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Kunst in Graubünden Der Berge Schein

Das Schweizer Tal Bergell prägte den weltberühmten Bildhauer Alberto Giacometti – ebenso wie den großen Maler des Hochgebirges Giovanni Segantini. Der eine verließ das Tal, den anderen zog es hinein.
04.10.2024, 17:56 Uhr
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Von Daniela David

Ich will meine Berge sehen“, lauteten Giovanni Segantinis (1858–1899) letzte Worte. Der Kunstmaler starb auf dem Schafberg im Kanton Graubünden auf 2731 Meter über dem Meer, umgeben von Gipfeln. Eine Bauchfellentzündung riss den 41-Jährigen aus dem schaffensreichen Leben.

Mitten in den Bergen arbeitete Segantini an seinem Meisterwerk: dem Alpen-Triptychon. Heute hängen die drei monumentalen Bilder im Kuppelsaal des Segantini-Museums in St. Moritz und erzählen vom Werden, Sein und Vergehen. Alles, was den Menschen ausmacht.

Blick auf die Bergwelt

Die Hütte, in welcher der bereits zu Lebzeiten populäre Künstler seinen letzten Atemzug tat, fungiert nun als Station für Wanderer. Dort eröffnet sich ein spektakulärer Blick auf die Bergwelt des Oberengadins. Die kraftvolle Präsenz der Gipfel lässt nachvollziehen, warum der Freiluftmaler das Hochgebirge zu seinem bevorzugten Sujet auserkor.

Selbst wenn einzelne Gipfel auf seinen Gemälden identifiziert werden können, ging es ihm nicht um eine naturgetreue Darstellung. Sein Stil hob sich von der realistischen Landschaftsmalerei ab. Segantini vereinte Licht und Landschaft zu einem erhabenen Zauber.

In Maloja zwischen Oberengadin und Bergell ließ sich Segantini nach einer prekären Kindheit mit seiner Familie 1894 im Chalet Kuoni nieder. Das stattliche Schweizer Haus steht an der Hauptstraße des Alpendorfs. Das angebaute Atelier wird mittlerweile als Ausstellungsraum genutzt. Der Sohn des Künstlers hat in dem Rundbau gemalt, Giovanni Segantini nie.

Auf dem Weg in die Moderne

Die Enkelin des Malers führt Gäste auf dem Themenpfad Sentiero Segantini von einem Originalschauplatz in Maloja zum nächsten. „Mein Großvater war ein Maler auf dem Weg der Moderne“, sagt Gioconda Leykauf-Segantini, die eine Biografie über ihn verfasst hat. Dann öffnet die 83-Jährige das Riegelschloss der Chiesa Bianca, in der Segantini nach seinem Tod aufgebahrt wurde. Die Besucher atmen die Aura des Authentischen.

Einen Panoramaweg weiter befindet sich der Bergfriedhof von Maloja. Wer ihn betritt, entdeckt sogleich das Familiengrab der Segantinis. Vom schlichten Grabstein des Malers der Berge wandert der Blick auf die Gipfel.

Am Maloja-Pass ziehen sich die Serpentinen der Passstraße hinunter ins Bergell, dem wildromantischen Val Bregaglia. Die Familie Segantini verbrachte die Winter dort im sonnenverwöhnten Bergdorf Soglio und bezog im Palazzo Salis Quartier. Gut vorstellen kann man sich, wie der Maler in der Umgebung die schneebedeckten Dreitausender auf der Leinwand festhielt.

Der 400 Jahre alte Palazzo Salis bietet Gästen nach wie vor Unterkunft. Das Parkett im Segantini-Zimmer knarrte wohl schon unter des Malers Schritten. „Wir sind aber kein Museum“, beteuert Hoteldirektorin Monica Cicognani, „selbst wenn in unserem historischen Garten bedeutende Persönlichkeiten wie Rainer Maria Rilke oder Alberto Giacometti wandelten“.

Lange, schmale Figuren

Der für seine langen, schmalen Figuren berühmte Bildhauer Alberto Giacometti (1901–1966) stammte aus dem nahen Dorf Stampa. Ein ausgebauter Stall neben dem Wohnhaus der Familie diente einst als Atelier: zuerst seinem Vater, dem Maler Giovanni Giacometti, dann Alberto selbst. Der Künstler lebte zwar in Paris, besuchte aber die von ihm verehrte Mutter in seinem Schweizer Heimattal Bergell regelmäßig.

In dem hohen Atelierraum mit vielen Fenstern ist der Geist des Bildhauers und Malers noch zu spüren. Da stehen seine originalen, feinen Pinsel aus französischer Produktion. Und im Holzboden fallen die schwarzen Brandspuren des Kettenrauchers ins Auge.

Vor der Staffelei wartet sein Schemel, als hätte der Künstler eben den Raum verlassen. An der Unterseite der Sitzfläche kleben noch die abgestreiften Farbreste von Albertos Fingern. „Dieser originale Sitzhocker kam via Sotheby’s wieder zurück ins Bergell“, erläutert Jakob Messerli vom Museo Ciäsa Granda, zu dem das Atelier heute gehört.

Im Museum von Stampa bestimmt eine einzelne Skulptur Giacometti den Hauptausstellungssaal: ein sitzender Mann in typisch schlanker Figur mit eindringlichen Augen. Die Bronzestatue zählt zu den wenigen Werken von Alberto Giacometti, die im Bergeller Tal zu besichtigen sind. Ansonsten findet man Albertos Skulpturen in den Museen der Welt.

Auf den Spuren der Giacomettis wandern

„Die weitverzweigte Familie Giacometti hat mehrere Künstler hervorgebracht, neben Alberto, auch Diego, Giovanni oder Augusto“, sagt Marco Giacometti. Der Familienangehörige, der als Lehrer in Stampa lebt, eröffnete 2023 das Centro Giacometti, ein Veranstaltungsort und Treffpunkt für Interessierte.

Der 2024 fertiggestellte Themenweg Sentiero Giacometti führt zudem nach Borgonovo. In dem winzigen Dorf erblickte Alberto Giacometti, der bereits in den 1960er-Jahren mit Retrospektiven in London und New York geehrt wurde, 1901 das Licht der Welt. Sein Geburtshaus befindet sich in der engen Hauptgasse. Und im selben Bergdorf liegt der Bildhauer von Weltruhm auch begraben. So haben sowohl Alberto Giacometti als auch Giovanni Segantini ihre letzte Ruhestätte im Schein der Graubündner Berge gefunden.

Zur Sache

Graubünden

Kunstmuseen: Das Atelier von Giacometti befindet sich im Museo Ciäsa Granda in Stampa. Infos: www.ciaesagranda.ch/de. In dem Ort informiert auch das Centro Giacometti über den Künstler. Infos: www.centrogiacometti.ch/de. Museen zu Giovanni Segantini finden sich unter www.segantini.com, www.palazzosalis.ch und www.segantini-museum.ch.

Wanderung: Das Centro Giacometti bietet nach Absprache Wanderungen auf den Spuren der Familie Giacometti an. Die Tour dauert etwa zwei Stunden und führt über den in diesem Jahr fertiggestellten Themenweg Sentiero Gicometti. Infos unter www.bregaglia.ch/de.

Weitere Infos: www.graubuenden.ch

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Die Reise wurde unterstützt von Schweiz Tourismus und Graubünden Tourismus.
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