Bremen. Hohe Immobilienpreise in attraktiven Lagen, steigende Finanzierungszinsen, Wohnungsnot: Noch immer ist es eine Herausforderung, in Ballungsgebieten ein Haus zu kaufen oder neu zu errichten. Das sogenannte Erbbaurecht kann eine Lösung sein. Denn hierbei muss der Häuslebauer oder -käufer das Grundstück nicht erwerben. Stattdessen pachtet er es für die nächsten Jahrzehnte und setzt sein eigenes Bauwerk darauf. Doch stehen Bauherren bei dieser Immobilienvariante vor besonderen Problematiken.
Bei der Erbpacht fallen ausnahmsweise das Eigentum an Bauwerk und Grundstück auseinander. Damit das Wohnhaus oder die Gewerbeimmobilie auf dem Areal stehen darf, wird ein Erbbauzins gezahlt. „Dessen Höhe hängt vom Wert des Grundstücks und der Dauer des Erbbaurechts ab. Er entspricht meist einer Verzinsung des Grundstückswerts zwischen 3 und 8 Prozent, unter Umständen auch mehr“, sagt Rechtsanwältin und Notarin Dr. Monika Beckmann-Petey. Sie ist Präsidentin der Bremer Notarkammer. Der Zins wird üblicherweise im Lauf der Jahre angehoben – wie oft und in welcher Höhe ist Verhandlungssache. „Bei Wohngebäuden darf die Erhöhung ,nicht unbillig‘ sein“, erklärt Beckmann-Petey. „Unbillig ist sie, wenn sie über die Änderung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse hinausgeht. In der Regel wird daher eine Anpassung an den Verbraucherpreisindex vereinbart.“
Frühzeitig neuen Vertrag aushandeln
Der Erbbaurechtsvertrag legt ganz genau fest, wie lange der Grundstückseigner das besondere Recht gewährt. Üblicherweise sind dies 99 Jahre. Und danach? „Wenn das Erbbaurecht durch Zeitablauf endet, geht das Bauwerk in den Besitz des Grundstückseigentümers über. Dieser hat dem Erbbauberechtigten eine Entschädigung zu leisten“, schildert die Bremer Expertin. „Wie hoch diese Entschädigung ist, ist in dem Erbbaurechtsvertrag oder auch später zu vereinbaren. Sie kann auch ganz ausgeschlossen werden.“
Wer also eine ältere Wohn- oder Gewerbeimmobilie in Erbpacht erwerben möchte, für die ein langjähriger Vertrag besteht, sollte diesen ganz genau studieren und die Regelungen zur Entschädigung unter die Lupe nehmen. „Wenn allerdings das Erbbaurecht ,zur Befriedigung der Wohnbedürfnisse minderbemittelter Bevölkerungskreise bestellt ist‘, muss die Entschädigung mindestens zwei Drittel des Verkehrswerts betragen, den das Bauwerk bei Ablauf des Erbbaurechts hat“, erklärt Beckmann-Petey.
Sich schon zum Zeitpunkt des Kaufs mit dem späteren Verkauf des Gebäudes auseinander zu setzen, scheint widersinnig. Doch eine aktuelle Studie des Deutschen Erbbaurechtsverbands zeigt: Von 2041 bis 2050 werden zahlreiche Erbbaurechtsverträge in Deutschland auslaufen. Rund 80 Organisationen beteiligten sich an der Studie. 29 Prozent der Befragten gaben dabei an, dass bei ihnen in den nächsten Dekaden Erbbaurechte in größerem Umfang auslaufen werden. Das ist deutlich mehr als in jedem anderen Jahrzehnt dieses Jahrhunderts. Dieser hohe Wert ist darauf zurückzuführen, dass in Deutschland sehr viele Erbbaurechte nach dem Zweiten Weltkrieg vergeben wurden.
Läuft der Vertrag aus, muss ein neuer mit dem Rechtegeber – das können Privatpersonen, aber auch Kommunen oder Unternehmen sein – ausgehandelt werden. In den meisten Fällen steige dann der Erbbauzins, so der Verband. Denn die Bodenwerte sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen.
Der Verband rät dazu, möglichst früh das Gespräch zu suchen, wenn eine Vertragsverlängerung ansteht. Das bedeutet: 20 bis 30 Jahre vor Ablauf. Zu diesem Zeitpunkt ist der Verhandlungsspielraum noch größer. Wer sein Erbbaurecht verkaufen möchte, profitiert ebenfalls davon: Zum einen steigt der potenzielle Verkaufspreis mit der Restlaufzeit. Zum anderen finden Käufer für Erbbaurechte mit weniger als 30 Jahren Restlaufzeit kaum eine finanzierende Bank.