Sie arbeiten beide im Beruf des Erziehers und absolvierten die Ausbildung an der Inge Katz Schule in der Bremer Neustadt?
Patryk Sosna: Das ist richtig. Seit ungefähr dreieinhalb Jahren arbeite ich nach meiner Ausbildung in einer Ganztagsgrundschule.
Sven Wildemann: Ich habe meine Ausbildung vor neun Jahren ebenfalls an der Inge Katz Schule in der Bremer Neustadt gemacht. Zuerst kam die zweijährige schulische Ausbildung und dann das Anerkennungsjahr. Nun bin ich in einer Kita angestellt.
Warum haben Sie sich damals für diesen Beruf entschieden?
Patryk Sosna: Nach meiner Fachhochschulreife war ich unentschlossen bezüglich meiner Berufswahl. Zur Orientierung absolvierte ich ein Freies Soziales Jahr in der Wilhelm-Kaisen-Oberschule. Die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen hat mir dort sehr viel Freude bereitet, und ich bekam eine positive Resonanz der Kollegen. Daraufhin entschloss ich mich im sozialen Bereich – mit Kindern und Jugendlichen – zu arbeiten, am liebsten in der Schule. Durch einen Freund erfuhr ich, dass es möglich sei, mit der abgeschlossenen Erzieherausbildung in der Schule arbeiten zu können. So entschied ich mich, diesen Weg zu gehen.
Sven Wildemann: Bei mir kam es damals eher per Zufall zustande: Ich habe zunächst ein Studium der Elektrotechnik in Bremen angefangen. Nachdem ich merkte, dass das nicht das Richtige für mich ist, habe ich ein Freiwilliges Soziales Jahr beim Verbund Bremer Kindergruppen angefangen. Das hat mir so gut gefallen, dass ich daraufhin die Ausbildung zum Erzieher begonnen habe.
Gibt es einen typischen Tag in der Grundschule beziehungsweise Kita?
Patryk Sosna: Ein „typischer Tag“ ist, dass jeder Tag untypisch ist. Feste Rituale wie Morgenkreise, Abschlusskreise, in denen wir den Tag oder das Wochenende zusammen reflektieren, sind fest im Tagesplan verankert. Was dazwischen geschieht, ist von Tag zu Tag ganz verschieden, trotz eines geregelten Stundenplans mit festen Bezugsklassen.
Sven Wildemann: Der Tag beginnt in der Regel mit der Tagesplanung und einem ersten Überblick, ob alle Kollegen da sind oder ob jemand fehlt. Um acht Uhr kommen dann die Kinder, und ich begrüße sie. Einige sind auch schon früher da und werden dann aus der Frühgruppe in die normalen Gruppen geholt. Dann gibt es bis zum Frühstück freies Spielen für alle. Jeder kann machen, worauf er oder sie Lust hat. Danach machen wir noch einen Morgenkreis, in dem wir mit den Kindern den Alltag und aktuelle Sachen durchgehen oder auch thematische Spiele besprechen.
Bei gutem Wetter gehen wir dann nach draußen und begeben uns auf Entdeckungsreise oder erleben andere Abenteuer. Die älteren Kinder nehmen beispielsweise an Schulvorbereitungsangeboten teil. Ab 11.30 Uhr beginnt dann unsere fließende Mittagszeit. Wir haben ein Restaurant, und die Kinder können dort Plätze reservieren und sich zum Essen mit Kindern aus anderen Gruppen verabreden. Es gibt keine festen Zeiten für das Essen, so kann jeder im eigenen Tempo essen. Im Anschluss daran suchen wir uns ruhigere Aktivitäten, da um 14 Uhr die Abholzeit beginnt.
Patryk Sosna: Wir begleiten bei unserer Arbeit die jungen Menschen in ihrem Entwicklungs- und Lernprozess auf unterschiedlichste Art und Weise. Dabei kommt es oft auf die Persönlichkeit des Erziehers an. Ich selbst gehe mit viel Humor und Positivität auf die Kinder zu. Ob beim Begleiten des Mittagessens, des Freispiels oder in themenorientierten Gruppen wie Bewegungsangebote oder kreative Angebote – wir ritualisieren den Tagesablauf mit und für die Kinder.
Gibt es spezielle Momente in Ihrem Job?
Patryk Sosna: Die Rückmeldung und Anerkennung von den Kindern und Eltern empfinde ich als sehr besonders. Wenn man den Kindern ein Lächeln ins Gesicht zaubert oder sie sich freuen, dass man für sie da ist – das ist jedes Mal wieder ein schönes Erlebnis. Und es zeigt, dass die Arbeit wichtig ist, die dahintersteckt. Jeder Tag ist anders. Die Kinder teilen mit uns ihre Freuden, Sorgen und Leiden. Sie vertrauen sich uns an, und wir geben ihnen Halt. Diese Dankbarkeit stärkt und motiviert sehr.
