Osterholz-Scharmbeck. Seit 1993 führte der gemeinnützige Verein "Sorgenfrei leben" im "Weißen Haus" in Heilshorn ein Hotel für behinderte Menschen. Doch Anfang September musste der Verein Insolvenz anmelden. Der Verein ist mittlerweile aufgelöst, doch Sven Steger, der ehemalige Geschäftsführer von "Sorgenfrei leben", wird auf eigenes Risiko den Hotelbetrieb fortführen.
Osterholz-Scharmbeck. Am Silvesterabend wird im "Weißen Haus" zünftig gefeiert. " 70 bis 90 Personen werden wir wohl sein", sagt Sven Steger. Verschiedene Gruppen behinderter Menschen werden in der gastlichen Stätte in Heilshorn wie eh und je das alte Jahr verabschieden und das neue begrüßen. Für Sven Steger und seinen Freund Jürgen Krause aber wird diese Silvester-Party eine ganz besondere werden.
Denn beide Männer, Sven Steger als Geschäftsführer und Jürgen Krause als Mitarbeiter, hatten sich ganz und gar dem Verein "Sorgenfrei leben" verschrieben. Der Verein, der am 23. Juni 1985 in Bremen von den Ehepaaren Gerhard und Mechtild Steger sowie Siegfried und Hannelore Ney gegründet wurde, betrieb seit 1993 im "Weißen Haus" in Heilshorn ein Hotel für behinderte Menschen. Doch in diesem Jahr geriet der Verein in finanzielle Schieflage und musste Anfang September Insolvenz anmelden (wir berichteten).
Jetzt, drei Monate später, ist es traurige Gewissheit. Der Verein "Sorgenfrei leben" ist nur noch Geschichte. "Das sorgenfreie Leben ist vorbei", witzelt Jürgen Krause, doch es klingt mehr nach Galgenhumor.
Auch Sven Steger sieht der Silvesterpartie mit gemischten Gefühlen entgegen. Steger, ein Kind der ersten Stunde, erinnert sich: "Mit einer Urlaubsfahrt hat alles angefangen. Meine Eltern hatten die Idee, mit behinderten Menschen Urlaub über Silvester zu machen. Nun beschließt eine Silvesterparty die Geschichte."
Doch wenn es auch den Verein "Sorgenfrei leben" nicht mehr gibt: Im "Weißen Haus" pulsiert das Leben weiterhin. "Das Weiße Haus ist nicht tot", betont Sven Steger. Steger ist ins Risiko gegangen und hat sich selbstständig gemacht. Er will weitermachen, um den Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen, einige schöne und unbeschwerte Urlaubstage zu bereiten. Gleichzeitig muss er als selbstständiger Unternehmer aber auch neue Zielgruppen erschließen. "Der Spagat zwischen Sozialarbeit und wirtschaftlicher Arbeit ist nicht einfach. Aber wir stellen uns den Herausforderungen", sagt Sven Steger. Er trägt jetzt allein die Verantwortung - für seinen neuen Angestellten Jürgen Krause und für die acht weiteren Mitarbeiter, die alle ihre Beschäftigung trotz Insolvenz behalten konnten. Dass es Sven Steger überhaupt geschafft hat, den Hotelbetrieb weiterzuführen, verdankt er vor allem auch seiner Hausbank. "Die Volksbank war und ist ein echter Partner", lobt Steger das örtliche Geldinstitut.
Ohne Moos nichts los - das wissen auch Steger und Krause. Sie müssen erst noch lernen, gewinnorientiert zu denken. Für Emotionen ist kein Platz mehr. "Natürlich werden die Aufenthalte in Heilshorn für die Behindertengruppen jetzt teurer werden. Doch Steger hofft, dass die Stammgäste ihm die Treue halten werden. "Wir haben auch darüber nachgedacht, etwas anderes zu machen, aber 26 Jahre Arbeit mit behinderten Menschen wischt man nicht einfach vom Tisch."
Ein Jahr hat sich Sven Steger selbst gegeben, dann wird er seine erste ganz persönliche Bilanz ziehen. "Entweder ist dann Schluss oder es geht noch zehn Jahre weiter." Der Start in die Selbstständigkeit ist kein schlechter. Die erste Behindertengruppe hat schon in den Betten des seit dem 1. Dezember kommerziell geführten Hotelbetriebes geschlafen. Schon in den nächsten Tagen werden weitere in Heilshorn übernachten, um den Bremer Weihnachtsmarkt zu besuchen. Daneben läuft der ganz normale gastronomische Betrieb mit Fußballguckern, Skatturnier und Weihnachtsfeiern. "50 Prozent der nötigen Buchungen haben wir schon", versichert Steger. "Noch ist das zu wenig, aber wir sind selbstbewusst genug, zu sagen, wir schaffen das."