetriebnahme einer neuen Landebahn im vergangenen Oktober verhängt hatte.
Mit dem Leipziger Urteil hat ein jahrelanger Rechtsstreit um den Frankfurter Flughafen ein vorläufiges Ende genommen. Ende 2007 hatte das Land den Bau einer vierten Landebahn und den damit verbundenen Ausbau genehmigt. Die Bundesrichter erklärten in ihren Urteil den Flughafenausbau nun insgesamt für zulässig.
Der Widerstand gegen das Großprojekt war im Rhein-Main-Gebiet zuletzt stark gewachsen. An Montagabenden versammelten sich seit Monaten jeweils mehrere tausend Demonstranten im Flughafen. Die Initiatoren haben schon angekündigt, dass die Proteste auch nach dem Leipziger Urteil weitergehen sollen. Ziel sei es, auch tagsüber den Lärm zu verringern. Zu dem Urteil aus Leipzig sagte die Sprecherin des Bündnisses der Bürgerinitiativen, Ingrid Kopp, "etwas Anderes hätte unseren Glauben an den Rechtsstaat erschüttert."
Die Luftfahrtbranche kritisierte das Urteil scharf. Damit verschlechterten sich die Entwicklungsmöglichkeiten Frankfurts im Vergleich zu wichtigen Konkurrenten in Europa und Nahost. "In Amsterdam, Paris, London oder Dubai gibt es solche Beschränkungen nicht", sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft, Klaus-Peter Siegloch.
Im vergangenen Herbst hatte sich das Bundesverwaltungsgericht schon einmal mit Nachtflugregelungen beschäftigt, damals ging es um den künftigen Hauptstadtflughafen Berlin Brandenburg. Nach dem Urteil sind dort zwischen 22.00 Uhr und Mitternacht sowie zwischen 5.00 und 6.00 Uhr durchschnittlich 77 Starts und Landungen erlaubt, maximal 103. Von 0.00 Uhr bis 5.00 Uhr gilt ein weitgehendes Nachtflugverbot. (dpa)