Warum reden in den USA vor dem Super Tuesday eigentlich alle über Michael Bloomberg, obwohl er bisher noch bei keiner Vorwahl angetreten ist? In der Vergangenheit wäre der Milliardär aus New York bestenfalls eine Fußnote gewesen, denn die amerikanischen Medien hätten nur noch über ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Bernie Sanders und Joe Biden berichtet. Doch die Antwort ist so simple wie bedenklich: Bloomberg erhält die Aufmerksamkeit, weil er über sich selbst spricht. Er preist sich in schönsten Farben als Retter Amerikas an – vor einem anderen Milliardär aus New York an, vor Donald Trump. Während alle anderen Kandidaten versuchen, sich mit Flüstertüten Gehör zu verschaffen, übertönt sie „Mike“ mit den kraftvollsten Lautsprechern, die man mit Geld kaufen kann.
Doppelt soviel Geld für den Wahlkampf
In den zwei Monaten seit Eintritt in die Vorwahlen der Demokraten gab Bloomberg rund eine halbe Milliarde Dollar für seinen Wahlkampf aus. Das ist mehr als doppelt so viel wie alle anderen Kandidaten zusammen – inklusive Tom Steyer, einem anderen Milliardär, der sich selbst finanziert. Der Vorwurf ist nicht ganz unberechtigt: Bloomberg versuche, sich die Nominierung der Demokraten zu kaufen. Leider ist das eine Konsequenz für die amerikanische Politik, seit das oberste Verfassungsgericht 2010 in einem Grundsatzurteil die Schleusen für unkontrollierte Geldströme geöffnet hat. Seitdem dürfen Unternehmen, reiche Privatspender und die Kandidaten selbst grenzenlos Geld im Wahlkampf ausgeben. Kein Wunder also, dass Präsidentschaftswahlen immer teurer werden. 2016 gaben die Kandidaten im Rennen um das Weiße Haus sagenhafte 2,6 Milliarden US-Dollar aus. Diesmal dürfte dieser Betrag weit übertroffen werden.
Den größten Vorteil verschafft das Geld im Vorwahlkampf der Parteien, wenn es für die Wahlkampagnen darauf ankommt, nach den ersten Abstimmungen in Iowa und New Hampshire so schnell wie möglich zu expandieren. An diesem Super-Dienstag müssen sie in 15 Bundesstaaten und US-Territorien gleichzeitig konkurrieren können. Da reichen Besuche in Familien-Restaurants und Cafés nicht mehr aus. Stattdessen können die Wähler nur noch durch TV-Spots, Internet und größere Kundgebungen erreicht werden. Erfolgreiche Kandidaten beschäftigen Heerscharen an Beratern, die ihnen helfen, lokale Besonderheiten in ihrem Wahlkampf zu berücksichtigen. Die dafür nötigen Summen können in der Regel nur die Erst- und Zweitplatzierten der ersten Vorwahlen mobilisieren. In diesem Jahr sind das nach dem Ausstieg von Pete Buttigieg noch Bernie Sanders und Joe Biden, deren Erfolg den anderen Kandidaten die Mittel für Personal und Fernsehwerbung abgräbt. Deshalb fallen die Verlierer sehr schnell in den Umfragen zurück. Sie werden schlicht nicht mehr gehört.
Bloomberg versucht, diesen Mechanismus mit beispiellosen Summen an Wahlkampfgeldern außer Kraft zu setzen. Das ist vor allem für Biden ein Problem, weil der Milliardär im selben Teich der moderaten Wähler fischt. Das zwingt die Konkurrenz dazu, sich selbst Milliardäre zu suchen, die gegen den superreichen Bloomberg helfen können. Genau das ist das Einfallstor, durch das Unternehmen und Einzelpersonen sich in den USA Zugang zur Politik verschaffen. Kein künftiger Präsident wird Spender, die ihm im Wahlkampf Millionen gegeben haben, im Weißen Haus vor verschlossenen Türen stehen lassen. Zumal die meisten wiedergewählt werden wollen. Milliardärs-Kandidaten wie Bloomberg und Trump verkaufen den Wählern ihre Unabhängigkeit von anderen Spendern als ihren großen Vorzug. Ein absurdes Argument, das einem System entspringt, in dem Politiker nicht nach, sondern vor ihrer Wahl gekauft werden.
Es gibt genügend Wähler, denen dies zuwider ist. Geld verschafft Vorteile und Zugang zur Macht, kann aber keine Siege an der Wahlurne erkaufen. Diese Erfahrung musste gerade der liberale Milliardär Steyer in South Carolina machen, wo er dem hoffnungslos unterfinanzierten Joe Biden unterlag. Diese Erfahrung steht Bloomberg an diesem Super-Dienstag hervor, wo er nirgendwo die Aussicht auf einen Sieg hat. Der Effekt dürfte vor allem die Aufsplitterung der Stimmen der Moderaten sein. Wie die Ironie es will, macht sich der Milliardär so zum Wahlhelfer des Sozialisten Bernie Sanders.