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Serie: Ein kleines Paradies Wie ein bunter Vorgarten in Walle die Nachbarschaft zusammenbringt

Von sterilen Schottergärten hält Jessica Sass Dieckmann nichts. In Walle hat sie einen lebendigen Gegenentwurf geschaffen: einen kleinen Vorgarten, der zum sozialen Mittelpunkt der Straße wurde.
26.07.2025, 05:00 Uhr
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Wie ein bunter Vorgarten in Walle die Nachbarschaft zusammenbringt
Von Manuela Kanies

Hören Sie hier das komplette Interview mit Jessica Sass Dieckmann im WESER-KURIER-Podcast "Gartenhelden":

Wo andere Schottergärten anlegen, hat Jessica Sass Dieckmann in Walle eine blühende Oase geschaffen. In ihrem Vorgarten wächst auf gerade einmal 15 Quadratmetern ein buntes Paradies, das nicht nur Insekten anzieht, sondern auch ein Treffpunkt für die Nachbarschaft geworden ist.

"Wir sitzen hier auch, trinken was, wir haben auch schon mal gegrillt und spontan Feste gefeiert", erzählt die gelernte Floristin, die heute in der Pflege arbeitet. Ihr kleiner Vorgarten ist zum sozialen Mittelpunkt der Straße geworden.

Von der Floristin zur Garten-Enthusiastin

Sass Dieckmann kommt aus einer kleinen Gärtnerdynastie. Bereits ihre Großmutter verkaufte Schnittblumen, ihre Eltern führten die Tradition in mehreren Filialen fort. Doch dieser Beruf hat ihr die Freude an einer der beliebtesten Pflanzen genommen: Rosen. Als Floristin hatte sie täglich zahlreiche Rosen in den Händen, die dadurch angegriffen wurden. Dennoch pflegt sie verschiedene Rosensorten in ihrem Garten – aus Liebe zu ihrem Mann, der Rosenliebhaber ist. Eine davon hat eine besondere Geschichte: Die "Nachbarschaftsrose" rettete sie vor dem Bauschutt, als der Nachbar renovierte. Nun wächst und gedeiht sie in dem kleinen Garten. Ein Nachbarsmädchen kommt gern vorbei und beobachtet den Wachstumsfortschritt.

30 Jahre Gartenerfahrung auf kleinstem Raum

Jessica Sass Dieckmann und ihr Mann wohnen seit über 30 Jahren in der Reihenhaussiedlung. So lange arbeitet sie auch schon an und in ihrem Vorgarten – zusätzlich zu ihrem Schattengarten hinter dem Haus. "Dass es so eine schöne Oase wird, war gar nicht geplant, es ist einfach entstanden", erklärt sie. Wo früher "zwei ekelige Koniferen" standen, wachsen heute Schmetterlingsflieder, Hortensien, Phlox und eine seltene Moosrose aus England.

Dass in einem kleinen Garten auch größere Pflanzen ihren Platz haben können, beweist der stattliche Schmetterlingsflieder. Er hat mittlerweile 20 Jahre auf dem Buckel und muss zusammengebunden werden, damit er nicht bricht. "Früher, wenn die Leute hier vorbeigingen, hing da eine Wolke voller Schmetterlinge dran", erinnert sie sich wehmütig. "Jetzt kann man froh sein, wenn im Spätsommer da vielleicht zehn Schmetterlinge dran sind", sagt sie und spielt auf das weltweite Insektensterben an. Dennoch ist es erstaunlich zu sehen, wie viele Insekten sich auf der kleinen Fläche tummeln – auch Mini-Gärten können zur Vielfalt in der Natur beitragen.

Pflege erfordert viel Zeit

Die Pflanzenvielfalt will natürlich auch gepflegt werden und der Zeitaufwand ist beträchtlich: "Es gibt Phasen, da tue ich gar nichts drin. Und wenn ich dann einen Rappel kriege, denke ich: Ach, ich mache nur die eine kleine Ecke – und dann ist man den ganzen Vormittag doch drei bis fünf Stunden im Garten geblieben."

Besonders das Gießen ist bei der Mischung aus Topfpflanzen und eingepflanzten Gewächsen aufwendig. "Regen ist ein schlechter Gießer, der kommt gar nicht in die Kübel rein", weiß sie aus Erfahrung.

Exotische Vielfalt und besondere Geschichten

Besondere Pflege braucht die fünf Jahre alte Passionsblume, die im Winter ins Haus muss – aber das macht der Gärtnerin nichts aus, die exotische Pflanze ist eines der Highlights in ihrem Topfgarten. Jede Pflanze hat ihre Geschichte, jede Rose ihr Namensschild. "Wenn ich dann keinen Namen hatte, hab ich sie einfach selber getauft", erzählt sie und lacht.

Besonders stolz ist sie auf die Hochstammrose "Red Piano", die sie einst auf dem Rosenfest in Bruchhausen-Vilsen gewonnen hat – mit einem selbst dekorierten Hut voller echter Rosen.

Begegnungsort im Viertel

Der wahre Erfolg ihres Vorgartens zeigt sich aber im sozialen Miteinander: "Es ist immer was los. Wenn ich hier sitze, kommt immer jemand und plauscht mit einem." Die Nachbarn lassen ihre Kinder zur "Nachbarschaftsrose", Passanten bleiben stehen und bewundern die Blütenpracht.

"Ich freue mich einfach über jeden, der stehen bleibt und sagt, Oh, ist das schön", fasst Jessica Sass Dieckmann ihre Motivation zusammen. In Zeiten von Schottergärten und Vereinsamung hat sie bewiesen: Ein liebevoll gestalteter Vorgarten kann zum Herz einer Nachbarschaft werden.

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Info

Ein Garten, Balkon oder die Parzelle im Grünen: Für viele Menschen ist jetzt die schönste Zeit des Jahres, denn endlich blüht es überall. Der WESER-KURIER besucht Bremerinnen und Bremer, die uns ihr kleines Paradies gezeigt und erklärt haben, warum sie sich dort so wohlfühlen, was sie alles machen für ihre grüne Oase und wie sie gepflegt und gehegt wird. Sie möchten mehr zum Thema naturnahes Gärtnern erfahren? Dann hören Sie in unseren Podcast "Gartenhelden" rein. Auf unserer Themenseite finden Sie alle bisher erschienenen Episoden.
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