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Ausgedehnte Kälteperioden im Winter führen dazu, dass heimische Arten früher austreiben Wie sich Bäume an Temperaturen anpassen

In den gemäßigten Breiten verändert sich die Vegetation im Wechsel der Jahreszeiten. Die Laubbäume werfen im Herbst ihre Blätter ab, weil diese sehr kalte Temperaturen nicht überstehen würden. Wann die Pflanzen im Frühjahr erneut austreiben, hängt weniger von der Länge des helllichten Tages ab als vielmehr von den Wintertemperaturen. „Warme Winter lassen Bäume länger schlafen“: Auf diese einfache Formel bringt die Technische Universität München neue Forschungsergebnisse.
01.11.2013, 00:00 Uhr
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Wie sich Bäume an Temperaturen anpassen
Von Jürgen Wendler

In den gemäßigten Breiten verändert sich die Vegetation im Wechsel der Jahreszeiten. Die Laubbäume werfen im Herbst ihre Blätter ab, weil diese sehr kalte Temperaturen nicht überstehen würden. Wann die Pflanzen im Frühjahr erneut austreiben, hängt weniger von der Länge des helllichten Tages ab als vielmehr von den Wintertemperaturen. „Warme Winter lassen Bäume länger schlafen“: Auf diese einfache Formel bringt die Technische Universität München neue Forschungsergebnisse.

Die Blätter von Laubbäumen und anderen Pflanzen verdanken ihre typische grüne Farbe den als Chlorophyll bezeichneten Farbstoffen in den chemischen Fabriken von Zellen, den Chloroplasten. Einem Biologie-Lehrbuch zufolge befinden sich auf einem Quadratmillimeter eines Blattes etwa eine halbe Million Chloroplasten. Mithilfe des Chlorophylls können Pflanzen Sonnenenergie aufnehmen und zur Erzeugung energiereicher Stoffe nutzen. Im Herbst werden den Blättern von Laubbäumen wertvolle Nährstoffe und Chlorophyll-Bestandteile entzogen und im Stamm und anderen Teilen des Baumes gespeichert. Als Folge davon verändern die Blätter ihre Farbe. Andere bereits vorhandene Farbstoffe wie die für die gelblichen Töne verantwortlichen Carotinoide können in den Vordergrund treten. Die Blätter fallen zu Boden, wenn sich zwischen Ast und Blatt eine Korkschicht gebildet hat und das Blatt von der Versorgung durch den Baum abgeschnitten worden ist.

Dass Laubbäume ihre Blätter abwerfen, hat gute Gründe. Wenn der Boden im Winter gefroren ist, besteht für die Wurzeln keine Möglichkeit, genügend Wasser aufzunehmen, um Blätter zu versorgen. Für Nadelbäume ist die fehlende Wasserzufuhr kein so großes Problem, weil die Bauweise der Nadeln verhindert, dass diese zu viel Feuchtigkeit verlieren. Über einer festen Oberhaut befindet sich häufig noch eine Wachsschicht. Befänden sich an den Zweigen von Laubbäumen im Winter noch Blätter, bestünde zudem die Gefahr, dass sie unter der Last des Schnees abbrechen könnten.

Eine Forschergruppe um Julia Laube vom Fachbereich Ökoklimatologie der Technischen Universität München hat jetzt im Fachjournal „Global Change Biology“ eine Arbeit veröffentlicht, die der Frage nachgeht, welche Pflanzenarten aufgrund welcher Bedingungen wann im Frühjahr austreiben. Um Antworten zu finden, setzten die Wissenschaftler etwa 30 Zentimeter lange Zweige von 36 verschiedenen Bäumen und Sträuchern über sechs Wochen in Klimakammern unterschiedlichen Wärme- und Lichtbedingungen aus. Julia Laube fasst das Ergebnis mit Blick auf heimische Pflanzen wie Buchen und Eichen so zusammen: „Anders als bisher angenommen, spielt die zunehmende Tageslänge im Frühjahr für den Zeitpunkt des Knospens keine große Rolle: Damit die Pflanzen im Frühjahr rechtzeitig aufwachen, ist ein ausgedehnter ‚Kälteschlaf’ im Winter wichtig.“

Mehr milde Winter

Bei den Versuchen stellte sich heraus, dass der Kälteeffekt bei Buchen, Hainbuchen und beim nordamerikanischen Zuckerahorn am stärksten ausgeprägt war. Das heißt: Ausgedehnte Kälteperioden sorgen dafür, dass sie früher austreiben. Flieder, Haselstrauch und Birke hätten sich als weniger kälteabhängig erwiesen, erklären die Wissenschaftler. Nach ihren Angaben sind die Erkenntnisse nicht zuletzt mit Blick auf den Klimawandel von großer Bedeutung. Experten rechnen damit, dass es in Zukunft mildere Winter geben wird. Deshalb sei davon auszugehen, so die Münchner Forscher, dass die Wachstumsphase heimischer Waldbäume immer später beginnen werde. Aus anderen Gebieten stammende, weniger kälteabhängige Arten könnten davon profitieren. Zu den Arten aus wärmeren Klimazonen zählen zum Beispiel die Robinie und die Walnuss. Solche Bäume riskierten im Frühjahr einen früheren Start, erklärt Julia Laube.

Für das Ökosystem der Wälder könnten die Veränderungen nach den Angaben der Wissenschaftlerin weitreichende Folgen haben. Wenn heimische Arten nach milden Wintern ihre Blätter später ausbilden, gelangt mehr Tageslicht auf den Waldboden. Niedrige Sträucher und fremde Baumarten, die früher austreiben, können sich deshalb besser entwickeln. Heimischen Bäumen wie jungen, niedrigen Buchen fehlt dagegen das zum Wachsen benötigte Licht. Sie sind im Nachteil.

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