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Das größte bronzezeitliche Gemetzel nördlich der Alpen

Greifswald. Sie bekriegten sich mit Keulen, schossen sich Pfeile in Arme und Beine, schlugen mit Äxten auf den Schädel ihres Gegners ein. Vor 3300 Jahren gingen die rivalisierenden Gruppen keineswegs zimperlich mit ihren Gegnern um, wie Funde von Knochenresten von mehr als 100 Menschen und unzähligen Waffen im Tollensetal nahe der im Kreis Mecklenburgische Seenplatte gelegenen Kleinstadt Altentreptow belegen. Vor vier Jahren stießen Archäologen dort auf ein riesiges Schlachtfeld aus der Bronzezeit - nach Einschätzung der Landesarchäologen von Mecklenburg-Vorpommern das bislang einzig bekannte große bronzezeitliche Gemetzel nördlich der Alpen.
14.05.2012, 09:54 Uhr
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Von Martina Rathke

Greifswald. Sie bekriegten sich mit Keulen, schossen sich Pfeile in Arme und Beine, schlugen mit Äxten auf den Schädel ihres Gegners ein. Vor 3300 Jahren gingen die rivalisierenden Gruppen keineswegs zimperlich mit ihren Gegnern um, wie Funde von Knochenresten von mehr als 100 Menschen und unzähligen Waffen im Tollensetal nahe der im Kreis Mecklenburgische Seenplatte gelegenen Kleinstadt Altentreptow belegen. Vor vier Jahren stießen Archäologen dort auf ein riesiges Schlachtfeld aus der Bronzezeit - nach Einschätzung der Landesarchäologen von Mecklenburg-Vorpommern das bislang einzig bekannte große bronzezeitliche Gemetzel nördlich der Alpen.

Das Moor in dem Flusstal hat das Schlachtfeld mit den verstreuten Skelett- und Waffenresten die drei Jahrtausende gut überdauern lassen. Der Fundplatz ist für die Archäologen eine Art „Zeitkapsel“, in der die damaligen Geschehnisse noch heute Zug um Zug rekonstruiert werden können. Seit der Entdeckung haben die Archäologen, Anthropologen, Physiker und Mediziner mit verschiedensten Labor-Untersuchungen und kriminalistischem Spürsinn immer mehr Details über den Schlachtplatz zutage fördern können. „Wir wissen heute, dass mehr als 80 Prozent der Skelette von jungen Menschen im kampffähigen Alter stammen“, sagte der Ur- und Frühgeschichtsprofessor der Universität Greifswald, Thomas Terberger bei der Vorstellung der neuen Ergebnisse.

Mittlerweile gebe es Indizien, dass sich in der Nähe ein Siedlungsplatz befunden habe. Alle untersuchten Holz-, Tier- und menschlichen Überreste wurden auf den gleichen Zeitpunkt 1300 v. Chr. datiert. „Es ist ein Puzzle, das sich Stück für Stück zusammenfügt.“ Alle Funde deuteten darauf hin, dass es sich um einen Gewaltkonflikt von einem für diese Zeit unerwarteten Ausmaß handele, sagte Terberger.

Neue Funde lassen die Umstände, unter denen die Menschen damals lebten und sich befeindeten, in immer klarerem Licht erscheinen. An einem neuen Fundort des rund 1,5 Kilometer langen Bronzezeit-Platzes stießen Taucher im August 2011 auf Gold- und Zinnstücke. „Es war ein merkwürdiges Gefühl der Ehrfurcht“, erinnert sich der Taucher Frank Nagel. Bei starker Strömung von 1,8 Meter je Sekunde bargen er und seine Kollegen vom Landesverband für Unterwasserarchäologie innerhalb weniger Stunden aus dem morastigen Uferprofil zwei Zinnspiralen, einen Goldring sowie vier Bronzespiralen.

Mehr noch als das blinkende Gold – einst wohl als Haarschmuck genutzt – waren die Archäologen über den Fund der beiden Zinnspiralen erstaunt. Denn normalerweise wird Zinn durch die sogenannte Zinnpest zerstört. Nur das Moor habe das Metall über die drei Jahrtausende nahezu unversehrt konserviert, sagte Landesarchäologe Detlef Jantzen.

Bei den zwei, jeweils rund 23 Gramm schweren „Zinnrohlingen“ handele es sich um den ältesten Zinnfund in Deutschland, sagte Jantzen. In einem Verhältnis von 1 zu 9 wurden Zinn und Kupfer zu Bronze und damit dem Material verschmolzen, aus dem dann die damals üblichen Pfeilspitzen und Beile gefertigt wurden. Der Fund weise nun den Handel dieses wichtigen Rohstoffs bis nach Norddeutschland nach, sagte Terberger.

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