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Christian Worch gründet Partei „Die Rechte“ / Experten vermuten Vorgriff auf mögliches NPD-Verbot Neonazi will bei Europawahl antreten

Bremen·Hamburg. Während die Innenminister über ein mögliches NPD-Verbot diskutieren, hat sich – nahezu unbemerkt von Medien und Öffentlichkeit – eine neue rechtsextreme Partei gegründet. "Die Rechte" nennt sich die Formation, Vorsitzender ist der mehrfach vorbestrafte Holocaust-Leugner Christian Worch.
01.08.2012, 05:00 Uhr
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Von Gesa Wicke

Bremen·Hamburg. Während die Innenminister über ein mögliches NPD-Verbot diskutieren, hat sich – nahezu unbemerkt von Medien und Öffentlichkeit – eine neue rechtsextreme Partei gegründet. "Die Rechte" nennt sich die Formation, Vorsitzender ist der mehrfach vorbestrafte Holocaust-Leugner Christian Worch.

Auf der Internetseite Worchs prangt ein Foto, es zeigt Neonazis mit einem Transparent. "Die Bewegung braucht keine Parteien" steht darauf. Sein braunes Gedankengut verbreitete der 56-jährige Worch bislang vor allem auf der Straße. Dutzende Demonstrationen meldete er in den vergangenen Jahren an, nicht selten kam es dabei zu Ausschreitungen. Zuletzt organisierte er im Juni den "Tag der deutschen Zukunft" in Hamburg mit. Knapp 600 rechte Aktivisten wollten dabei in der Hansestadt "ein Zeichen gegen Überfremdung" setzen.

Die Sache mit den Parteien sieht Worch inzwischen offenbar anders. Denn: Er hat nun seine eigene politische Vereinigung gegründet – und zugleich den Bundesvorsitz übernommen. Beantragt ist für "Die Rechte" auch eine Registrierung beim Bundeswahlleiter. "Wir prüfen derzeit die Satzung", sagt ein Sprecher des Bundeswahlamtes. "Das kann einige Wochen dauern."

Bereits am Pfingstsonntag hatten sich Worch und seine rechten Genossen in Hamburg zum ersten Parteitag getroffen. Zwei ehemalige DVU-Kräfte wurden neben Worch in den Vorstand gewählt. Die rechtsextreme Deutsche Volksunion, kurz DVU, war 2011 mit der NPD fusioniert – nicht ohne Protest einiger DVU-Führungsleute. Sie scheinen nun in der "Rechten" eine neue Heimat gefunden zu haben. Zum Beispiel die ehemalige schleswig-holsteinische DVU-Vorsitzende Ingeborg Lobocki, die künftig als Worchs Stellvertreterin wirken soll.

Worch selbst schreibt in seiner Gründungserklärung, die Partei sei "nicht unwesentlich auf den Trümmern der DVU aufgebaut." Sogar deren Inhalte habe er weitgehend übernommen. Etwa Forderungen wie die "Wahrung der deutschen Identität", die "Ausweisung krimineller Ausländer", den "Schutz des Volkes vor Übergriffen".

Experten werten Worchs plötzliches parteipolitisches Engagement als einen strategischen Schritt. Denn die Innenminister der Bundesländer prüfen derzeit ein NPD-Verbotsverfahren. Sollte dieses Erfolg haben, könnte "Die Rechte" als Alternativpartei dienen. Davon gehen auch die Sicherheitsbehörden aus. So heißt es im aktuellen Hamburger Verfassungsschutzbericht, hinter Worchs Bestrebungen stehe "das Kalkül, den Torso der DVU im Falle eines Verbotes der NPD als politisches Auffangbecken nutzen zu können." Worch selbst bezeichnet solche Einschätzungen auf der Homepage seiner Partei als "Unsinn". "Die Rechte" verstehe sich vielmehr als eine Alternative zu den Parteien rechts der Union – und sei überdies "weniger radikal" als die NPD. Eine Aussage, die mit Blick auf Worchs Neonazi-Biografie verwundert: Seit mehr als 35 Jahren ist er in der rechten Szene aktiv. 1978 marschierte er in Hamburg auf – mit Eselsmaske und einem Schild: "Ich Esel glaub noch, dass in deutschen KZs Juden vergast wurden". Mehrere Jahre saß Worch wegen Volksverhetzung im Gefängnis.

Unklar ist derzeit, wann "Die Rechte" das erste Mal zur Wahl antreten könnte. Für die Bundestagswahl 2013 hat Worch nach eigenen Angaben noch keine Ambitionen. Erstes "strategisches Ziel" sei die Europawahl 2014. Für die gilt, anders als bei Bundestags- oder Landtagswahlen, keine Fünfprozent-Hürde. Auf Landesebene indes scheint die Partei bisher nicht aktiv. "In Bremen wissen wir nichts von einer Neugründung", sagt Jan Morgenstern, Sprecher des hiesigen Landeswahlleiters. Ähnlich die Lage in Niedersachsen, wo im Januar 2013 ein neuer Landtag gewählt wird. Will "Die Rechte" dort antreten, muss sie bis 90 Tage vorher einen Zulassungsantrag stellen. "Der liegt bisher nicht vor", so Sprecherin Andrea Eggers.

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