Herr Rossi, der Tod von Rick Parfitt ist jetzt eineinhalb Jahre her – wie sind Sie damit umgegangen?
Francis Rossi: Das ist immer noch irgendwie irreal. Neulich habe ich geträumt, wir wären im Proberaum. Ich habe gesagt „Mensch Rick, was ist denn los, du musst doch dabei sein, wenn wir spielen!“ Wenn er nur aus irgendwelchen Gründen aus der Band ausgestiegen wäre, wäre das eine Sache. Die Tatsache, dass Rick jetzt aber gar nicht mehr auf diesem Planeten weilt, ist irgendwie kaum fassbar.
Rick Parfitt hatte bereits 1997 einen vierfachen Bypass bekommen und 2016 nach einem Konzert in Antalya einen Herzinfarkt erlitten. Eigentlich war angedacht, dass er auf einer anstehenden Akustiktour spielen sollte.Ja, wir hatten überlegt, dass er seinen Part abliefern könnte, aber er wäre auch dafür schon zu schwach gewesen. Nachdem er in der Türkei den Herzinfarkt erlitten hatte, war er einfach nicht mehr derselbe. Rick hat immer gesagt, es wäre jetzt wohl „Payback time“. Er müsste wohl wegen seiner Alkohol- und Drogeneskapaden einen Tribut zahlen.
Nach Komplikationen wegen einer Schulter-OP starb Rick Parfitt aufgrund einer Infektion in Marbella. Nicht wenige hatten damit gerechnet, dass dies das endgültige Ende von Status Quo bedeuten würde.Dafür, dass ich gleich danach eine Tour initiiert habe und wir mit neuen Musikern weitermachen, bin ich durchaus von dem einen oder anderen angefeindet worden. Unseren neuen Gitarristen Richie Malone hatten wir ja schon im Herbst 2016 verpflichtet, später kam Drummer Leon Cave dazu. Die beiden Neuen haben uns alten Herren aber letztlich einen gewaltigen Tritt in den Allerwertesten verpasst. Natürlich wird es nie mehr so sein wie mit Rick, aber die neuen Quo sind mitreißend.
Status Quo wurden von Kritikern anfangs als Band mit den ewig gleichen drei Akkorden belächelt.Alle Genres, die ich mag, basieren letztlich auf drei Akkorden: Country, Blues und Pop. Es gibt auch Songs mit mehr als drei Akkorden, die trotzdem beschissen klingen (lacht). Mein ältester Sohn hat neulich den Song „Rearrange“ gehört und gesagt: „Mensch Papa, da sind ja viel mehr als nur drei Akkorde dabei.“
Am Anfang versuchten Berater, die Band musikalisch zu verbiegen. War es so?Eigentlich waren wir eine Rockband mit einem Soulrepertoire und einem Psychedelic-Style. Wir wollten eine Mischung aus Rock, Country, Rhythm and Blues und Boogie Woogie machen. Es gab aber immer Leute, die Status Quo anders haben wollten. „Wir wollen nicht, dass ihr Country spielt, wir wollen nicht, dass ihr Pop spielt“... Jeder hatte einen anderen Wunsch.
Mit Blick auf den extravaganten Modestil hat sich die Band in den Anfangsjahren auch weniger wohlgefühlt?Klar, wir waren nicht so cool wie die ganzen anderen Psychedelic-Bands. Dieser Modestil passte auf der Bühne einfach nicht zu uns. Es gab damals einen angesagten Modeladen in London, wo sich alle eingekleidet haben – Jimi Hendrix, Marmelade, Amen Corner. Das wirkte bei uns immer aufgesetzt.
Spätestens seit den Hits der frühen 70er-Jahre wie „Down down“, „Caroline“ und „Paper Plane“ kennt man Status Quo in ausgeblichenen Blue Jeans und weißen T-Shirts.Naja, auch das war damals eine kleine modische Revolution. In diesen Denim Jeans
kam man nicht in jeden Klub.