Sven Wildemann: Besonders ist auf jeden Fall, dass man als Mann in der Unterzahl ist. Für die Kinder ist man eine andere Art Bezugsperson. Wir haben beispielsweise auch Kinder von alleinerziehenden Müttern – und die haben somit eine männliche Figur in ihrer Kindheit. Ich habe dadurch die Möglichkeit, die Kleinen auf die bunte Welt da draußen hinzuweisen und ihnen zu zeigen, dass auch Männer basteln können oder manchmal die Prinzessin sind.
Es muss keine festen Rollen für Männer oder Frauen geben. Jeder kann seinen eigenen Weg gehen. Das lebe ich den Kindern jeden Tag vor. Aber auch für Eltern ist es oft etwas Besonderes, wenn es einen männlichen Erzieher gibt – weil es eben nicht die Regel ist. Die meisten empfinden es eher als Bereicherung, dass beide Geschlechter vertreten sind. Ich habe bisher durchweg positives Feedback erhalten.
Welche Eigenschaften sollte man mitbringen, um ein guter Erzieher zu sein?
Patryk Sosna: Auf jeden Fall ein Herz für Kinder. Aber auch ein offenes Ohr, eine positive Ausstrahlung, Geduld, Akzeptanz, Toleranz und Interkulturalität sind aus meiner Sicht sehr wichtige Eigenschaften, die einen guten Erzieher ausmachen. Sehr wichtig ist auch, dass man sein inneres Kind auf der Arbeit auslebt und dabei authentisch bleibt.
Sven Wildemann: Allem voran muss man auf jeden Fall flexibel sein. Natürlich wird die Woche geplant und vorbereitet, doch es kann immer etwas dazwischenkommen. Die Arbeit mit Menschen hat auch immer etwas Unvorhersehbares. Wichtig ist auf jeden Fall eine gewisse Empathie für die Kinder und die Eltern – man muss sich in beide Seiten hineinversetzen können.
Eine gewisse Kreativität ist sicherlich auch von Vorteil, aber da ergänzt man sich im Team gut. Man sollte Lust haben, sich mit den Kindern auch sportlich auszutoben und neugierig sein. Wichtig ist aber auch, dass man eine gewisse Distanz hält und belastbar ist. Es gibt immer wieder Geschichten, die einem nahegehen. Die sollten dann auf der Arbeit bleiben.
Warum sollten sich junge Menschen für den Beruf als Erzieher entscheiden?
Patryk Sosna: Kinder sind unser aller Zukunft. Sie brauchen gute Vorbilder, um sich in der ständig wandelnden Gesellschaft zurechtzufinden. Junge Menschen sind altersbedingt näher an den Kindern dran und können – meiner Meinung nach – ihre Interessen und Vorlieben besser verstehen. Das sehe ich selbst jeden Tag, wenn die Kinder beispielsweise über ihre Erfahrungen im Internet sprechen. Vieles davon kenne und verstehe ich aus meiner eigenen Jugend. Das würde ich als Vorteil gegenüber älteren Kollegen sehen.
Sven Wildemann: In meinen Augen ist es einfach ein schöner Beruf. Die Kinder stehen noch ganz am Anfang ihres Lebens und nehmen so viel durch die Zeit im Kindergarten mit. Oft wird hier schon der Grundstein für spätere Interessen gelegt – so war es bei mir damals auch. Es ist eine prägende Zeit für die Kinder. Ich möchte ihnen einen guten Start ins Leben und in die Schule ermöglichen.
Welchen Tipp würden Sie Unentschlossenen geben, die nicht sicher sind, ob Erzieher der richtige Beruf für sie ist?
Sven Wildemann: Es ist auf jeden Fall sinnvoll, eigene Erfahrungen zu sammeln, bevor man die Ausbildung zum Erzieher macht. Wer an einem vielfältigen Beruf interessiert ist und eine abwechslungsreiche Tätigkeit anstrebt, sollte sich definitiv näher über die Erzieherausbildung informieren. Ich finde es einfach schön, mit Menschen zusammenzuarbeiten.
Patryk Sosna: Ich würde jungen Menschen empfehlen, dass sie verschiedene Einrichtungen wie Kindergärten, Schulen und Jugendfreizeitheime besuchen. Das ist eine gute Möglichkeit, um sich einen ersten Überblick zu verschaffen, ob der Beruf und die Altersgruppe das richtige für einen sind. Prinzipiell lässt sich als Erzieher Familie und Beruf sehr gut miteinander vereinbaren. Man hat oft die Möglichkeit, die wöchentliche Arbeitszeit selbst zu bestimmen. Interessierte sollten Kontakt mit Menschen in dieser Berufsgruppe suchen und sich mit ihnen austauschen. In einem persönlichen Gespräch erfährt man sehr viel über den Beruf und kann für sich selbst einordnen, ob es der passende Weg ist.