Zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, das empfiehlt sich immer. Oder aber, gemünzt auf das zunehmend schwierige Betätigungsfeld der Autohersteller: zur richtigen Zeit, das richtige Konzept parat zu haben. Bei MG etwa sind sie ziemlich gut darin, das darf den Chinesen, die unter dem britischen Traditionsnamen segeln, neidlos zugestanden werden. Beispiele gefällig?
Den MG4 als preislich attraktiven Kompakten unter Strom brachten sie, als sich die Verbraucherschaft verärgert zu fragen begann, weshalb E-Autos zumeist ziemlich groß, immer aber verdammt teuer sein müssen. Mit dem MG5, dem ersten vollelektrischen Kombi am Markt, lieferten sie ein Fahrzeug ab, das praktisch, aber mal kein SUV ist. Und mit dem MG3 folgte ein hybridisierter Kleinwagen, als dem Rest der Branche zunehmend die Lust an diesem wenig einträglichen Segment verging. Und nun also der HS als Plug-in-Hybrid. Auch dessen Timing passt.
Denn das Konzept des Mischantriebs erlebte – nach Entfall der Kaufprämien und strengerer Dienstwagenbesteuerung – zwischenzeitlich einen herben Nachfrageeinbruch. Nun aber sind Plug-ins wieder gefragt; zumindest dann, wenn ihre reine E-Reichweite nicht nur als ökologisches Feigenblatt für den Verbrenner dient, sondern förderfähig und alltagstauglich ist. Im Fall des HS bedeutet das: Er hat einen 21,4 kWh großen Akku, der auf dem Prüfstand wie im echten Leben für 100 Kilometer ohne lokale Emissionen taugt.

Ein mittelgroßes SUV, das trotz des reichweitenstarken Akkus noch genügend Kofferraumvolumen lässt: Das kann man machen. Was den MG besonders macht, ist unter anderem sein Einstandspreis von 39.990 Euro.
Dass als Verpackung die Form eines mittelgroßen, familienkompatiblen Crossovers gewählt wurde, dürfte ebenfalls kein Nachteil sein. Weil das den HS in Konkurrenz zu so beliebten Typen wie VW Tiguan, Škoda Kodiaq oder Nissan Qashqai bringt – nur eben zu einem Preis nach Art der Newcomer aus dem Reich der Mitte. In der schon gut ausgestatteten Grundversion „Comfort“ ruft MG 39.990 Euro für den Plug-in auf, 2000 Euro mehr sind es für den voll ausstaffierten „Luxury“. Ergänzen lässt sich das allenfalls noch um eine Außenfarbe, die 650 Euro Aufpreis kostet, wenn sie nicht Arctic Blue sein soll. 1000 Euro extra machen hellbraune statt schwarze Lederpolster aus. Das war es dann. Und immer stehen 200 kW (272 PS) Leistung des Antriebssystems unter dem Strich. Das nimmt sich alles andere als ärmlich aus.
Von diesem Vorwurf ist die 4,67 Meter lange Karosserie ohnehin weit entfernt. Fünf Passagiere kommen bequem unter – auch dann, wenn sie mehr als nur durchschnittlich groß gewachsen sind. Für das Gepäck stehen hinter der elektrischen Heckklappe 441 Liter zur Verfügung; durch den Platzanspruch der Batterie ist das zwar eine Ecke weniger als beim HS mit reinem Verbrennerantrieb. Doch der Kofferraum lässt sich gut nutzen.
Womit sich Käufer viel eher anfreunden müssen, ist die gewisse Beliebigkeit des Äußeren. Denn der HS ist zwar mit Details wie dem durchgängigen Leuchtenband am Heck oder der Frontpartie mit den schmalen Scheinwerfern und der hoch angesetzten Öffnung der Motorhaube durchaus gefällig gestaltet. Und doch erzeugt das Design kaum nachhaltige Erinnerungen. Da helfen auch nicht die seitlichen Trittbretter, die vor allem als frohgemuter Versuch eines Fronttrieblers betrachtet werden dürfen, ein wenig auf dicke Offroader-Hose machen zu wollen.