Wir haben uns ohnehin nie besonders um ein spezielles Image bemüht. Ich weiß noch, wie 1971 ein Journalist zu uns sagte, er würde unser neues Image mögen. Ich wusste gar nicht, was das überhaupt sein soll. Wir wollten damals vor allem Platten verkaufen und reich werden. Ein Schriftsteller will ja auch, dass sich sein Roman verkauft. Als wir unseren ersten Plattenvertrag in der Tasche
hatten, fühlte sich das gar nicht mehr so toll an.
Der im Übrigen kein besonders angenehmer Mensch ist. Wir hatten mal das Vergnügen, zusammen aufzutreten. Unser damaliger Bassist Alan Lancaster mochte „Rockin‘ all the world“ nicht, da haben wir bei „Top of the Pops“ statt ihm eine lebensgroße Puppe auftreten lassen. Aber es stimmt schon, den Song kennt einfach jeder. Da gibt’s die unterschiedlichsten Versionen, ist doch klasse!
Den einzigen Nr.1-Hit in Deutschland bei über 100 veröffentlichten Singles hatten Status Quo mit „In the army now“ Ende 1986, geschrieben vom holländischen Duo Bolland and Bolland. Kennen Sie die deutsche Version „Du musst zur Bundeswehr“? Oder die deutsche Version von „What you‘re proposing“?Oh ja, das war doch diese hübsche Desiree Nosbusch, oder? „Was Du gärn möschtest“, hieß das. Das mit der Bundeswehr kenne ich nicht, aber das klingt lustig.
Nach Skandalen sucht man in der Biografie von Status Quo vergeblich. Bis auf einen berüchtigten Vorfall im Jahr 1977, als drei Bandmitglieder in Wien für eine Nacht ins Gefängnis mussten.(lacht) Ja da hatte Alan Lancaster einen Securitymann am Flughafen angeschnauzt, weil der einige Sachen falsch verstanden hatte. Alan ist dann leider ein bisschen ausgerastet. Für eine Kaution von 3800 Pfund kamen wir am nächsten Tag alle wieder frei.
Als der Sender Radio 1 1996 das mit den Beach Boys aufgenommene Cover „Fun fun fun“ nicht spielen wollte, weil beide Bands angeblich zu alt für das Programm wären, sind Sie da auf die Barrikaden gegangen?Ich fand das Argument schwachsinnig, da haben wir uns einen Streit mit den Verantwortlichen geliefert. Heutzutage gibt es so viele Radiostationen im Internet, da kann sich jeder den Mix aussuchen, den er mag. Tolle Zukunft, es gibt so viel Auswahl, dass man den Überblick verliert. Solche originellen Titel wie „My dindaling“ von Chuck Berry oder „Shut up your face“ von Joe Dolce werden heutzutage doch gar nicht mehr produziert.
Sie sehen Popmusik generell aber als Produkt an?Darüber hatte ich gerade ein Streitgespräch mit einem DJ. Der war nicht einverstanden damit, dass ich von seiner Musik als „Produkt“ sprach. Solange man das im stillen Kämmerlein für sich macht, kann man es als „Musik“ oder „Kunst“ bezeichnen. Sobald es aber um eine Veröffentlichung und den Verkauf geht, wenn eine Marketingstrategie dranhängt und Menschen damit Geld verdienen, ist das ganze doch selbstverständlich ein Produkt.
Wird es während des Konzerts einen speziellen Tribut an Rick Parfitt geben?Ja, in Gedenken an Rick haben wir zwei seiner Lieblingssongs, nämlich „Don’t Drive My Car“ und „Little Lady“, in die Setlist aufgenommen.
Das Interview führte Alexander Bösch.Status Quo
Es war ein Schock für die Rockwelt, als Heiligabend 2016 Rick Parfitt im spanischen Marbella starb. Der flachsblonde Sänger, Gitarrist und Komponist gehörte neben Francis Rossi (69) über Jahrzehnte zum Erscheinungsbild von Status Quo. Doch Rossi löste die Band nicht auf. Am Sonnabend, 11. August, gastieren Status Quo mit zwei neuen Bandmitgliedern an der Hamme.
Weitere Informationen
Status Quo gastieren am 11. August, ab 19.30 Uhr zur Ritterhuder Torfnacht am Hamme-Forum. Karten gibt es ab 54 Euro.
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