Okay, jeder möchte am Ende als große Nummer in Erinnerung bleiben. Und doch sind die seitlichen Trittbretter am frontgetriebenen MG HS ziemlich albern. Denn auch sie machen ihn am Ende nicht zum Offroader, der er ohnehin nie sein sollte.
Doch das Revier des HS ist und bleibt die asphaltierte Straße. Die nimmt er mit einer komfortbetonten Auslegung unter die Räder, Unebenheiten bügelt das Fahrwerk mit einigem Talent weg. Vom Charakter her ist dieser MG ein Gleiter, vor allem dann, wenn der 135 kW (184 PS) starke E-Antrieb ohne Zutun des 1,5-Liter-Benziners am Werk ist. Und das ist er immer dann, wenn genug im Strom im Akku ist – und zwar auch, wenn als Fahrprogramm eigentlich der Hybridmodus gewählt wurde. Diesen Wunsch ignoriert das Energiemanagement allerdings geflissentlich und braucht stattdessen die gespeicherte Energie auf. Das ließe sich fraglos optimieren.
Aber: Auch bei anschließend erschöpftem Akku lässt sich mit dem Verbrenner als Solisten gut leben. Nicht etwa, weil er mit seinen für sich genommen 105 kW (143 PS) besonders temperamentvoll wäre. Sondern deshalb, weil er mit dem Sprit aus dem 55-Liter-Tank ziemlich sparsam umzugehen weiß. Dazu trägt auch die kräftige Rekuperationsleistung der regenerativen Bremse bei – so fließt immer wieder ausreichend Energie in den Akku zurück, auf dass der Verbrenner in Fahrsituationen mit geringer Last eine Pause einlegen kann. Das Ende vom Lied: Selbst ohne Unterstützung der E-Maschine stand beim Durchschnittsverbrauch eine Fünf vor dem Komma.

Der kräftige E-Antrieb des MG HS Plug-in ist super, die Kapazität seiner Batterie ebenfalls. Was aber zum Stimmungstöter wird: Strom lässt sich nur sich nur per Typ-2-Stecker an der AC-Säule oder Wallbox nachladen, die maximale Leistung beträgt dabei bestürzend lahme 6,6 kW.
Noch deutlich bessere Ergebnisse lassen sich erzielen, wenn der Akku regelmäßig nachgeladen wird – doch hier patzt der HS. Dass er – im Gegensatz zu vielen Konkurrenten mit CCS-Anschluss für den Schnelllader – Nachschub nur per Typ-2-Stecker an der Wallbox oder AC-Säule zieht, ist schon kein Ruhmesblatt. Geradezu ärgerlich aber, dass es selbst dort nicht für elf kW Ladeleistung, sondern maximal 6,6 kW reicht. An einer swb-Säule in der Bremer Innenstadt beließ es der HS sogar bei nochmals reduzierten 4,7 kW. Da kommt bei erlaubten drei Stunden Standzeit keine Vollladung zustande – und wenig Freude auf.
Wozu der Lapsus beim Ladevermögen so gar nicht passen will: der ansonsten steilen Lernkurve der Chinesen. Zum Beispiel beim Bedienkonzept. Denn auf der Suche nach besseren Lösungen folgte bisher jedes MG-Modell, das bei uns zum Test vorfuhr, einem anderen Ansatz. Protzte der Marvel einst mit einem gigantischen Zentralmonitor, der bei dürftiger Auflösung die Mittelkonsole ersetzte, beließ es der MG4 später bei einem separaten, eher breiten denn hohen Bediendisplay nach Mazda-Art. Der HS folgt nun in der Manier von BMW, Kia oder Hyundai dem Prinzip einer durchgängigen Anzeige, die Instrumentierung und Kommandozentrale vereint.

So kann man das ohne Frage machen: Das Bedienkonzept des MG HS folgt dem Ansatz solcher Marktgrößen wie BMW, Hyundai oder KIa. Auch die setzen im Cockpit auf zwei Monitore, die sich zu einer breitwandigen Einheit fügen.
Das ist zwar wenig stringent und erfordert bei jedem MG erneut eine Eingewöhnungsphase – doch das ist angesichts der recht nachvollziehbaren Menülogik kein Hexenwerk. Einfacher jedenfalls als das Vorhaben, stets zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.